Wenn Deutschland seinen Haushalt beschließt – und der Ölmarkt auf OPEC+ wartet

Deutschland beschließt Haushalt mit 180 Mrd. Euro Neuverschuldung, während Rentenstreit die Koalition belastet und Gold als Krisengewinner glänzt.

Kurz zusammengefasst:
  • Rekordinvestitionen bei Verteidigung und Sozialausgaben
  • Rentenkompromiss mit umfassender Reformankündigung
  • Arbeitsmarkt stagniert trotz leicht sinkender Arbeitslosigkeit
  • Goldpreis-Rally setzt sich in unsicheren Zeiten fort

Guten Morgen aus der Redaktion,

während in Washington die politischen Schockwellen nach den tödlichen Schüssen auf Nationalgardisten noch nachhallen, hat der Bundestag gestern Abend etwas getan, das in normalen Zeiten kaum Schlagzeilen gemacht hätte: Er hat einen Haushalt verabschiedet. Doch dieser Etat für 2026 ist alles andere als gewöhnlich. Mit einer Neuverschuldung von über 180 Milliarden Euro – so hoch wie zuletzt nur in der Corona-Pandemie – setzt die schwarz-rote Koalition ein Signal: Deutschland nimmt Schulden auf, um zu investieren. Oder zumindest soll es so aussehen. Gleichzeitig kämpft die Regierung an mehreren Fronten: Ein Rentenstreit droht die eigene Mehrheit zu gefährden, während die Wirtschaft weiter schwächelt und der Arbeitsmarkt keine Erholung zeigt. Heute werfen wir einen Blick auf die Haushalts-Architektur, die Spannungen in der Koalition – und warum ausgerechnet Gold in diesem Umfeld zum großen Gewinner wird.


524,5 Milliarden Euro: Deutschlands Haushalt zwischen Rekordinvestitionen und Realitätsprüfung

Der Bundestag hat gestern den Bundeshaushalt 2026 beschlossen – mit Ausgaben von 524,5 Milliarden Euro, das sind 21,5 Milliarden mehr als im laufenden Jahr. Die Schuldenbremse wird formal eingehalten, doch nur dank der im Frühjahr beschlossenen Lockerungen für Verteidigungsausgaben. Allein im Kernhaushalt werden Schulden von fast 98 Milliarden Euro aufgenommen, hinzu kommen Kredite aus Sondertöpfen für Bundeswehr und Infrastruktur. Insgesamt dürfte die Neuverschuldung bei mehr als 180 Milliarden Euro liegen.

Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) sprach von „Rekordinvestitionen“ und betonte, die Milliarden müssten jetzt schnell verbaut werden. Doch die Verteilung der Mittel offenbart Prioritäten, die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch brisant sind: Mehr als ein Drittel des Haushalts fließt in den Arbeits- und Sozialetat, vor allem wegen steigender Zuschüsse zur Rentenversicherung. Die Ausgaben für Verteidigung steigen auf 108 Milliarden Euro – ein Höchststand seit Ende des Kalten Krieges. Allein 11,5 Milliarden Euro gehen als militärische Hilfe an die Ukraine, der höchste Betrag seit Kriegsbeginn.

Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) kann zusätzlich zu fast 14 Milliarden Euro im Kernhaushalt noch über 21 Milliarden aus einem schuldenfinanzierten Infrastrukturfonds verfügen. Die Opposition reagierte erwartungsgemäß kritisch: Die AfD warnte vor Milliarden-Zinszahlungen, Grüne und Linke bemängelten, dass die Koalition ihre „riesigen zusätzlichen Verschuldungsmöglichkeiten“ nicht für echte Zukunftsinvestitionen nutze, sondern für „Wahlgeschenke“.

Klingbeil selbst bezeichnete den Haushalt 2026 als „Warm-up“. Die eigentliche Herausforderung warte 2027 und 2028: Dort klaffen nach der jüngsten Steuerschätzung allein für 2027 noch Lücken von 22 bis 23 Milliarden Euro. Ein Sparpaket wird diskutiert – Steuererhöhungen, Subventionskürzungen, Programmstreichungen. Die Frage ist nicht, ob gespart wird, sondern wo.


Rentenstreit: Wenn die Junge Union die Koalition herausfordert

Parallel zum Haushalt droht der Koalition ein weiterer Konflikt: das Rentenpaket. Die Junge Gruppe in der Unionsfraktion hatte mit Ablehnung gedroht – eine potenzielle Gefahr für die schwarz-rote Mehrheit im Bundestag. Der Streitpunkt: Die Absicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2031 und die Frage, von welchem Ausgangsniveau aus die Rentenberechnungen nach 2031 erfolgen sollen.

Nach fast sechsstündigen Beratungen im Koalitionsausschuss in der Nacht zum Freitag einigten sich Union und SPD auf einen Kompromiss: Das Rentenpaket bleibt unverändert, wird aber von einem „Begleittext“ flankiert, der eine umfassende Rentenreform verspricht. Eine Rentenkommission soll bis Ende des zweiten Quartals 2026 Vorschläge vorlegen – und ausdrücklich auch die Verlängerung der Lebensarbeitszeit über das Rentenalter 67 hinaus prüfen. Für die SPD war das lange ein Tabu.

Zusätzlich sollen zehn Milliarden Euro aus einem Aktienpaket des Bundes zur Förderung der privaten Altersvorsorge bei der jungen Generation eingesetzt werden. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf betonte, man sei „sehr offen für eine grundsätzliche Rentenreform ab 2031“, doch am jetzigen Paket werde nicht gerüttelt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann zeigte sich zuversichtlich: „Wenn ich mir jetzt ankucke, welche Punkte wir beinhaltet haben, bin ich sicher, dass wir da mit einer stabilen Mehrheit gut durchkommen.“

Ob die Junge Union mitspielt, ist offen. Kanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte weitere Gespräche über das Wochenende an, die endgültige Entscheidung über das Abstimmungsverhalten soll am Dienstag fallen. Die Kritik der jungen Abgeordneten bleibt bestehen: Mit dem jetzigen Paket würden Folgekosten von etwa 120 Milliarden Euro bis 2040 entstehen. Die Opposition sieht das Rentenpaket ohnehin skeptisch – Linken-Chefin Ines Schwerdtner nannte es einen „schlechten Witz“.


Arbeitsmarkt: Stagnation mit Ansage

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist im November leicht gesunken – um 26.000 auf 2,885 Millionen. Doch der Blick auf die Jahresentwicklung trübt das Bild: Im Vergleich zum November 2024 sind 111.000 Menschen mehr arbeitslos. Die Arbeitslosenquote liegt bei 6,1 Prozent, 0,2 Punkte höher als vor einem Jahr. Saisonbereinigt stagnierte die Arbeitslosenzahl nahezu – ein Anstieg um nur 1.000 Personen.

Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, fasste die Lage nüchtern zusammen: „Die Schwäche der Konjunktur hält an und der Arbeitsmarkt bleibt ohne Schwung.“ Die Zahl der offenen Stellen sinkt weiter: Im November wurden 624.000 freie Arbeitsplätze gemeldet, 44.000 weniger als vor einem Jahr. Besonders betroffen sind Menschen mit Behinderung: Ihre Arbeitslosenzahl stieg im Oktober um knapp fünf Prozent auf 185.400 – ein Trend, der sich seit Jahren fortsetzt.

Nahles rief Betriebe auf, mehr Schwerbehinderte einzustellen und sich nicht von „Mythen“ über Kündigungsschutz abschrecken zu lassen. Nur 39 Prozent der beschäftigungspflichtigen Unternehmen erfüllen die gesetzliche Quote von mindestens fünf Prozent schwerbehinderter Mitarbeiter. Jedes vierte Unternehmen hat keinen einzigen Schwerbehinderten beschäftigt.

Die Kurzarbeit bleibt auf niedrigem Niveau: Im September erhielten 209.000 Beschäftigte Kurzarbeitergeld, 8.000 weniger als im Vorjahr. Die Koalition plant, die Bezugsdauer auf maximal 24 Monate zu verlängern – Nahles sieht das kritisch und verweist auf Mehrkosten von 100 bis 180 Millionen Euro für die Bundesagentur, die sich bereits im Defizit befindet.


Gold auf Rekordjagd: Warum das Edelmetall in Krisenzeiten glänzt

Während Staatsschulden steigen und das Vertrauen in Währungen bröckelt, erlebt Gold eine bemerkenswerte Rally. Der Goldpreis bewegt sich in einem steilen Aufwärtstrend – und Goldman Sachs hält inzwischen 5.000 US-Dollar pro Unze für möglich, sollte nur ein Prozent der US-Staatsanleihen im Privatbesitz in das Edelmetall umgeschichtet werden.

Die Treiber sind vielfältig: Die Inflation in den Industrieländern bleibt erhöht, in den USA pendelt sie um drei Prozent, im Euroraum über zwei Prozent. Gleichzeitig kämpfen große Volkswirtschaften wie die USA und Frankreich mit hohen Haushaltsdefiziten und ausufernden Staatsschulden. In den USA stellt Präsident Trump zudem die Unabhängigkeit der Federal Reserve zunehmend in Frage – ein Alarmsignal für Anleger. Der US-Dollar ist gegenüber dem Euro im laufenden Jahr sehr schwach, ein weiteres Zeichen für Vertrauensverlust.

Zentralbanken reagieren: China baut seine Goldbestände seit Jahren massiv aus und zählt zu den größten Käufern am Markt. Auch andere Notenbanken diversifizieren ihre Reserven weg von Staatsanleihen. Verstärkt wird dieser Trend durch politische Krisen – Kriege, Handelskonflikte, geopolitische Spannungen –, die die Suche nach „sicheren Häfen“ befeuern.

Für Anleger bieten sich verschiedene Wege: Physischer Goldkauf geht mit Aufschlägen und Lagerkosten einher. Broker wie eToro ermöglichen direktes Trading mit Hebeln, während ETFs auf Goldminenaktien – etwa von Amundi – einen mittelfristigen Einstieg mit überproportionaler Hebelwirkung auf Goldpreisbewegungen bieten. Die Gewinne von Minengesellschaften reagieren aufgrund der Fixkostendegression besonders stark auf Preisänderungen.


Ölmarkt in Wartestellung: OPEC+ tagt, WTI-Handel unterbrochen

Der Ölmarkt bewegt sich in einem merkwürdigen Schwebezustand. Brent-Rohöl stieg am Freitag leicht auf 63,60 Dollar pro Barrel, während der Handel mit US-Rohöl WTI aufgrund eines Systemausfalls bei der Börse CME Group stundenlang eingefroren war. Eine Kühlungsstörung in den CyrusOne-Rechenzentren legte alle Futures- und Optionskontrakte auf Globex lahm – ein seltenes technisches Versagen mit erheblichen Auswirkungen.

Inhaltlich dominiert die Unsicherheit über die Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Anfang der Woche waren die Preise stark gefallen, als Anzeichen für ein baldiges Abkommen aufkamen. Doch die Gespräche ziehen sich hin, und die Hoffnung auf eine schnelle Lösung schwindet. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte, die von den USA und der Ukraine diskutierten Entwürfe könnten zur Grundlage künftiger Vereinbarungen werden – doch ohne größere Zugeständnisse werde Russland weiterkämpfen.

Am Sonntag trifft sich OPEC+ – und Marktbeobachter erwarten keine Änderungen an den Produktionsniveaus. Stattdessen dürfte die Gruppe einen Mechanismus zur Bewertung der maximalen Produktionskapazität ihrer Mitglieder beschließen. Saudi-Arabien, der weltgrößte Ölexporteur, wird voraussichtlich seine Januar-Preise für asiatische Käufer zum zweiten Mal in Folge senken – auf das niedrigste Niveau seit fünf Jahren. Der Druck durch reichliches Angebot und die Aussicht auf einen Angebotsüberschuss lasten auf den Preisen.

Beide Kontrakte, Brent und WTI, steuern auf den vierten monatlichen Verlust in Folge zu – die längste Verlustserie seit 2023. Rystad-Analyst Janiv Shah sieht die Stärke der Raffineriemargen als kurzfristige Stütze, doch die bearishe Wirkung des bevorstehenden Überangebots dominiere.


Ausblick: Eine Woche der Entscheidungen

Die kommenden Tage bringen wichtige Termine: Am Dienstag entscheidet die Unionsfraktion über ihr Abstimmungsverhalten beim Rentenpaket. Am Mittwoch legt die EZB ihre Inflationsdaten für die Eurozone vor – erste Bundesländer-Zahlen aus Deutschland deuten auf eine stabile Teuerungsrate von 2,3 Prozent hin. Am Sonntag tagt OPEC+, und die Märkte werden genau beobachten, ob die Gruppe Signale für eine Produktionsänderung sendet.

In Washington verarbeitet man derweil die Schüsse auf Nationalgardisten. Präsident Trump kündigte einen weitreichenden Aufnahmestopp für Menschen aus „Dritte-Welt-Ländern“ an – eine drastische Verschärfung seiner ohnehin restriktiven Migrationspolitik. Die Rhetorik ist scharf, die Details unklar. Doch die Botschaft ist eindeutig: Trump setzt auf Härte und bedient damit seine Basis.

Zwischen Haushaltsdebatten, Rentenstreit und geopolitischen Unsicherheiten bleibt eine Konstante: Gold glänzt. Solange Staatsschulden steigen, Währungen schwächeln und politische Krisen andauern, dürfte das Edelmetall seine Rally fortsetzen. Die Frage ist nicht, ob Anleger umschichten – sondern wie schnell.

Ich wünsche Ihnen ein erkenntnisreiches Wochenende.

Eduard Altmann
Freitag, 28. November 2025

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