Halten die Frühlingsgefühle trotz mäßiger Konjunkturlage an?



11:51 18.04.19

Die apokalyptische Aktienstimmung des Vorjahres hat sich mittlerweile vollständig ins Gegenteil verkehrt. Aber kann dieses Frühlingserwachen nachhaltig sein? Denn die Zweifel an der Weltwirtschaft halten sich hartnäckig. Aktuell hat die Bundesregierung die deutsche Wachstumsprognose für 2019 auf 0,5 Prozent gesenkt. Der amerikanisch-chinesische Handelskonflikt ist immer noch nicht befriedet und die transatlantische Handelsauseinandersetzung hat noch nicht einmal begonnen. Trotz alledem sind konjunkturelle Lichtblicke unverkennbar.

Weckt China die Weltkonjunktur aus ihrem Winterschlaf?

Zahlen zur chinesischen Wirtschaft sind mit Vorsicht zu genießen. Immerhin jedoch signalisiert die im I. Quartal unverändert mit 6,4 Prozent zum Vorjahr wachsende Wirtschaft, dass Pekings Konjunkturprogramm „Viel hilft viel“ Wirkung zeigt. Markante Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen sowie eine deutlich gelockerte Kreditpolitik der Notenbank für kleine und mittelständische Firmen sorgen für eine Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte 2019.

Aufgrund seiner Lokomotivfunktion stützt China damit auch die gesamte Weltkonjunktur: Der globale Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe zeigt erste Stabilisierungszeichen. Anleger haben ihr Vertrauen in die Weltwirtschaft nicht verloren und bevorzugen zyklische Aktien, die bereits mit einer deutlichen Outperformance zu defensiven Branchen aufwarten.

Von China positiv beeindruckt zeigen sich auch die ZEW Konjunkturerwartungen. Die deutsche Konjunkturskepsis bildet sich laut der befragten Finanzanalysten schon das sechste Mal in Folge zurück. Selbst wenn die Erwartungen trotz Anstieg mit aktuell 3,1 nach -3,6 noch vergleichsweise verhalten sind, liegen sie zum ersten Mal seit gut einem Jahr wieder über der Nulllinie. Eine zu erwartende weitere ifo-Verbesserung in der nächsten Woche wäre eine Bestätigung, dass es Deutschland mit einer Konjunkturdelle, nicht -beule zu tun hat.


Der Handelskonflikt kostet Anleger noch Nerven, aber…

Notwendige Bedingung für eine nachhaltige weltkonjunkturelle Aufhellung bleibt ein Handelsabkommen zwischen den USA und China. Oberflächlich herrscht zwar der Eindruck einer Hängepartie. Für Optimismus sorgen jedoch Aussagen von US-Finanzminister Mnuchin, wonach die beiden Handelskontrahenten kurz vor der finalen Verhandlungsrunde stehen. Allen Beteiligten ist bewusst, dass immer neue weiche Hoffnungsbekundungen ohne nachfolgend harte Ergebnisse die bestehenden Verunsicherungspotenziale bei Investoren und Konsumenten erhöhen. Ihre Wirtschaftsängste dürfen nicht weiter gedüngt werden. Grundsätzlich müssen beide Seiten ein Interesse an einem Handels-Deal haben. So ist Trump für seine Wiederwahl Ende 2020 auf einen robusten Aktienmarkt angewiesen, der sich aber bei handelsseitiger Weltkonjunkturschwäche nicht darbieten wird.

Auch die Verhandlung eines Handelsabkommens zwischen Amerika und Europa wird definitiv nicht reibungslos ablaufen. Bis zum Ende der Amtszeit der aktuellen EU-Kommission am 31. Oktober will die EU einen Handelsdeal mit Amerika geschlossen haben. Informelle Gespräche laufen bereits. Es ist zu vermuten, dass Brüssel - um die wirtschaftlichen Verunsicherungen der europäischen Exportnationen in Grenzen zu halten - besonders kompromissfähig sein wird. Unabhängig davon werden europäische und deutsche Unternehmen mehr in den USA investieren, um Amerikas Handelsbann zu entkommen, aber auch - sehr profan - um ebenso in den Genuss vergleichsweise niedriger Unternehmenssteuersätze zu kommen.


Geldpolitische Aktien-Stützräder bleiben dran

Bei der Fed prallt die anhaltende Kritik von US-Präsident Trump - „Wenn die Fed ihre Arbeit richtiggemacht hätte, was sie nicht getan hat, wäre der Aktienmarkt um zusätzliche 5.000 bis 10.000 Punkte gestiegen“ - nicht vollständig ab. Sollten die von Trump bevorzugten Kandidaten - sein ehemaliger Wahlberater Stephen Moore und der Republikaner Herman Cain - tatsächlich vom Senat in den Fed-Gouverneursrat berufen werden, ist prinzipiell sogar mit einer noch taubenhafteren Fed-Politik zu rechnen. Gleichzeitig wirkt die EZB den (sozial-)politischen Fliehkräften in der Eurozone entgegen.


Da die Fed ihren Liquiditätsabzug im Herbst beendet, die EZB ihre rekordhohe Liquiditätsausstattung mindestens beibehält und ein Ende der Liquiditätsschwemme der Bank of Japan reine Utopie ist, bleibt das geldpolitische Sicherheitsnetz für die Aktienmärkte engmaschig gespannt.



Marktstimmung - Wie bei Udo Lindenberg: Hinter dem Horizont geht’s weiter

Sicherlich wird die Berichtsaison für das I. Quartal 2019 in puncto Vergangenheitsbewältigung wenig Anlass zur Freude geben. Verunsicherte Investoren und vorsichtig agierende Konsumenten werden Niederschlag in verhaltenen Gewinnausweisen finden.


An der Börse wird jedoch nicht Vergangenheit, sondern Zukunft gehandelt. Da laut Umfragen offensichtlich das Vertrauen in die Lösung der (handels-)politischen Konflikte und damit in die Konjunktur wieder wächst, sollten die Ausblicke aufgehellter ausfallen. Denn wie zuletzt eine schlechte Konjunkturprognose und eine Gewinnwarnung die nächste jagte, funktioniert es auch umgekehrt. Ein perspektivischer Konjunkturlichtblick zieht den nächsten an. Und auf Unternehmensseite werden die Umsatz- und Gewinnerwartungen erst zögerlich, dann mehr und mehr heraufgesetzt. Trotz noch schwieriger Konjunkturlage wirkt jede Stimmungsverbesserung wie fundamentales Kraftfutter für die Aktienkurse.


Die Frühlingsgefühle am Aktienmarkt gehen in die Verlängerung. Allerdings darf sich der schwarze Schwan eines nicht endenden Handelskonflikts nicht zeigen. Er wäre der Party Crasher.



Aktienstimmung - Risikofreudig

Auf Sentimentebene sind die Anleger freundlich, wenn auch nicht euphorisch für die Zukunft gestimmt. Institutionelle Anleger sind trotz einer leicht rückläufigen Investitionsquote bei US-Fondsmanagern insgesamt immer noch stärker investiert als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt im vergangenen halben Jahr. Zugleich setzen sie an den Terminmärkten auf steigende Kurse.


Mehr Risikofreude signalisiert ebenso der von der Citigroup veröffentlichte Macro Risk Index mit einem aktuellen Indexwert von rund 0,2. Indexwerte von größer als 0,5 deuten auf zunehmende Risikoabneigung und Werte kleiner als 0,5 auf steigende -freude hin.


Bei Privatanlegern dominieren hingegen noch die Absicherungsgeschäfte. Kommt es auf absehbare Zeit allerdings zu den langersehnten Entspannungssignalen vor allem im US-chinesischen Handelskonflikt, sind Privatanleger falsch positioniert. Sie würden den Kursen hinterherlaufen, was für den DAX wie ein Katalysator auf seinem Weg zur Marke von 12.500 Punkten wirkte.



Charttechnik - Was kommt nach 12.000 DAX-Punkten

Auf dem Weg nach oben trifft der DAX zunächst bei 12.403 Punkten auf ersten Widerstand. Wird dieser überschritten, sind Kursgewinne bis zur Barriere bei 12.457 möglich. Bei zwischenzeitlichen Gewinnmitnahmen findet der DAX zunächst an den Marken bei 12.121, 11.915, 11.864 und 11.823 Unterstützung. Ganz entscheidend ist die wichtige Haltelinie bei 11.800. Wird diese unterschritten, geben die Marken bei 11.721 und 11.624 Punkten Halt.



Der Wochenausblick für die KW 17 - Was macht der ifo Geschäftsklimaindex?

Gemäß Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe hält die Konjunkturschwäche in Japan auch im April an. Gepaart mit fortschreitender Desinflation hat die Bank of Japan auf ihrer kommenden Sitzung jeden Grund, an ihrer ultralockeren Geldpolitik festzuhalten.


In den USA setzt sich der konjunkturelle Abschwächungstrend auch im I. Quartal 2019 gemäß BIP-Zahlen fort. Dass die Auftragseingänge langlebiger Güter ihre vormonatliche Schwäche im April nicht ausgleichen können, lässt nicht auf eine unmittelbare Konjunkturbelebung schließen. Auch die weiter volatile Seitwärtsbewegung des von der University of Michigan ermittelten Konsumentenvertrauens verspricht keine markanten binnenwirtschaftlichen Impulse.


In Deutschland verfolgen Anleger mit gespannter Aufmerksamkeit, ob die ifo Geschäftsklimadaten ihre Stabilisierungstendenz fortsetzen.



Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.bondboard.de



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Die Baader Bank AG ist eine der führenden Investmentbanken für die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten.

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Im Investment Banking entwickelt sie Finanzierungslösungen für Unternehmen und bietet institutionellen Anlegern umfassende Dienstleistungen beim Vertrieb und dem Handel von Aktien, Anleihen und Derivaten.


Herausgeber:

Baader Bank AG

Weihenstephaner Str. 4

85716 Unterschleißheim

Deutschland

www.baaderbank.de


Redaktion:

Robert Halver,

Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG

Marc Schlömer, Kapitalmarktanalyse, Baader Bank AG



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Über den Autor
 
Autor: Robert Halver Robert Halver,
Baader Bank AG

Robert Halver, Jahrgang 1963, ist Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank und für die Einschätzung der internationalen Anlageklassen zuständig. Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums an der Universität Trier 1990 arbeitete Robert Halver zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Ab 1994 war Herr Halver bei der Privatbank Delbrück & Co für die Analyse der internationalen Kapitalmärkte und von Aktiengesellschaften der Branchen Automobile und Telekommunikation verantwortlich. Später formulierte er als Chefstratege die Anlagepolitik für die hausinternen Aktien- und Renten-Investments. 2001 wechselte Robert Halver als Direktor zur Schweizer Privatbank Vontobel. Neben der Anlagestrategie umfasste sein Verantwortungsbereich das Relationship Management sowie die Öffentlichkeitsarbeit der Vontobel Gruppe in Deutschland. Seit 2008 ist Herr Halver bei der Baader Bank AG in Frankfurt tätig. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.

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