Intel Aktie: Governance-Frage

Ein Reuters-Bericht beleuchtet mögliche Interessenkonflikte von Intel-CEO Lip-Bu Tan bei KI-Chip-Deals. Der Vorstand lehnte einen Vorschlag ab, während andere Gespräche laufen. Intel betont strikte Kontrollmechanismen.

Kurz zusammengefasst:
  • Reuters-Bericht zu möglichen Interessenkonflikten des CEOs
  • Vorstand lehnte Übernahmevorschlag für KI-Start-up ab
  • Intel verweist auf interne Kontrollen und Transparenz
  • Aktie deutlich im Plus trotz aktueller Diskussion

Intel steht mitten im Konzernumbau – und nun rückt ausgerechnet der Mann an der Spitze in den Fokus. Ein ausführlicher Reuters-Bericht wirft Fragen zu möglichen Interessenkonflikten von CEO Lip-Bu Tan auf, insbesondere bei Deals im boomenden KI-Chip-Sektor. Für Anleger stellt sich damit die zentrale Frage: Wie groß ist das Governance-Risiko im Vergleich zur bisherigen Erfolgsgeschichte unter Tan?

Reuters-Recherche setzt Führung unter Druck

Auslöser der aktuellen Diskussion ist ein Investigativbericht, den Reuters gestern Abend veröffentlicht hat. Darin wird geschildert, wie Tan dem Intel-Verwaltungsrat im Sommer 2025 die Übernahme des KI-Chip-Start-ups Rivos vorgeschlagen haben soll – eines Unternehmens, bei dem er als Chairman eine zentrale Rolle innehat und persönlich investiert ist.

Der Vorstand lehnte den Vorschlag laut Bericht ab. Begründung: Ein klarer Interessenkonflikt und das Fehlen einer überzeugenden, übergeordneten KI-Strategie, die den Deal rechtfertigen würde. Damit machte das Gremium deutlich, dass es den Spagat zwischen Tans Doppelrolle als Investor und Intel-CEO nicht widerspruchslos hinnimmt.

Parallel dazu drängte Tan nach Reuters-Angaben auf Gespräche über eine mögliche Übernahme von SambaNova, einem weiteren US-KI-Chip-Anbieter, bei dem er als Executive Chairman fungiert. Die Gespräche sollen noch laufen. Genau diese laufenden Kontakte sorgen nun für wachsende Aufmerksamkeit bei Investoren und Analysten, weil sie Governance-Fragen mit strategischen Weichenstellungen verknüpfen.

Am Markt sorgt die Debatte kurzfristig für Gegenwind: Nach der starken Rally seit Jahresbeginn liegt die Aktie heute bei 33,59 Euro und damit rund 10 % unter ihrem 52‑Wochen-Hoch, bleibt aber auf Sicht von zwölf Monaten deutlich im Plus.

Intel Capital und Tans Investmentnetzwerk

Ein zweiter Schwerpunkt der Reuters-Recherche ist die Rolle von Intel Capital, der Venture-Einheit des Konzerns. Direkt nach seinem Amtsantritt im März 2025 stoppte Tan Pläne, Intel Capital auszugliedern, und holte die Sparte unter seine direkte Kontrolle.

Heute besteht das Investmentkomitee nur noch aus zwei Personen: Tan selbst und CFO David Zinsner, der direkt an ihn berichtet. In dieser Konstellation gewann der CEO erheblichen Einfluss auf die Investmententscheidungen im Konzern.

Reuters zufolge hat Intel Capital seit 2019 mindestens zwölfmal gemeinsam mit Tan oder seinen Investmentgesellschaften investiert. Genannt werden unter anderem A&E Investment LLC, Celesta Capital und Walden International als Vehikel, über die Tan Beteiligungen hält. Der Bericht deutet damit ein systematisches Muster von Co-Investments an, das zwar strategisch sinnvoll sein kann, aber zugleich die Frage nach klaren Trennlinien zwischen privatem und unternehmerischem Interesse aufwirft.

Reaktion des Unternehmens und Kontrollmechanismen

Intel weist den Vorwurf mangelnder Corporate Governance zurück. In einer Stellungnahme gegenüber Reuters betont der Konzern ein „unerschütterliches Bekenntnis zu höchsten Standards bei Unternehmensführung, Integrität und Transparenz“. Tans weitreichende Kontakte im globalen Halbleiter-Ökosystem würden als wichtiger Vorteil gesehen, um Intel in einem sich schnell wandelnden Markt zu positionieren.

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Gleichzeitig verweist Intel auf konkrete Kontrollmechanismen. Tan soll sich aus allen Investmententscheidungen heraushalten, in denen er persönlich profitieren könnte. In solchen Fällen gehe die Entscheidungsvollmacht auf CFO Zinsner über. Zudem überwache der unabhängige Audit-Ausschuss des Boards sämtliche Geschäfte mit nahestehenden Parteien und genehmige sie gegebenenfalls nach einer strikten internen Richtlinie.

Brisant bleibt, dass mögliche Transaktionen mit Bezug zu Tan regulatorisch erst mit zeitlicher Verzögerung voll transparent würden: Die SEC verlangt eine Offenlegung entsprechender Related-Party-Deals mit ihm erst ab dem Frühjahr 2026. Bis dahin kommt der internen Kontrolle und der Glaubwürdigkeit der Governance-Strukturen besondere Bedeutung zu.

Turnaround unter Tan: Zahlen und Deals

Die Governance-Debatte trifft Intel in einer Phase, in der der Konzern strategisch aufholt und zuletzt auch operativ wieder Tritt gefasst hat. Seit Tans Amtsantritt im März 2025 hat das Unternehmen mehrere große Partnerschaften und Kapitalzuflüsse gesichert:

  • 8,9 Milliarden US-Dollar vom US-Staat in Form einer Eigenkapitalbeteiligung, womit die Regierung 9,9 % an Intel hält
  • 5 Milliarden US-Dollar von Nvidia im Rahmen einer gemeinsamen Entwicklungskooperation
  • 2 Milliarden US-Dollar vom japanischen SoftBank-Konzern

An der Börse kam dieser Kurswechsel bislang gut an: Die Aktie hat sich seit Tans Start als CEO in etwa verdoppelt und damit sowohl den S&P 500 als auch Branchenprimus Nvidia im gleichen Zeitraum übertroffen. In den Zahlen spiegelt sich die Aufholbewegung zumindest teilweise wider: Für das dritte Quartal 2025 meldete Intel 13,7 Milliarden US-Dollar Umsatz, ein Plus von 3 % gegenüber dem Vorjahr. Das bereinigte Ergebnis je Aktie lag mit 0,23 US-Dollar deutlich über den Konsensschätzungen der Analysten.

Auch technologisch versucht Intel, wieder an die Spitze anzuschließen. Der Konzern treibt den 18A-Fertigungsprozess voran; der geplante Start der Panther-Lake-Prozessoren soll die Leistungsfähigkeit dieser neuen Fertigungsgeneration demonstrieren und ist ein zentraler Baustein der strategischen Wende.

Früherer Gegenwind wegen China-Engagements

Die aktuelle Diskussion ist nicht der erste Punkt, an dem Tans Investmentwelt mit der Politik kollidiert. Bereits im April 2025 berichtete Reuters, dass seine Investmentfirmen Beteiligungen an mehr als 600 chinesischen Unternehmen hielten, darunter auch Firmen mit militärischen Verbindungen. Das rief den damaligen US-Präsidenten Donald Trump auf den Plan, der die Verflechtungen öffentlich kritisierte.

Laut den damaligen Berichten suchte Tan daraufhin das Gespräch im Weißen Haus. In einem Treffen im Oval Office habe er die Vorwürfe adressiert und so den Weg für eine weitere Zusammenarbeit bei Themen der nationalen und ökonomischen Sicherheit geebnet. Die Episode zeigt, wie eng Tans Netzwerk, geopolitische Interessen und Intels strategische Rolle miteinander verwoben sind.

Ausblick: Quartalszahlen und mögliche Konsequenzen

Der nächste konkrete Termin für harte Fakten ist bereits gesetzt: Am 22. Januar 2026 legt Intel die Zahlen für das vierte Quartal 2025 vor. Die Prognose des Unternehmens sieht einen Umsatzkorridor von 12,8 bis 13,8 Milliarden US-Dollar und ein bereinigtes EPS von 0,08 US-Dollar vor. Parallel dazu dürfte der Markt genau verfolgen, ob die Governance-Diskussion rund um Rivos, SambaNova und Intel Capital weitere Schritte des Boards oder eine mögliche regulatorische Prüfung nach sich zieht.

Auf Analystenseite bleibt das Bild bislang verhalten. Das durchschnittliche Votum zu Intel lautet weiterhin „Hold“, 47 Analysten beobachten den Titel. Das mittlere 12‑Monats-Kursziel von rund 37 bis 38 US-Dollar signalisiert aus dieser Perspektive nur begrenztes Potenzial gegenüber dem aktuellen Kursniveau. Entscheidend wird in den kommenden Monaten sein, ob Tan seine engen Verbindungen in der Halbleiterbranche so nutzen kann, dass sie Intels Turnaround stützen, ohne die Governance-Linie zu überschreiten, die der Markt und die Aufseher erwarten.

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