Stille Nacht im DAX, Übernahme-Jagd im Depot – und ein Stahl-Baron im Fokus

Während der DAX in Erwartung der Fed-Entscheidung stagniert, treiben Übernahmefantasien bei Klöckner & Co und ein Mega-Angebot von Paramount für Warner Bros. Einzelwerte an.

Kurz zusammengefasst:
  • Klöckner & Co Aktie nach Übernahmeinteresse massiv gestiegen
  • Paramount legt feindliches 108-Milliarden-Dollar-Angebot vor
  • Rheinmetall profitiert von Bundeswehr-Auftrag und Siemens-Allianz
  • Markt wartet gespannt auf Zinsentscheidung der US-Notenbank

Liebe Leserinnen und Leser,

wer heute nur flüchtig auf die Kurstafel in Frankfurt blickte, könnte meinen, die Börse habe sich bereits kollektiv in den Weihnachtsurlaub verabschiedet. Der DAX pendelt lethargisch um die Nulllinie, die Umsätze im breiten Markt sind dünn. Doch der Schein einer besinnlichen Adventsruhe trügt gewaltig.

Während der Index wie ein zugefrorener See wirkt, tobt unter der Oberfläche ein Kampf der Raubfische, wie wir ihn lange nicht gesehen haben. Wir erleben zum Wochenstart einen Lehrbuch-Fall eines „Stock-Picker-Marktes“: Das große Ganze stagniert, doch im Detail explodieren die Bewertungen. Ob in Duisburg oder Hollywood – Liquidität ist reichlich vorhanden, und sie sucht sich aggressiv ihre Ziele.

Willkommen zu einem Montag, an dem die „Old Economy“ plötzlich wieder sexy ist und Tech-Giganten in Deckung gehen müssen.

Der Stahl-Hammer aus Duisburg

Es ist die spektakulärste Bewegung des Tages: Die Aktie von Klöckner & Co katapultierte sich heute zeitweise um über 30 Prozent nach oben. Niveaus, die wir seit April nicht mehr auf dem Radar hatten. Der Auslöser ist eine klassische Übernahmefantasie.

Der US-Konzern Worthington Steel hat offiziell Interesse angemeldet. Klöckner bestätigte Gespräche und eine laufende „Due Diligence“ – die Amerikaner dürfen also bereits in die Bücher schauen.

Die Analyse:
Dieser Deal entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Mit einer Marktkapitalisierung von zuvor rund 600 Millionen Euro war der Traditionskonzern für die Amerikaner (Börsenwert ca. 1,6 Mrd. Euro) ein fast schon unverschämt günstiges Schnäppchen. Der Markt realisiert schlagartig, wie viel Substanz in der deutschen Industrie zu Ausverkaufspreisen gehandelt wird. Das strahlte sofort auf die Salzgitter AG ab, die im Sog der Fantasie ebenfalls zulegte.

Doch Vorsicht vor verfrühter Euphorie: Der Schlüssel zum Deal liegt nicht in Ohio, sondern im Siegerland. Großaktionär Friedhelm Loh hält über 41 Prozent der Anteile. Ohne seinen Segen wird in Duisburg kein Stahlträger den Besitzer wechseln. Für Anleger ist das ein Weckruf: Deutsche Value-Werte werden international wieder entdeckt.

Hollywoods 100-Milliarden-Poker

Während man im Ruhrgebiet Bücher prüft, werden an der Wall Street die ganz großen Schecks ausgestellt. Der Konsolidierungskampf im Streaming-Sektor eskaliert. Paramount Global – selbst lange als Übernahmekandidat gehandelt – dreht den Spieß um und attackiert.

Das Unternehmen legte heute ein feindliches Barangebot für Warner Bros. Discovery auf den Tisch: 30 US-Dollar pro Aktie. Das bewertet das Zielobjekt mit gigantischen 108,4 Milliarden Dollar. Paramounts Botschaft ist eine direkte Kampfansage an Netflix und diskreditiert das konkurrierende Angebot des Streaming-Platzhirsches als „minderwertig und unsicher“.

Die Warner-Aktie dankte es zum US-Handelsstart mit einem Plus von 7 Prozent. Die Botschaft für 2025 ist klar: Im Kampf um die Augenpaare der Zuschauer zählt nur noch schiere Größe – und „Cash is King“.

Die Stille vor dem Fed-Sturm

Warum aber lässt sich der DAX (rund 24.080 Punkte, +0,2 %) von diesem M&A-Feuerwerk nicht anstecken? Die Antwort liegt in Washington.

Am Mittwochabend steht die Zinsentscheidung der US-Notenbank an. Eine Senkung um 25 Basispunkte ist zu fast 90 Prozent eingepreist – das ist nicht das Problem. Die Nervosität resultiert aus dem „Blindflug“ der Währungshüter. Durch den 43-tägigen „Government Shutdown“ fehlen wichtige Arbeitsmarktdaten. Zudem berichten Insider von einer Spaltung im Offenmarktausschuss; bis zu fünf Mitglieder könnten weitere Lockerungen kritisch sehen.

Die Gefahr für die Jahresendrallye lauert im sogenannten „Dot Plot“ – dem Zinsausblick für 2026. Sollte Jerome Powell hier restriktiver klingen als erhofft, könnte die heutige Ruhe schnell in Volatilität umschlagen.

Rüstung trifft Robotik: Die neue Deutschland-AG

Am Freitag sprachen wir an dieser Stelle darüber, wie Rüstungsaufträge die Industriestatistik schönen. Heute sehen wir, wie sich diese Dynamik strukturell verfestigt. Rheinmetall gehört mit einem Plus von über 3,5 Prozent erneut zu den Gewinnern.

Treibstoff ist nicht nur ein neuer dreistelliger Millionenauftrag der Bundeswehr für Munition, sondern eine strategische Allianz mit Siemens. Der Technologiekonzern soll die Automatisierung der Rheinmetall-Werke (u.a. in Weeze) massiv beschleunigen.

Das ist mehr als eine Randnotiz: Es zeigt die Verschmelzung von High-Tech und Verteidigung. Da manuelle Arbeitsprozesse für den geforderten Hochlauf der Rüstungsgüter zu langsam sind, wird Automatisierung zur geopolitischen Notwendigkeit. Mit einem Jahresplus von 155 Prozent bleibt Rheinmetall der unangefochtene Taktgeber im DAX.

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Marktsplitter

  • Bitcoin: Die Kryptowährung zeigt sich widerstandsfähig. Nach den Turbulenzen der letzten Tage kämpfte sich der Kurs im heutigen Verlauf wieder über die Marke von 90.000 US-Dollar (+0,8 %). Totgesagte leben eben doch länger – oder sind zumindest volatiler.
  • TotalEnergies: Der französische Energieriese hat heute den Handel seiner Stammaktien an der New York Stock Exchange (NYSE) aufgenommen. Ein symbolträchtiger Schritt: Europas Energie-Champions suchen das Kapital dort, wo die Bewertungsmultiplikatoren höher sind – in den USA.
  • Ölpreis: Brent gibt deutlich nach (-1,6 % auf ca. 62,80 USD). Das dämpft zwar Inflationssorgen, ist aber auch ein Warnsignal für die globale konjunkturelle Nachfrage.

Das Fazit

Lassen Sie sich von der vermeintlichen Ruhe im Leitindex nicht täuschen. Ein Markt, der auf Unternehmensebene so dynamisch auf Übernahmeangebote reagiert, ist lebendig und voller Chancen. Wir befinden uns in einer Warteschleife bis zur Fed-Entscheidung am Mittwoch.

Bis dahin gilt: Der Blick auf den Index vernebelt die Sicht. Die wahren Geschichten schreiben derzeit die Einzelwerte – sei es durch die Renaissance des Stahls oder die Automatisierung der Wehrtechnik.

Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Start in diese spannende Woche.

Herzlichst,

Ihr

Eduard Altmann

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