Nach den Gewinnen am deutschen Aktienmarkt erkennen Analysten auf kurze Sicht weiteres Kurspotenzial, sofern die Corona-Infektionen beherrschbar bleiben.
6. Juli 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Für den
deutschen Aktienindex war es vor dem Hintergrund
konjunktureller Entspannung ein gelungener Auftakt in das
zweite Halbjahr. Der DAX gewann vergangene Woche etwas
über 3,5 Prozent hinzu, und eröffnete am Morgen mit 12.774
Punkten erneut im Plus. Ob der Kurs gehalten werden kann,
scheint unter anderem aufgrund global steigender
Corona-Infektionen und überschaubarer Konjunkturdaten
fraglich.
Hierzulande steht am Dienstag die Industrieproduktion für Mai auf der Agenda. Nach dem Einbruch von 17,9 Prozent im Vormonat liegt der Konsens bei einem Anstieg von 8 Prozent. Durch anhaltende Krisenbelastungen in vielen Teilen der Welt hinkt das verarbeitende Gewerbe dem sich zügig erholenden Einzelhandel hinterher. Das liegt vor allem an den komplexen Lieferketten und Produktionsprozessen.
Die in der kommenden Woche startende Berichtssaison wird für Börsianer fraglos eine Herausforderung. Während die Daten für das zweite Quartal vermutlich kaum Glanz verbreiten, könnten sie dennoch die recht niedrigen Erwartungen übertreffen. Anleger werden zudem besonders die Ausblicke der Konzerne unter die Lupe nehmen.
Mit kühlem Kopf dabei sein
Angesichts des bestehenden übergroßen Optimismus mahnt Tillmann Galler von J.P. Morgan zur Vorsicht. An den Aktienmärkten werde derzeit eine unrealistisch schnelle Normalisierung der Wirtschaft eingepreist. Auch hinsichtlich der Gewinnentwicklung von Unternehmen gäben sich Investoren womöglich allzu optimistisch. Ein Blick in die Vergangenheit zeige, dass Firmen nach den letzten drei Rezessionen mindestens drei Jahre brauchten, um wieder ihre alte Ertragskraft zu erlangen. Zudem könne eine neue Viruswelle der Rallye ein jähes Ende setzen. Zentralbanken hätten dann nicht mehr viel Spielraum, um die Märkte erneut positiv zu überraschen. Galler rät Anlegern, im Portfolio die Defensive zu stärken, ohne sich des weiteren Potenzials von Aktien zu berauben.
Instabile Lage
Für Axel Botte von Ostrum Asset Management sind die derzeitigen Aktienniveaus im Vorfeld einer herausfordernden Berichtssaison sportlich. Der erwartete Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte erscheine angesichts des Wiederanstiegs der Corona-Infektionen optimistisch und beruhe größtenteils auf dem Hebeleffekt der Geldpolitik.
Institutionelle Investoren nutzen Stichtage in der Regel für Portfolio-Anapassungen. JP Morgen spricht in diesem Zusammenhang von möglichen Aktienreduzierungen vonseiten japanischer und US-Pensionsfonds in einer Größenordnung von insgesamt etwa 95 Milliarden US-Dollar. Zudem würden Staats- und Mischfonds nach der Erholung an den Märkten Aktienpositionen zugunsten von Anleihen tendenziell abbauen.
Kurzfristig weiteres Aufwärtspotenzial
Aus technischer Perspektive deutet für Christoph Geyer von der Commerzbank einiges auf eine freundliche Woche für den DAX. Auch wenn die Umsätze saisonbedingt tendenziell abnähmen, bestünden gute Chancen auf einen weiteren Anstieg bis in den alten Unterstützungsbereich. Erst Mitte Juli werde die Lage für den deutschen Leitindex statistisch betrachtet schwieriger.
Im DAX-Langfristchart sehe der Corona-Crash wie eine etwas schneller abgelaufene übliche Korrektur aus. Unterstützungen im Bereich der Tiefs von 2014 und 2016 wurden Geyer zufolge von Marktteilnehmern im Krisenverlauf beachtet, und das Kaufsignal des Stochastik-Indikators sei vom MACD-Indikator bestätigt worden. „Diese Signale dürften inzwischen allerdings abgearbeitet sein.“ Der Stochastik-Indikator stehe bereits wieder vor einem Verkaufssignal. Daher werde es dem DAX schwerfallen, das Top vom Beginn dieses Jahres zu überwinden.
Geyer
Entscheidungen auf lange Sicht erschwert
Heinz-Werner Rapp von Feri Cognitive Finance sieht in der Corona-Krise übrigens einen Brandbeschleuniger für soziale Spaltung. Dabei lägen die Ursachen in politischen und ökonomischen Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre. Asymmetrische Effekte der Globalisierung, diverse Finanzkrisen sowie die Nullzinspolitik hätten dazu geführt, dass in vielen Ländern die Einkommen und Vermögen ungleich verteilt sind. Dies habe gefährliche soziale Schieflagen erzeugt. Die Entwicklung zeige sich derzeit besonders deutlich in den Vereinigten Staaten.
Wachsende gesellschaftliche Ungleichheit mit all ihren Folgen birgt nach Ansicht von Rapp auch Risiken für Investoren. In einem solchen Umfeld sinke die Qualität politischer Entscheidungen. Zunehmende Unsicherheit und fehlende Verlässlichkeit erschwere wiederum die Umsetzung langfristiger Anlagestrategien.
von: Iris Merker
6. Juli 2020, © Deutsche Börse AG
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