Zwischen Restrukturierung, Schiedsverfahren und bestätigtem Rating: Bei Thyssenkrupp prallen derzeit unterschiedliche Signale aufeinander. Während Partner Salzgitter den Konflikt um das Stahl-Joint-Venture HKM vor ein Schiedsgericht bringt, stärkt S&P der Bonität des Konzerns den Rücken. Wie stark begrenzt der Streit um den Umbau von HKM das Potenzial der Aktie?
Schiedsverfahren um HKM bringt Unsicherheit
Im Mittelpunkt steht das Duisburger Gemeinschaftsunternehmen Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM), an dem Thyssenkrupp mit 50 % beteiligt ist. Die Salzgitter AG hat ein Schiedsverfahren eingeleitet, um die künftigen finanziellen Verpflichtungen rund um HKM klären zu lassen. Der Streit dreht sich im Kern um die Frage, wer welchen Anteil an den Kosten des geplanten Umbaus trägt.
Salzgitter-Chef Gunnar Groebler drängt auf eine tiefgreifende Restrukturierung. Vorgesehen ist, die Jahreskapazität von derzeit 4,2 Millionen Tonnen auf 2 bis 2,5 Millionen Tonnen zu reduzieren. Parallel dazu soll die Belegschaft von rund 3.000 auf etwa 1.000 Mitarbeiter schrumpfen. Herzstück der Neuausrichtung ist ein Elektrolichtbogenofen, für den Fördermittel von 200 Millionen Euro im Raum stehen – ein wichtiger Baustein für eine klimafreundlichere Stahlproduktion.
Thyssenkrupp hat für die Risiken im Zusammenhang mit HKM bereits Rückstellungen im niedrigen dreistelligen Millionenbereich gebildet. Wie die genaue Kostenverteilung zwischen den Partnern am Ende aussieht, ist jedoch offen. Diese Unsicherheit drückt kurzfristig auf die Stimmung in der Aktie, auch wenn der Kurs mit aktuell 9,14 Euro nur leicht unter dem Vortag liegt und im 12-Monats-Vergleich weiterhin deutlich im Plus notiert.
Die wichtigsten Fakten zu HKM und der Aktie:
- Salzgitter leitet Schiedsverfahren gegen Thyssenkrupp im HKM-Streit ein
- Geplanter Kapazitätsabbau von 4,2 auf 2–2,5 Mio. Tonnen Stahl jährlich
- Personalreduzierung von ca. 3.000 auf etwa 1.000 Beschäftigte geplant
- Neubau eines Elektrolichtbogenofens, Fördermittel von rund 200 Mio. Euro angestrebt
- Thyssenkrupp mit Rückstellungen im niedrigen dreistelligen Millionenbereich
- Aktie aktuell bei 9,14 Euro, YTD-Anstieg von über 120 %
Charttechnisch fällt auf: Der Kurs liegt praktisch auf dem 50-Tage-Durchschnitt von 9,15 Euro und nur moderat unter dem 200-Tage-Durchschnitt. Nach einem starken Lauf seit Jahresanfang ist die Aktie rund 31 % vom 52-Wochen-Hoch entfernt, bleibt aber weit über dem 52-Wochen-Tief. Mit einem RSI von 68,2 ist der Titel technisch eher ambitioniert bewertet, ohne klar überhitzt zu wirken.
Rating-Bestätigung und Nucera-Signale
Trotz des juristischen Konflikts kommt von der Kreditseite eine Beruhigung. S&P Global Ratings hat das langfristige Fremdwährungsrating für Thyssenkrupp mit „BB“ bestätigt. Der Ausblick bleibt stabil. Für den Markt ist das ein Hinweis, dass die Ratingagentur die finanzielle Lage des Konzerns – trotz operativer Herausforderungen und des HKM-Risikos – weiterhin als solide einschätzt.
Zusätzliche Impulse liefert die Wasserstoff-Tochter Thyssenkrupp Nucera, deren Entwicklung stark in die Bewertung der Mutter hineinspielt. Hier ist das Bild gemischt:
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- Berenberg senkt das Kursziel für Nucera von 10 auf 9 Euro und belässt die Einstufung auf „Hold“. Begründung: begrenzter Auftragseingang im Bereich grüner Wasserstoff.
- Im Gegensatz dazu hatten am Vortag RBC Capital („Buy“, Kursziel 15 Euro) und die Deutsche Bank („Buy“, Kursziel 11 Euro) ihre optimistischen Einschätzungen bestätigt.
Damit prallen unterschiedliche Erwartungen an Nuceras Wachstumstempo aufeinander. Für die Muttergesellschaft bedeutet das: Die Story um Wasserstoff bleibt ein wichtiger, aber derzeit nicht eindeutig positiv besetzter Bewertungsfaktor.
Dividende und Umbaupläne im Hintergrund
Parallel zu den Turbulenzen im Stahlgeschäft treibt Thyssenkrupp den Konzernumbau weiter voran. Die Gespräche über einen Teilverkauf der Stahlsparte an Jindal Steel International laufen im Hintergrund weiter, konkrete neue Details wurden im vorliegenden Kontext jedoch nicht genannt.
Auf Konzernebene hat das Management hingegen klare Signale an die Aktionäre gesendet. Am Donnerstag wurde die Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung veröffentlicht, die am 30. Januar 2026 in Bochum stattfinden soll. Vorgeschlagen ist eine Dividende von 0,15 Euro je Aktie, insgesamt rund 93,38 Millionen Euro Ausschüttung aus dem Bilanzgewinn.
Dass der Konzern trotz volatiler Rahmenbedingungen im Stahlsektor eine Ausschüttung plant und gleichzeitig ein stabiles Rating vorweisen kann, deuten Marktbeobachter als Zeichen gewisser Widerstandsfähigkeit. Der laufende Streit mit Salzgitter um HKM bleibt jedoch ein wesentliches Gegenargument und kann die Wahrnehmung dieser Resilienz temporär überlagern.
Wichtige Termine:
- Januar 2026: Ordentliche Hauptversammlung in Bochum
- Februar 2026: Geplante Dividendenzahlung
Fazit: Zwischen Deckel und Stütze
Kurzfristig dürfte die Unsicherheit über den Ausgang des HKM-Schiedsverfahrens den Kurs eher begrenzen. Der Konflikt um Kapazitätsabbau, Finanzierung und Fördermittel ist materiell relevant und belastet das Sentiment – zumal die Aktie nach dem starken Anstieg seit Jahresbeginn anfällig für Gegenbewegungen ist. Auf der anderen Seite wirken die bestätigte Bonität durch S&P und der konkrete Dividendenvorschlag als stützende Faktoren.
Entscheidend für die weitere Entwicklung wird sein, ob Thyssenkrupp und Salzgitter eine tragfähige Lösung für den Umbau von HKM finden – idealerweise vor oder zumindest im Umfeld der anstehenden Hauptversammlung. Gelingt eine Einigung ohne zusätzliche finanzielle Überraschungen, könnte der aktuelle Bewertungsabschlag zur jüngsten Spitze mittelfristig wieder aufgeholt werden; zusätzliche Belastungen aus dem Verfahren würden den Erholungspfad dagegen klar erschweren.
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