Amazon spannt den Bogen weit: Während der Konzern Milliarden für den Ausbau seines Indien-Geschäfts reserviert, ringt er in Italien mit der Justiz und treibt parallel seine KI-Offensive im Kerngeschäft voran. Genau diese Mischung aus hohen Investitionen, regulatorischen Risiken und neuen Wachstumstreibern prägt derzeit den Blick auf die Aktie. Wie stimmig ist dieser Kurs?
Milliardenplan für Indien
Amazon will seine Präsenz in Indien deutlich ausbauen. Bis 2030 sollen mehr als 35 Milliarden US‑Dollar in das Land fließen – vor allem in künstliche Intelligenz, Logistik und Exportstrukturen. Damit stockt der Konzern die bereits seit 2010 investierten 40 Milliarden Dollar kräftig auf.
Der Schritt ist eingebettet in eine ganze Welle von Tech-Investitionen: Microsoft hat 17,5 Milliarden Dollar zugesagt, Google 15 Milliarden – in nur 24 Stunden wurden somit über 50 Milliarden Dollar an neuen Zusagen für Indien gemeldet. Das unterstreicht die Rolle des Landes als künftigen Schlüsselstandort für Cloud- und KI-Infrastruktur.
Amazon betont, die Investitionen seien „strategisch im Einklang mit den nationalen Prioritäten Indiens“ und nennt vier Schwerpunkte:
- Ausbau der KI-Fähigkeiten über die gesamte Plattform
- Stärkung der Logistik-Infrastruktur
- Förderung kleiner und mittlerer Händler
- Schaffung von 1 Million zusätzlicher Arbeitsplätze bis 2030
Zudem sollen die Exporte indischer Verkäufer über Amazon bis 2030 auf kumuliert 80 Milliarden Dollar steigen – nach 20 Milliarden im vergangenen Jahrzehnt. Hintergrund ist auch der harte Wettbewerb mit Flipkart (Walmart) und der Handels-Sparte von Reliance Industries, die in Indien aggressiv Marktanteile verteidigen.
Italien: Steuerstreit trotz Vergleich nicht beendet
Parallel dazu sorgt Europa für rechtlichen Gegenwind. Reuters berichtete, dass Amazon sich mit der italienischen Steuerbehörde auf eine Zahlung von 510 Millionen Euro geeinigt hat, um einen Streit für die Jahre 2019 bis 2021 beizulegen. Das Besondere: Trotz dieser zivilrechtlichen Einigung wollen Staatsanwälte in Mailand ihre strafrechtlichen Ermittlungen fortsetzen.
Amazon bestätigte den Vergleich, stellte aber das Umfeld in Italien scharf infrage. Von „unvorhersehbaren regulatorischen Rahmenbedingungen, unverhältnismäßigen Strafen und langwierigen Verfahren“ ist die Rede, die Italiens Attraktivität für Investoren beeinträchtigten. Zugleich kündigte der Konzern an, sich „energisch“ gegen ein aus seiner Sicht unbegründetes Strafverfahren zu wehren.
Die Ermittler vermuten Steuerhinterziehung von rund 1,2 Milliarden Euro und verfolgen zwei weitere Verfahren: eines zu mutmaßlicher Steuerverkürzung in den Jahren 2021 bis 2024 und eines zu möglichen Zollverstößen im Zusammenhang mit Importen aus China. Bereits Anfang Dezember hatte Amazon in Italien im Rahmen eines anderen Falls 180 Millionen Euro gezahlt, um Untersuchungen zu mutmaßlichem Steuerbetrug und Arbeitspraktiken bei einer Landesgesellschaft zu beenden.
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KI-Assistent Rufus als Wachstumstreiber
Auf der operativen Seite meldet Amazon deutliche Erfolge mit seinem generativen KI-Shoppingassistenten „Rufus“. Daten, die Analysten von Citizens am 8. Dezember hervorgehoben haben, zeigen einen kräftigen Anstieg der Kaufaktivität:
- Sitzungen mit Rufus, die in einem Kauf endeten, legten Tag für Tag um 75 % zu.
- Sitzungen ohne Rufus verzeichneten immerhin ein Plus von 35 % bei den Käufen.
Citizens hält daher an einem „Market Outperform“-Rating mit Kursziel 300 US‑Dollar fest und verweist ausdrücklich auf die durch Rufus gestützte Engagement-Dynamik. Hinzu kommt eine strategische Preisanpassung in Europa: Zum 15. Dezember will Amazon die Gebühren für Modeständler senken, um günstigere Angebote zu ermöglichen und dem steigenden Druck durch Wettbewerber wie Shein und Temu zu begegnen.
Analysten bleiben optimistisch
Trotz einer insgesamt verhaltenen Kursentwicklung seit Jahresbeginn genießen die Papiere an der Wall Street weiterhin breiten Rückhalt. Der Konsens lautet auf „Strong Buy“, das mittlere Zwölfmonatsziel liegt bei rund 283 bis 295 US‑Dollar – verbunden mit einem erwarteten Aufwärtspotenzial von etwa 25 bis 35 %.
Zuletzt meldeten sich mehrere Häuser mit teils ambitionierten Zielmarken:
- Wedbush (3. Dezember): „Buy“, Kursziel 340 US‑Dollar
- Citizens (8. Dezember): „Market Outperform“, Kursziel 300 US‑Dollar
- Bank of America (3. Dezember): „Strong Buy“, Kursziel auf 303 US‑Dollar erhöht
Seit dem Rekordhoch von 254 US‑Dollar am 3. November liegt die Aktie rund 13 % darunter und hinkt mit einem Plus von etwa 3,5 % im laufenden Jahr dem breiteren Markt hinterher. Auf Eurobasis zeigt sich ein ähnliches Bild: Der Titel notiert mit rund 196 Euro knapp unter seinem 50‑Tage-Durchschnitt und gut 15 % unter dem 52‑Wochen-Hoch.
AWS, Capex und Ausblick auf 2026
Im Fokus vieler Investoren stehen die massiven Investitionspläne. Für 2025 rechnet Amazon mit Ausgaben von rund 125 Milliarden Dollar, wobei das Management signalisiert hat, dass dieser Wert 2026 weiter steigen dürfte. Haupttreiber sind Rechenzentren und Infrastruktur rund um KI-Anwendungen.
Operativ bleibt die Cloud-Sparte AWS das Rückgrat der Profitabilität. Im dritten Quartal 2025 wuchsen die Erlöse dort um 20 % gegenüber dem Vorjahr auf 33 Milliarden Dollar. Ein Auftragsbestand von 200 Milliarden Dollar und operative Margen von über 30 % stützen die Erwartung, dass AWS die Ertragsbasis langfristig deutlich nach oben ziehen kann.
Der nächste konkrete Meilenstein ist der Quartalsbericht Ende Januar 2026. Analysten kalkulieren für das Gesamtjahr 2025 mit einem Gewinn je Aktie von 6,21 Dollar, was einem Anstieg von etwa 12 % gegenüber 2024 entsprechen würde. Zusammengenommen zeichnen die milliardenschweren Indien-Investitionen, die anhaltenden Steuer- und Regulierungsrisiken in Europa und der spürbare KI-Schub im Kerngeschäft das Bild eines Konzerns, der viel Kapital in die Hand nimmt, um das Wachstumstempo 2026 und darüber hinaus wieder klar zu erhöhen.
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