Liebe Leserinnen und Leser,
wer heute auf die Kurstafeln in Frankfurt blickt, könnte meinen, die Finanzwelt habe sich bereits in den Winterschlaf verabschiedet. Der DAX pendelt am heutigen Montagnachmittag lethargisch um die Marke von 24.300 Punkten, die Umsätze sind dünn, die Volatilität scheint wie weggeblasen.
Doch der Schein trügt gewaltig. Während in Deutschland die Bücher geschlossen werden, findet an den globalen Märkten eine historische Fluchtbewegung statt. Abseits der trägen Standardwerte spielt sich eine fundamentale Neubewertung ab, die lauter kaum sein könnte: Gold durchbricht Schallmauern, Elon Musk gewinnt einen jahrelangen Machtkampf, und im MDAX wird die „Zeitenwende“ exekutiert.
Hier ist, was Sie heute wissen müssen, um die Stille vor dem Sturm richtig zu deuten.
Das Misstrauensvotum: Gold bei 4.403 Dollar
Beginnen wir mit der wichtigsten Zahl des Tages: 4.403 US-Dollar. Diesen Preis erreichte die Feinunze Gold im heutigen Handel. Damit steuert das Edelmetall mit einem Jahresplus von fast 70 Prozent auf das beste Jahr seit 1979 zu. Auch der „kleine Bruder“ Silber zieht mit und markiert bei knapp 69,50 Dollar ein neues Rekordhoch.
Was treibt diese Rallye so kurz vor dem Jahreswechsel? Es ist eine toxische Mischung aus geopolitischer Angst – der Blick richtet sich nervös auf Iran, Israel und Venezuela – und einer Wette gegen die Geldpolitik. Die Märkte preisen für 2026 aggressive Zinssenkungen der Fed ein, was den US-Dollar schwächt; der Dollar-Index DXY verlor im Jahresverlauf bereits rund 9 Prozent.
Die Analyse: Gold fungiert hier nicht mehr nur als klassischer Krisenschutz. Der Anstieg auf über 4.400 Dollar ist ein vorweggenommenes Misstrauensvotum gegen die Kaufkraft der Papierwährungen im kommenden Jahr. Wenn Analysten von Bank of America bis JPMorgan nun Kursziele von 5.000 Dollar für Ende 2026 ausrufen, wirkt das angesichts dieser Dynamik nicht mehr wie Utopie, sondern wie der nächste logische Schritt.
Triumph des Patriarchen: Musks Milliarden-Comeback
Jenseits des Atlantiks sorgt ein juristischer Paukenschlag für Aufsehen, der die Machtverhältnisse im Silicon Valley zementiert. Der Oberste Gerichtshof von Delaware hat heute das 2018 vereinbarte Vergütungspaket für Elon Musk wieder in Kraft gesetzt.
Es geht um Aktienoptionen im Wert von aktuell rund 55 Milliarden US-Dollar (bzw. 139 Milliarden Dollar nach aktueller Bewertung der Optionen). Nachdem eine untere Instanz das Paket Anfang 2024 noch kassiert hatte, ist dies nun der definitive Sieg für den Tesla-Chef. Die Aktie reagierte vorbörslich mit einem Plus von 1,4 Prozent.
Dies ist mehr als nur ein Zahltag für den reichsten Menschen der Welt. Das Urteil festigt Musks Kontrolle über Tesla – sein Anteil könnte auf über 18 Prozent steigen – und sendet ein klares Signal: Der Wille der Aktionäre, die das Paket mehrfach bestätigten, wiegt schwerer als richterliche Bedenken zur Corporate Governance. Passend dazu bürgt Oracle-Gründer Larry Ellison persönlich mit über 40 Milliarden Dollar für die Übernahme von Warner Bros. Discovery. Es ist die Woche der großen Tech-Patriarchen.
Wachablösung im MDAX: Torpedos statt Kochboxen
Während Gold glänzt, sortiert sich die „zweite Reihe“ der deutschen Börse neu. Der heutige Indexwechsel im MDAX könnte symbolischer kaum sein für den Wandel der deutschen Wirtschaftsstruktur.
Die Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) ist ab heute offiziell gelistet. Der Rüstungskonzern und Börsenneuling startete stark und legte am Nachmittag über 2 Prozent auf 65,40 Euro zu – beflügelt von Meldungen über Rekordaufträge für Torpedos. Ihm zur Seite springt der Laser-Spezialist Aumovio, der ebenfalls aufsteigt.
Der Abstieg ist ebenso bezeichnend: HelloFresh muss den MDAX verlassen und findet sich im SDAX wieder. Der Weg vom Pandemie-Liebling zum Nebenwert spiegelt die Normalisierung des Konsumverhaltens wider. Auch Gerresheimer muss weichen.
Der Kontext: Die „Old Economy“ in ihrer härtesten Form – Verteidigungstechnik – verdrängt die E-Commerce-Stars von gestern. Wer ETFs auf diese Indizes hält, hat diese Umschichtung heute automatisch im Depot vollzogen.
Krypto-Erholung und KI-Stromhunger
Erinnern Sie sich an den Krimi um die 88.000-Dollar-Marke, den wir gestern beleuchtet haben? Die Bullen haben geantwortet. Bitcoin hat heute die psychologisch wichtige Hürde von 90.000 US-Dollar zurückerobert und notiert bei gut 90.200 Dollar. Händler sprechen bereits von einer „Santa Rally“, getrieben durch die Hoffnung auf billiges Geld in 2026. Doch Vorsicht bleibt geboten: In den dünnen Feiertagsmärkten können Bewegungen schnell in beide Richtungen eskalieren.
Einen Dämpfer für die Tech-Euphorie liefert indes Michael Burry. Der „Big Short“-Investor warnte am Wochenende davor, dass die USA das KI-Rennen gegen China verlieren könnten. Sein Argument ist physischer Natur: Nicht fehlende Chips seien das Problem, sondern fehlender Strom. Nvidias energiehungrige Architektur führe in eine Sackgasse. Eine steile These, die jedoch angesichts der Debatten um die Stromversorgung von Rechenzentren (etwa in Texas) einen wunden Punkt der KI-Story trifft.
Genau zu diesem Thema hat Börsenexperte Bernd Wünsche eine fundierte Analyse durchgeführt. In seinem kostenlosen Webinar beleuchtet er die strukturellen Gewinner der Chip-Revolution und zeigt, welche 4 Halbleiter-Aktien vom KI-Boom profitieren könnten – unabhängig von den Stromfragen, die Burry aufwirft. Sie erfahren, wie Sie als Anleger von der Billion-Dollar-Dynamik in diesem Sektor profitieren können. Details zur Chip-Analyse von Bernd Wünsche
Ein Lichtblick im Sauerland
Zum Schluss eine Nachricht, die nichts mit Kursen, aber viel mit der deutschen Standortqualität zu tun hat: Die Rahmedetalbrücke auf der A45 ist wieder offen. Vier Jahre nach der Sperrung rollt der Verkehr. Friedrich Merz kommentierte heute lakonisch: „Deutschland kann Infrastruktur.“ Ob das für das gesamte Land gilt, bleibt diskussionswürdig, doch für die Logistik im Sauerland ist es das wichtigste Weihnachtsgeschenk des Jahres.
Das Fazit
Lassen Sie sich von der Ruhe im DAX nicht täuschen. Die massiven Bewegungen bei Gold und die Volatilität bei US-Tech-Werten zeigen, dass unter der Oberfläche gewaltige Strömungen wirken. Nutzen Sie die kommenden ruhigen Tage nicht nur zur Erholung, sondern auch, um Ihr Portfolio auf die Szenarien für 2026 – schwacher Dollar, starke Rohstoffe, Renaissance der „Hard Assets“ – abzuklopfen.
Ich wünsche Ihnen einen entspannten Feierabend und eine glückliche Hand bei den letzten Transaktionen des Jahres.
Herzlichst,
Ihr
Eduard Altmann
