Fondsmanager
Peeters zieht ein gemischtes Fazit der zahllosen Gespräche mit
Unternehmen in der vergangenen Woche. Einerseits entspanne
sich die Lage bei vielen, andererseits aber nicht bei allen.
Bemerkenswert schlecht angesichts der hohen Kursstände sei das
Sentiment vieler seiner Kollegen, den Investoren.
2. Dezember 2019. FRANKFURT (pfp Advisory). Der ohnehin von mehreren Konferenzen geprägte November hatte wie jedes Jahr noch ein furioses Finale, wenn sich in Frankfurt im „Sheraton“ am Flughafen hunderte Firmenvorstände und eine vierstellige Anzahl von Investoren, Analysten und Kapitalmarktdienstleistern, so gerade erst geschehen, konkret vom 25. bis 27. November.
Wie jedes Jahr sind diese Tage ausgesprochen intensiv, somit herrlich effizient und auch wegen der aggregierten Information immer ein Gewinn für ein aktuelles Bild zum momentanen Geschehen im Kapitalmarkt oder auch in der deutschen Wirtschaft. Um es mit Zahlen zu untermauern: Selbst das kompakte aus zwei Personen bestehende Investment-Team von pfp Advisory kam zusammen auf ca. 50 Gespräche mit Unternehmensvertretern, vornehmlich Vorständen. Darüber hinaus erfolgen am Rande etwa in den kurzen Pausen oder auf den Abendveranstaltungen vielfache Austausche mit geschätzten Kollegen.
In der Summe immer eine ausreichend große Grundgesamtheit, um zumindest indikativ zahlreiche interessante Rückschlüsse zu ziehen. Alleine vor dem Hintergrund, dass die Kalender von Generalisten wie uns bunt gefüllt sind mit Gesprächen mit Vertretern von Firmen aus den unterschiedlichsten Industrien und Größenkategorien sind manche Eindrücke sehr authentisch, wenn auch natürlich nicht stochastisch sauber untermauert.
Unverändert, diesen in 2019 sehr relevanten Punkt hatte ich in den Kolumnen hier bereits beschrieben, ist das Bild, wie es den Unternehmen aktuell geht, auffallend breit gespreizt. Diese Auffälligkeit setzte sich auch in den vorgelegten Zahlen sehr gut ersichtlich fort und unterstreicht die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Stock-Picking. Es gab aber auch übergreifende Wahrnehmungen. Selbst bei den kriselnden Firmen, von denen wir zugegebenermaßen auch unterproportional viele trafen, sind erste Anzeichen einer Geschäftsstabilisierung im Querschnitt auf niedrigem Niveau erkennbar. Ob dies nachhaltig ist, wird man sehen. Aber den Eindruck einer weit verbreiteten Angst und Skepsis konnte ich wirklich nicht erkennen. Er wäre vor dem Hintergrund einiger konjunktureller Indikatoren aber durchaus plausibel gewesen.
Ähnliches Phänomen mit anderen Vorzeichen im wahrgenommenen Stimmungsbild unter den Kollegen, also den Investoren. Hier die Wahrnehmung, sicher mit viel Bauchgefühl: Es fühlt sich jetzt nicht unbedingt an wie in einem Marktumfeld, in dem seit Jahresbeginn praktisch alle nationalen Indizes mit 20 Prozent und mehr vorne liegen, was man also ohne Umschweife als „Bullenjahr“ archivieren wird, wenn es im Dezember keinen gravierenden Einbruch mehr gibt.
Wir kommt das? Nun, viele trauen dem Braten nicht. Gerade die Erfahrung mit dem ausgesprochen schwachen Schlussmonat 2018 spukt sicher noch in einigen Köpfen rum. Aus Gesichtspunkten der Marktstimmung ist dieses Misstrauen ebenso positiv zu werten, wie niedrige Investitionsquoten, auf die diese verhaltene Stimmung ebenfalls hindeutet, natürlich indikativ. Sicherer lässt sich sagen, dass die viel zitierte Euphorie, die Bullenmärkte dem Lehrbuch nach beendet, momentan auch mit viel gutem Willen nicht zu erkennen ist.
Ein anderer Punkt, der auffallend war: Es kommen einfach zu wenig neue Unternehmen an den Kapitalmarkt nach, was sicher unter anderem am auch regulatorisch hohen Aufwand für gelistete Unternehmen gilt. Eine unschöne Entwicklung, deren Umkehr sicher im Interesse der kompletten Wirtschaft ist und breite Unterstützung verdient hätte. Leider geschieht hier oftmals das exakte Gegenteil, etwa mit der geplanten Einführung einer praktisch in jeder Hinsicht hoch diskutablen Strafsteuer auf den Erwerb von inländischen Aktien. In dem Unmut über derartig abenteuerliche Planspiele waren sich nach meiner Wahrnehmung alle Konferenzteilnehmer einig.
von Roger Peeters, 2. Dezember 2019, © pfp Advisory
Über den Autor
Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 20 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow Fonds (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds. Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist weiterhin Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V.. Roger Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt
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