Guten Tag,
während in deutschen Industriebetrieben die November-Zahlen zum Materialmangel eintrudeln, läuft auf einem Versuchsfeld bei Querétaro in Mexiko bereits die Zukunft der Landwirtschaft: Autonome Traktoren, die ohne menschliche Hand säen, jäten und ernten. Was auf den ersten Blick nach Science-Fiction klingt, ist ein 75-Milliarden-Dollar-Markt im Werden – und ein Symptom für eine Wirtschaft, die sich neu sortiert. Denn während Agrarroboter die Arbeitskräfteknappheit auf den Feldern lösen sollen, verlagert der deutsche Automatisierungsspezialist Phoenix Contact seine Wertschöpfung nach Vietnam und Mexiko. Die Botschaft ist eindeutig: Globalisierung 2.0 bedeutet nicht mehr nur Export, sondern lokale Fertigung dort, wo die Kunden sitzen.
Heute blicken wir auf drei Entwicklungen, die zeigen, wie sich Produktion, Arbeit und Wertschöpfung gerade fundamental verschieben – und warum Deutschland dabei nicht nur Zuschauer bleiben darf.
Agrarroboter: Wenn Arbeitskräftemangel Innovation erzwingt
Der globale Markt für Agrarroboter wird laut Mordor Intelligence von 25 Milliarden Dollar in diesem Jahr auf 75 Milliarden Dollar bis 2030 wachsen – ein jährliches Wachstum von 24,6 Prozent. Die Treiber sind strukturell: Ältere Landwirte scheiden aus, junge Menschen meiden die Feldarbeit, Lohnkosten steigen. Autonome Systeme bieten rund um die Uhr Einsatzbereitschaft, ohne Sozialabgaben oder Urlaubsanspruch. Dass New Holland mit dem israelischen Start-up Bluewhite kooperiert und Verdant Robotics frisches Kapital einsammelt, zeigt: Die Branche ist längst über Pilotprojekte hinaus.
Besonders interessant ist die regionale Dynamik. Nordamerika bleibt der Leitmarkt, doch Asien-Pazifik wächst am schnellsten. Japan und Südkorea setzen auf Robotik, um ihre alternden Agrarsektoren zu stabilisieren. China investiert massiv in heimische Produktion. Und Indien entwickelt solarbetriebene Jätroboter für Kleinbauern – eine Antwort auf die Frage, wie Automatisierung auch jenseits der Großbetriebe funktionieren kann.
Für Europa bedeutet das: Wer bei Agrartechnologie nicht mitspielt, verliert nicht nur einen Zukunftsmarkt, sondern auch die Kontrolle über die eigene Nahrungsmittelproduktion. Die EU hat zwar Förderprogramme, doch die Geschwindigkeit, mit der US- und asiatische Firmen skalieren, ist eine Warnung.
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Phoenix Contact: Wenn Deutschland seine Produktion globalisiert
„Wir bringen unsere Wertschöpfung näher an die Absatzmärkte“, erklärte Ulrich Leidecker, Chief Operating Officer von Phoenix Contact, auf der SPS-Messe in Nürnberg. Das klingt nach Strategie, ist aber vor allem Notwendigkeit. Das Unternehmen, das für Automatisierungstechnik steht, eröffnet neue Werke in Vietnam und Mexiko – und investiert gleichzeitig 100 Millionen Euro in ein hochautomatisiertes Logistikgebäude in Blomberg. Die Botschaft: Deutschland bleibt Zentrale und Innovationsstandort, aber die Fertigung folgt den Kunden.
Die Gründe liegen auf der Hand. Zölle, geopolitische Unsicherheiten und volatile Lieferketten machen es riskant, alles von einem Standort aus zu steuern. Gleichzeitig wachsen die Kernmärkte China, Indien und USA schneller als Europa. Wer dort liefern will, muss vor Ort produzieren – nicht nur aus Kostengründen, sondern auch wegen kürzerer Reaktionszeiten und lokaler Regulierungen.
Leidecker sprach offen über die Herausforderungen: Überregulierung, fehlende Planungssicherheit, mangelnde gemeinsame Standards in der deutschen Industrie. „Wir müssen lernen, stärker zusammenzuarbeiten, um international wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagte er. Das ist keine Floskel, sondern eine Diagnose: Deutschlands Industriestärke wird nicht mehr nur durch Ingenieurskunst verteidigt, sondern durch die Fähigkeit, global zu denken und lokal zu handeln.
Materialmangel in Deutschland: China als wahrscheinliche Ursache
Die deutsche Industrie hat im November mit steigendem Materialmangel zu kämpfen. Laut Ifo-Institut berichten 11,2 Prozent der Unternehmen von Beschaffungsproblemen – doppelt so viele wie im Oktober. Besonders hart trifft es die Autoindustrie, wo 27,6 Prozent der Firmen Engpässe melden. Auch Hersteller elektronischer und optischer Produkte sind betroffen, der Anteil stieg von 10,4 auf 17,5 Prozent.
Die wahrscheinliche Ursache: Chinas Exportkontrollen für seltene Erden, die für Halbleiter und andere elektronische Bauteile essenziell sind. Peking hatte die Kontrollen im Frühjahr verschärft – offiziell aus Sicherheitsgründen, faktisch als geopolitisches Druckmittel. Das Problem: Deutschland importiert nach Berechnungen des Mercator-Instituts 65,5 Prozent seiner seltenen Erden aus China, deutlich über dem EU-Durchschnitt von 46 Prozent. Die Abhängigkeit ist strukturell, und die Exportkontrollen wirken auch über Drittländer, die chinesische Vorprodukte verbauen.
„Die fehlenden Halbleiter verschärfen die bereits schwierige Situation der Industrie“, sagte Ifo-Umfrageleiter Klaus Wohlrabe. Das ist keine Überraschung, sondern das Ergebnis jahrelanger Versäumnisse. Während die Politik über Diversifizierung sprach, ist die Abhängigkeit gewachsen. Nun rächt sich das – und die deutsche Industrie sitzt im Pekinger Würgegriff.
Parallel dazu erwartet Germany Trade & Invest für 2025 ein Rekordhandelsdefizit mit China von knapp 88 Milliarden Euro. Die deutschen Exporte dorthin könnten um 10,6 Prozent sinken, die Importe um 7 Prozent steigen. Was einst als Win-Win-Situation galt, ist längst ein einseitiges Spiel geworden.
Europa sucht Alternativen – aber die Zeit läuft
Die Antwort auf diese Entwicklungen kann nicht sein, die Globalisierung zurückzudrehen. Dazu sind die Märkte zu verflochten, die Technologien zu komplex. Stattdessen braucht es eine Strategie, die drei Elemente verbindet: Diversifizierung der Lieferketten, Investitionen in heimische Kapazitäten und internationale Partnerschaften jenseits Chinas.
Die EU-Handelskammer in China berichtet, dass knapp ein Drittel der europäischen Firmen vor Ort plant, sich neue Lieferanten außerhalb Chinas zu suchen. Das ist ein Anfang, aber kein Durchbruch. Denn alternative Quellen für seltene Erden – etwa in Australien, Kanada oder Afrika – sind noch nicht in ausreichendem Maße erschlossen. Und die Verarbeitung dieser Rohstoffe findet zu 90 Prozent in China statt.
Phoenix Contact zeigt, wie ein Unternehmen darauf reagiert: mit lokaler Fertigung, strategischen Investitionen und der Bereitschaft, sich neu aufzustellen. Doch das kann nicht nur Aufgabe einzelner Firmen sein. Es braucht eine europäische Industriepolitik, die nicht nur fördert, sondern auch ermöglicht – durch schnellere Genehmigungen, gemeinsame Standards und eine klare Priorisierung strategischer Sektoren.
Ausblick: Wenn Resilienz zur Chefsache wird
Die drei Geschichten – Agrarroboter, Phoenix Contact, Materialmangel – erzählen von einer Wirtschaft im Umbruch. Arbeitskräftemangel treibt Automatisierung, geopolitische Spannungen erzwingen Diversifizierung, und Unternehmen müssen globaler denken, um lokal zu liefern. Deutschland hat in dieser Gemengelage Stärken – Ingenieurskunst, Mittelstand, Exporterfahrung –, aber auch Schwächen: Überregulierung, Abhängigkeiten, langsame Anpassung.
In den kommenden Wochen wird sich zeigen, wie die deutsche Industrie auf die aktuellen Engpässe reagiert. Die Ifo-Zahlen sind ein Frühwarnsystem, keine Entwarnung. Und während die Politik über Rentenreformen und Haushaltslöcher debattiert, läuft die Welt weiter – mit oder ohne uns.
Bis zur nächsten Ausgabe – bleiben Sie neugierig und kritisch.
Beste Grüße,
Eduard Altmann
