Guten Abend,
manchmal sind es die Rückschläge, die mehr über eine Industrie verraten als die Erfolge. Novo Nordisk, jener dänische Pharmakonzern, der mit Ozempic und Wegovy die Welt der Diabetesmedikamente revolutionierte, erlebte vergangene Woche einen solchen Moment. Die klinischen Studien zu Semaglutid – jenem Wirkstoff, der Millionen Menschen beim Abnehmen half – scheiterten in der Alzheimer-Behandlung. Trotz vielversprechender Biomarker-Verbesserungen blieb der erhoffte Durchbruch aus: Die Krankheit schritt ungebremst voran. Für die 182 laufenden Alzheimer-Studien weltweit ist das ein ernüchterndes Signal. Und für Novo Nordisk, dessen Börsenwert bei rund 195 Milliarden Euro liegt, ein Dämpfer in einer Zeit, in der das Unternehmen längst nicht mehr nur auf Diabetes setzt.
Doch während die Pharmabranche mit den Grenzen ihrer Innovationskraft ringt, eskaliert im Nahen Osten eine andere Form der Präzision: Israel eliminierte am Wochenende Haytham Ali Tabtabai, den obersten Militärkommandeur der Hisbollah, in einem gezielten Luftangriff auf Beiruts südliche Vororte. Die Botschaft ist unmissverständlich: Der im November 2024 vereinbarte Waffenstillstand mag auf dem Papier existieren, doch Israel nutzt jede Gelegenheit, die militärische Führungsstruktur seiner Gegner systematisch zu schwächen. „Israel schält sie Schicht für Schicht ab“, kommentierte ein westlicher Diplomat die Strategie. Für die Märkte bedeutet das: Geopolitische Risiken bleiben virulent, auch wenn die Schlagzeilen zuletzt von anderen Themen dominiert wurden.
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Genfer Gespräche: Europa erkämpft sich einen Platz am Verhandlungstisch
In Genf wurde am Wochenende Geschichte geschrieben – oder zumindest ein Kapitel umgeschrieben. Der ursprüngliche 28-Punkte-Friedensplan von US-Präsident Donald Trump für die Ukraine, den Kritiker als „Kapitulationspapier“ geißelten, wurde nach intensiven Verhandlungen zwischen Europa, den USA und der Ukraine entschärft. Alle Passagen, die NATO und EU betrafen, wurden gestrichen. Ein Erfolg für Bundeskanzler Friedrich Merz, der in Luanda betonte: „Wir sind uns einig, wir wollen so schnell wie möglich einen Waffenstillstand.“ Doch der CDU-Politiker dämpfte zugleich Erwartungen: „Frieden in der Ukraine gibt es nicht über Nacht.“
Die Realität ist komplexer. Russlands Präsident Wladimir Putin beharrte nach einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan auf dem alten Plan als Verhandlungsgrundlage. Merz‘ nächster Schritt ist klar: „Russland muss an den Tisch.“ Doch solange sich Moskau nicht bewegt, bleibt der Prozess blockiert. Für europäische Unternehmen, die auf Planungssicherheit angewiesen sind, bedeutet das: Die Sanktionsarchitektur bleibt bestehen, Lieferketten bleiben fragil, und Investitionen in der Region bleiben riskant.
Interessant ist die Rolle der sogenannten „Koalition der Willigen“, die am Dienstag zusammenkommt. Neben Deutschland und Frankreich sind auch Großbritannien und Norwegen dabei – ein Signal, dass Europa versucht, seine Handlungsfähigkeit jenseits der EU-Strukturen zu demonstrieren. Doch die Frage bleibt: Kann Europa ohne die USA wirklich Druck auf Russland ausüben? Die Antwort wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
Bank of Israel senkt Zinsen – und signalisiert Vorsicht
Während die Europäische Zentralbank noch zögert, hat die Bank of Israel am Montag die Zinsen um 25 Basispunkte auf 4,25 Prozent gesenkt. Es ist die erste Zinssenkung seit Januar 2024 – ein Schritt, der auf die Entspannung nach dem Gaza-Waffenstillstand zurückzuführen ist. Die Inflationsrate liegt bei 2,5 Prozent und damit im Zielkorridor von 1 bis 3 Prozent. Doch die Notenbank warnt: Der Arbeitsmarkt bleibt angespannt, die Lohnkosten steigen, und die Immobilienpreise fallen.
Finanzminister Bezalel Smotrich feierte die Entscheidung als „Zeichen für enormes Wirtschaftswachstum“. Doch die Realität ist differenzierter: Im dritten Quartal wuchs die Wirtschaft zwar um annualisierte 12,4 Prozent, doch das Niveau liegt immer noch unter dem langfristigen Trend. Für Investoren bedeutet das: Israel bleibt ein interessanter Markt, doch die geopolitischen Risiken sind nicht verschwunden – wie der Hisbollah-Angriff auf Charkiw am Sonntag zeigt, bei dem vier Menschen starben.
Kleinbergbau in Nigeria: Chariot setzt auf kurzfristige Cashflows
Während die großen Lithium-Player wie Albemarle und SQM mit Überkapazitäten kämpfen, verfolgt das australische Unternehmen Chariot Corporation in Nigeria einen unkonventionellen Ansatz: Kleinbergbau. Gemeinsam mit dem lokalen Partner Continental Lithium will Chariot handverlesenes Lithiumerz aus vier Projektclustern fördern und an chinesische Abnehmer verkaufen. Seit 2021 läuft dieser Handel bereits – allerdings im kleinen Maßstab.
Die Strategie ist clever: Chariot setzt auf einen dreistufigen Plan, der von gezielter Exploration über metallurgische Tests bis hin zur Lohnverarbeitung reicht. Das Ziel: Kurzfristige Cashflows generieren, während parallel systematische Explorationsprogramme laufen. Für Anleger, die auf den Lithium-Boom setzen, ist das ein interessanter Ansatz – zumal Nigeria eines der größten Lithiumportfolios Afrikas besitzt. Doch die Risiken sind erheblich: Politische Instabilität, regulatorische Unsicherheiten und die Abhängigkeit von chinesischen Abnehmern machen das Investment volatil.
Framery geht an die Börse – und setzt auf Büro-Pods
Während viele Unternehmen den Gang an die Börse scheuen, wagt das finnische Unternehmen Framery den Schritt. Das Unternehmen, das schallisolierte Büro-Pods herstellt, plant ein Initial Public Offering (IPO) an der Nasdaq Helsinki. Die Preisspanne liegt zwischen 7,30 und 8,00 Euro pro Aktie, die Marktkapitalisierung könnte bis zu 633 Millionen Euro betragen.
Framery profitiert von einem Trend, den die Pandemie beschleunigt hat: Hybrides Arbeiten erfordert flexible Bürolösungen. Die Pods des Unternehmens bieten Mitarbeitern schallisolierte Räume für Videokonferenzen oder konzentriertes Arbeiten – ein Konzept, das in offenen Bürolandschaften immer gefragter wird. Mit mehr als 200 Kliniken in 15 Ländern und einem Umsatz von über einer Milliarde Euro hat Framery bewiesen, dass das Konzept funktioniert. Doch die Frage bleibt: Ist der Markt groß genug, um die Bewertung zu rechtfertigen? Die Antwort wird sich nach dem IPO zeigen.
Ausblick: Zwischen Hoffnung und Realismus
Die kommenden Tage werden zeigen, ob die Genfer Gespräche tatsächlich einen Durchbruch bringen – oder ob Europa und die USA weiter aneinander vorbeireden. Am Dienstag trifft sich die „Koalition der Willigen“, und die Märkte werden genau beobachten, welche Signale von dort ausgehen. Zugleich bleibt die Frage offen, wie lange Israel seine Strategie der gezielten Eliminierungen fortsetzen kann, ohne den Waffenstillstand zu gefährden.
In der Pharmabranche wird der Rückschlag von Novo Nordisk die Diskussion über die Grenzen von GLP-1-Medikamenten neu entfachen. Und in Nigeria zeigt Chariot, dass es auch jenseits der großen Lithium-Minen Wege gibt, von der Energiewende zu profitieren – wenn auch mit erheblichen Risiken.
Die Woche beginnt mit Fragezeichen. Doch genau das macht sie spannend.
Einen aufmerksamen Start in die Woche wünscht Ihnen
Eduard Altmann
