Ein Vorstandswechsel zieht bei Evonik eine ungewöhnliche Fußnote im Corporate-Governance-Bericht nach sich. Der Spezialchemiekonzern meldet eine vorsorgliche Abweichung vom Deutschen Corporate Governance Kodex – ausgerechnet bei den Abfindungsregeln. Für Anleger stellt sich die Frage: Wie teuer wird der Abschied der früheren Finanzvorständin für den Konzern tatsächlich?
Abweichung von Empfehlung G.13
Evonik hat seine Entsprechenserklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex aktualisiert und eine Abweichung von Empfehlung G.13 angezeigt. Diese Empfehlung begrenzt Abfindungen für vorzeitig ausscheidende Vorstände auf zwei Jahresvergütungen und auf die Restlaufzeit des Vertrags.
Kern des Vorgangs ist das Ausscheiden der ehemaligen CFO Maike Schuh, die ihr Amt bereits am 18. September 2025 niedergelegt hat. Die genaue Höhe der an sie zu leistenden Zahlungen steht noch nicht fest. Aufgrund vertraglicher Regelungen und offener Parameter könnten die finalen Beträge jedoch über dem in G.13 vorgesehenen „Abfindungs-Cap“ liegen.
Da der Kodex nicht eindeutig regelt, wie mit zukünftig möglichen, noch nicht exakt bezifferbaren Zahlungen umzugehen ist, haben Vorstand und Aufsichtsrat vorsorglich die Abweichung erklärt. Der Schritt soll rechtliche Klarheit schaffen und dokumentieren, dass mögliche Überschreitungen der Empfehlung im Voraus transparent gemacht werden.
Die Kernpunkte der Meldung:
- Abweichung vom Deutschen Corporate Governance Kodex bei Empfehlung G.13
- Mögliche Überschreitung des Abfindungs-Caps von zwei Jahresvergütungen
- Hintergrund ist der vorzeitige Abschied der früheren CFO Maike Schuh
- Exakte Zahlungshöhe noch offen, formale Vorabmeldung aus Transparenzgründen
Einordnung im Kontext des Konzernumbaus
Die Governance-Meldung ist mehr als eine Formalie im Bundesanzeiger. Sie steht im Zusammenhang mit den tiefgreifenden Veränderungen im Konzern. Der Rücktritt der Finanzvorständin fiel in eine Phase, in der Evonik mit dem Programm „Evonik Tailor Made“ Verwaltung und Kostenbasis strafft.
Dass nun Monate nach dem Abschied der Managerin noch Vergütungsfragen nachjustiert werden müssen, zeigt die Komplexität der Trennung. Für Investoren ist das aus zwei Gründen relevant:
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- Es weist auf mögliche außerordentliche Aufwendungen hin, die in Bilanz und Ergebnis sichtbar werden können.
- Es macht deutlich, dass der personelle Umbau im Vorstand – zumindest finanziell – noch nicht vollständig abgeschlossen ist.
Im Branchenumfeld gelten Abfindungen oberhalb des Kodex-Caps als sensibles Thema. Auf Hauptversammlungen werden solche Fälle regelmäßig kritisch adressiert. Mit der frühzeitigen Offenlegung per Entsprechenserklärung dürfte Evonik darauf abzielen, Governance-Diskussionen zu entschärfen und Vertrauen in die eigenen Kontrollstrukturen zu unterstreichen.
Aktie nahe Jahrestief, Technik angeschlagen
An der Börse spiegelt sich die Governance-Frage in einer ohnehin schwachen Kursentwicklung. Die Aktie schloss am Freitag bei 13,30 Euro und liegt damit rund 40 % unter ihrem 52‑Wochen‑Hoch vom März. Seit Jahresbeginn summiert sich das Minus auf gut 20 %, über zwölf Monate auf knapp 25 %.
Charttechnisch bleibt das Bild belastet:
– Der Kurs notiert klar unter dem 200‑Tage‑Durchschnitt von 17,03 Euro (Abstand knapp –22 %).
– Auch der 50‑Tage‑Durchschnitt von 13,85 Euro wird unterschritten.
– Der 14‑Tage‑RSI von 15,8 signalisiert allerdings einen stark überverkauften Zustand.
Damit bewegt sich die Aktie zwar nur knapp über ihrem 52‑Wochen‑Tief von 12,83 Euro, die technische Ausgangslage ist jedoch fragil. Die Governance-Nachricht dürfte für sich genommen keine Trendwende auslösen, kann aber als weiterer Mosaikstein in der Gesamtwahrnehmung des Titels wirken.
Ausblick auf die neue Woche
Zum Start in die neue Handelswoche spricht vieles dafür, dass der Markt die Kodex-Abweichung eher als administrative und formale Information einordnet. Inhaltlich steht kein Strategiewechsel im Raum, sondern eine präzise Offenlegung möglicher Abfindungsfolgen.
Spannend wird, wie sich die Zahlungen bilanziell niederschlagen:
- Entscheidend ist, ob entsprechende Rückstellungen bereits in der Planung für das vierte Quartal 2025 berücksichtigt wurden.
- Offene Punkte bleiben vor allem die exakte Höhe und der Zeitpunkt der finalen Festlegung der Zahlungen.
Für die Aktie dürfte daher vorerst das Zusammenspiel aus schwachem Kursniveau, überverkauften technischen Indikatoren und dem Fortschritt des Programms „Evonik Tailor Made“ wichtiger bleiben als die formale Governance-Abweichung. Sobald Evonik die konkreten Beträge beziffert und deren Behandlung in den Zahlen erläutert, lässt sich der finanzielle Effekt des CFO-Abschieds klarer bewerten.
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