Man kann es kaum glauben, dass nach 75 Jahren
Frieden in Europa dieser nun ernsthaft gefährdet scheint. Aber der
russische Präsident hat sich vorgenommen, seine Politik der
Nadelstiche (Krim-Annektion, Ukraine-Konflikt) fortzusetzen. Nach
dem Untergang der Sowjet-Republik in den 90er-Jahren des letzten
Jahrhunderts will Russland seinen weltpolitischen Einfluss damit
wieder herstellen. Die Gaspreise gehen durch die Decke und an den
Ölmärkten finden hektische Eindeckungskäufe statt. Noch kann man
von Glück sagen, dass diese Nachfrage vor allem durch
überbordenden Konjunkturoptimismus verursacht ist und nicht durch
die Angst vor militärischen Auseinandersetzungen. Der
Preisauftrieb hat jedoch nahezu alle konjunkturrelevanten
Rohstoffe, wie etwa Kupfer und Zinn erfasst. Das für die
Industrieproduktion sehr wichtige Magnesium zeigt ernsthafte
Anzeichen starker Verknappung, was nicht nur daran liegt, dass
China hier quasi als Monopolist agiert. Die Rohstoff-Experten von
Goldman Sachs sprechen bereits von einem neuen „Super-Zyklus“, der
mehrere Jahre andauern könnte. Der globale Ölmarkt weist aktuell
ein Defizit von 2% der Nachfrage auf und die Ölreserven befinden
sich gut 5% unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Der Inflationsdruck
aus diesem Bereich dürfte also zunächst anhalten. Der neue
Wirtschafts- und Klimaminister Habeck hat vor diesem Hintergrund
die Idee formuliert, dass Deutschland unabhängiger von
Rohstoff-Importen werden solle. Das ist eigentlich sehr clever,
man fragt sich nur, wie das angesichts des hohen Bedarfs an
Erdgas, Seltenen Erden, Rohöl und Industrie-Metallen aller Art
funktionieren soll. Man wird mit höheren Preisen leben müssen,
insbesondere wenn man die Wirtschaft und das Leben in Deutschland
auf regenerative Energie und E-Mobilität trimmen möchte. Für die
Auswirkungen auf die Inflation durch steigende Preise gibt es
bereits einen neuen Begriff: „Greenflation“. CO2-Bepreisung hat
wie der Name schon sagt, seinen Preis und synthetisches
klimaneutrales Kerosin für Flugzeuge ist zwar technisch möglich,
dürfte aber 2 bis 3-mal teuer als herkömmliches Flugbenzin sein.
Da stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die gestiegenen
Inflationserwartungen auf das Zinsniveau der Rentenmärkte haben.
Und da ist zu konstatieren, dass es bereits einen leichten
Zinsanstieg gegeben hat. Bei den 10-jährigen Bundesanleihen ist
die Null-Marke in greifbare Nähe gerückt, die Renditen haben sich
derzeit bei -0,03% –-0,04% eingegraben und der 10-jährige Treasury
in den USA hat sich bis auf knapp 1,80% erhöht. Steigende Zinsen
per se sind noch keine Bedrohung für die Aktienmärkte, sie dürfen
allerdings nicht zu schnell und zu stark steigen. Für die
10-jährige Rendite der US-Treasury gehen die Marktteilnehmer davon
aus, dass Renditen zwischen 2,0 und 2,5% die Aktienmärkte mehr
oder weniger kalt lassen. Sollten sie darüber hinaus steigen,
könnte doch Korrekturbedarf entstehen. Bereits jetzt sieht man
allerdings schon Rotationstendenzen von hoch bewerteten und stark
verschuldeten, zinsempfindlichen Tech-Werten hin zu niedrig
bewerteten und dividendenstarken „Value“-Werten. Für deutsche
Aktien werden in diesem Jahr erneut mit Dividendenausschüttungen
in Höhe von ca. 46,4 Mrd. Euro auf Rekordniveau gerechnet. Viele
Werte weisen Dividendenrenditen aus, die ohne weiteres auch einen
kräftigeren Zinsanstieg an den Rentenmärkten schlagen können.
Beste Aussichten für die Aktienmärkte also, wären da nicht die
Sorgen hinsichtlich der geopolitischen Stabilität
(Russland-Ukraine, China-Taiwan). Die Covid-19-Pandemie ist
allgegenwärtig, man scheint sich inzwischen aber etwas daran
gewöhnt zu haben. Es steht zu hoffen, dass sich die Hoffnungen auf
einen insgesamt milderen „Omikron-Verlauf“ bewahrheiten und die
Impfquote deutlich angehoben werden kann. Die Berliner Politik tut
sich mit der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht erkennbar
schwer. Im Gegensatz zu Österreich oder Italien sind hierzulande
noch einige Woche des Debattierens und Antragstellen zu erwarten.
www.ellwanger-geiger.de/privatbank
Hinweise:
Die vorliegenden Informationen sind keine Finanzanalyse im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes und genügen nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Finanzanalysen und unterliegen nicht einem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung von Finanzanalysen.
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Michael Beck, Leiter Portfolio Management, Bankhaus ELLWANGER & GEIGER KG |
Michael Beck ist Leiter des Portfolio Managements bei ELLWANGER & GEIGER Privatbankiers. Das Stuttgarter Bankhaus ist spezialisiert auf die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden sowie auf Immobilien im privaten und gewerblichen Bereich. Als Kapitalmarkt-Experte schätzt Michael Beck in der wöchentlichen Marktmeinung aus Stuttgart aktuelle Entwicklung und Chancen an den Aktienmärkten ein.
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