STAGFLATIONSGEFAHR – STARKES KAUFARGUMENT FÜR GOLD



10:27 23.10.21

Der World Gold Council (WGC) hat sich im Rahmen einer detaillierten Analyse mit dem Thema Stagflation und den Folgen für Wirtschaft und Finanzmärkte intensiv beschäftigt. Nachfolgend erfahren Sie den Extrakt dieser ausgesprochen interessanten Erkenntnisse.

Warum Stagflation als besonders gefährlich gilt

Phasen, in denen wirtschaftliche Stagnation und relativ hohe Inflation zeitgleich aufeinandertreffen, gelten als Stagflation. In den vergangenen beiden Monaten fiel das wirtschaftliche Wachstum schwächer und die Inflation höher als erwartet aus, was zu einer verstärkten Diskussion über eine drohende Stagflation geführt hat. Eine ausgeprägte Stagflation kann sowohl der Wirtschaft als auch diversen Anlageklassen stark schaden. In der Vergangenheit litten Aktienmärkte aufgrund rückläufiger Unternehmensumsätze und Gewinnperspektiven unter einer Stagflation meist besonders stark, wenngleich es Unterschiede innerhalb der Branchen zu beobachten gab. Einfaches Beispiel: Grundnahrungsmittel bleiben in der Regel gefragt und können sogar von steigenden Preisen profitieren, wenngleich solche Unternehmen meist geringe Gewinnmargen aufweisen. Verzichtet wird in solchen Phasen wirtschaftlicher Schwäche und drohender Arbeitslosigkeit in der Regel auf den Neuwagenkauf, Urlaube oder andere hochpreisige Waren bzw. Dienstleistungen, wo meist relativ attraktive Margen erzielbar sind.

Zwei Anlageklassen haben sich laut WGC während Stagflationsphasen häufig besonders gut entwickelt: Rohstoffe und Gold. Das gelbe Edelmetall profitierte dabei vor allem vom gestiegenen Schutzbedürfnis der Investoren, was sowohl auf die höhere Inflation als auch auf die gestiegene Verunsicherung bei Aktien zurückzuführen war. Als weiteres Kaufargument für Gold erwiesen sich aber auch niedrige bzw. negative Realzinsen. Nach Ansicht der WGC-Analysten sollten diese historischen Erfahrungswerte aber nicht vorbehaltlos auf die künftigen Erwartungen übertragen werden. Grundsätzlich könnte sich zum Beispiel die starke Performance des Goldpreises seit 2018 als Bremsfaktor erweisen – wobei die Erkenntnisse der aktuellen WGC-Studie eher dagegensprechen. Bislang hat der Goldpreis von den niedrigen Realzinsen und der hohen Inflation kaum profitiert, weil hinsichtlich Inflation, Wirtschaftswachstum und Aktienmärkten „rosige“ Erwartungen überwogen. Falls sich Investoren – warum auch immer – aus riskanten Anlageklassen verabschieden sollten, könnten die extrem niedrigen Realzinsen dazu führen, dass Gold als „sicherer Hafen“ attraktiver erscheint als Staatsanleihen bester Bonität.

Droht jetzt eine ernste Stagflation?

Die aktuellen Konjunktursorgen sind laut WGC auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen werden in diesem Zusammenhang die hochansteckenden Varianten des Covid-19-Virus genannt und zum anderen seien aber auch die globalen Angebotsengpässe hierfür verantwortlich. Höhere Rohstoffpreise, personelle Engpässe, fehlende Bauteile sowie schlecht funktionierende Lieferketten und explodierende Transportkosten haben die Inflationsraten auf Mehrjahreshochs getrieben und aufgrund von Produktionsausfällen die wirtschaftlichen Perspektiven erheblich eingetrübt. Dies habe im dritten Quartal den Boden für ein stagflationäres Umfeld bereitet, wobei der WGC zwischen einer milden und einer ernsten Stagflation differenziert.  So dürften die Reaktionen der Anleger innerhalb der verschiedenen Anlageklassen bei einer milden bzw. ernsten Stagflation höchstwahrscheinlich nicht identisch ausfallen. Sollte das letztgenannte Szenario eintreten, droht jedoch – aller Voraussicht nach – vor allem den Aktienmärkten erhebliches Ungemach, während der Goldpreis sowie die Rohstoffpreise davon profitieren sollten.

Der World Gold Council hat die vergangenen 50 Jahre unter Berücksichtigung diverser Indikatoren die wirtschaftliche Entwicklung in folgende vier wirtschaftliche Phasen eingeteilt: Goldilocks („Goldlöckchen“), Reflation, Deflation und Stagflation. Das Goldilocks-Szenario beschreibt gewissermaßen die goldene Mitte. Soll heißen: Bei geringer Inflation fällt das Wachstum der Weltwirtschaft weder zu hoch noch zu niedrig aus. Bei insgesamt 68 Quartalen war dies längstens sieben Quartale ununterbrochen der Fall. Eine Reflation, also das Vermeiden einer Deflation durch geldpolitische und fiskalpolitische Maßnahmen, war während 23 Quartalen registriert worden und lag längstens vier Quartale hintereinander vor. Über 47 Quartale hinweg gab es Deflationsphasen zu beobachten, wobei deren längste Dauer auf maximal drei Quartale begrenzt war. Am häufigsten traten seit 1971 hingegen Stagflationsphasen auf. Dies war während 68 Quartalen der Fall, wobei längste Stagflation zwei Jahre (acht Quartale) gedauert hat.

Stagflationsgefahr – starkes Kaufargument für Gold

Gold: Rückenwind durch Stagflation wahrscheinlich

In einem weiteren Schritt versuchten die Analysten des WGC herauszufinden, wie sich verschiedene Anlageklassen während der vier Wirtschaftsphasen entwickelt haben. Damit milde Stagflationsphasen nicht überbewertet und ernste Stagflationsphasen nicht unterbewertet wurden, nahm man bei der Berechnung der jährlichen Rendite mathematische Anpassungen vor. Hinsichtlich der durchschnittlichen Rendite von Gold fiel das Ergebnis eindeutig und wenig überraschend aus. Mit minus 3,1 Prozent erwies sich nämlich die jährliche Goldperformance (nach AAAR: Annualized Average Adjusted Return) im Goldilocks-Szenario am niedrigsten und bei Stagflation am höchsten (+32,2 Prozent p.a.) aus, während der Rohstoffindex S&P GSCI mit plus 17,5 Prozent während einer Stagflation die zweitbeste Performance erzielt hat. Die höchsten Einbußen waren während einer solchen Phase übrigens bei US-Aktien (S&P-500: -6,6 Prozent p.a.) und Aktien aus 21 entwickelten Ländern ohne Nordamerika (MSCI EAFE: -11,6 Prozent p.a.) registriert worden.

Eine Garantie, dass sich Gold im Falle einer Stagflation positiv entwickeln wird, gibt es natürlich nicht. Seit dem Jahreswechsel hat der Inflationsschutz Gold weder von der gestiegenen Inflation noch von den negativen Realrenditen profitieren können. Der diesjährige Anstieg der US-Renditen wurde unter Anlegern offensichtlich als starkes Verkaufsargument für Gold wahrgenommen, während die beschleunigte Inflation als Kaufgrund eher ignoriert wurde. Dies dürfte in erster Linie darauf zurückzuführen sein, dass an den Finanzmärkten eine Mehrheit die aktuell relativ hohe Inflationsrate als temporäres Phänomen betrachtet. Für den Fall, dass wir lediglich eine kurze Phase der Stagflation sehen werden und danach Notenbanken und Regierungen zur Vermeidung einer Deflation die Märkte einmal mehr mit billigem Geld fluten sollten, wäre ein Goldinvestment nach Ansicht des WGC womöglich nicht die allererste Wahl. Zugleich merken die Analysten aber an, dass Anleihen nicht denselben Schutz bieten könnten wie Gold. Bei einer wachsenden Risikoaversität könnte daher der altbewährte Krisen-, Vermögens- und Inflationsschutz von markanten Kapitalzuflüssen stark profitieren. Unabhängig davon, in welcher Phase sich die Wirtschaft gegenwärtig befindet, wird Gold auf lange Sicht wohl nie aus der Mode kommen.


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Über den Autor
 
Autor: Benjamin Summa Benjamin Summa,
pro aurum

Benjamin Summa ist seit dem 1. Juli 2011 Unternehmenssprecher beim Münchner Edelmetallhandelshaus pro aurum. In dieser Position berichtet er direkt an die Geschäftsführer Robert Hartmann und Mirko Schmidt. Benjamin Summa verantwortet die interne und externe Kommunikation. Zuvor war er Wirtschafts-Redakteur beim Axel Springer Finanzen Verlag.

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