Liebe Leserinnen und Leser,
während sich der DAX bei exakt 24.292 Punkten in den Weihnachtsfrieden verabschiedet hat und in den deutschen Wohnzimmern die vierte Kerze brennt, gönnt sich die Weltgeschichte keine Pause. Es ist eine trügerische Ruhe, die über den geschlossenen Parkettböden Frankfurts liegt. Denn wer an diesem Sonntag den Blick von der Kaffeetafel hebt und auf die digitalen Handelsplätze oder nach Übersee richtet, sieht tektonische Verschiebungen, die keine Feiertage kennen.
Japan zwingt das globale Kapital zur Neuorientierung, im Silicon Valley wurde soeben ein geopolitischer gordischer Knoten durchschlagen, und am Krypto-Markt tobt ein Kampf, der eher an einen Thriller als an besinnliche Vorfreude erinnert.
Willkommen zu Ihrer Sonntagslektüre. Lassen Sie uns die Geschenke auspacken – und analysieren –, die die Weltwirtschaft uns kurz vor Jahresschluss noch vor die Tür gelegt hat.
Das Ende des „Gratis-Geldes“: Die Folgen des Tokio-Schocks
Wir haben gestern bereits den historischen Schritt der Bank of Japan (BoJ) beleuchtet, den Leitzins auf 0,75 Prozent anzuheben. Doch am Sonntag, mit etwas Abstand zum ersten Ticker-Lärm, wird das volle Ausmaß dieser Zäsur deutlich.
Warum ist dies der wichtigste makroökonomische Dominostein des Jahresendes? Weil der Yen jahrzehntelang die günstigste Finanzierungsquelle für die Welt war. Wenn Geld in Tokio plötzlich einen Preis hat, versiegt der berühmte „Carry Trade“. Liquidität, die bisher billig geliehen und weltweit investiert wurde, fließt ab. Die BoJ signalisiert zudem unmissverständlich: Dies war nicht der letzte Schritt. Auch wenn Goldman Sachs für 2026 Gewinnwachstum in Japan prognostiziert, müssen sich globale Portfolios an einen neuen Anker gewöhnen. Die Ära der ultralockeren Geldpolitik ist vorbei – und das spüren Risiko-Assets zuerst.
Der 88.000-Dollar-Krimi: Wale gegen Saylor
Nirgendwo zeigt sich der Entzug der Liquidität an diesem Wochenende dramatischer als im Krypto-Sektor. Bitcoin kämpft am heutigen Sonntag erbittert um die Marke von 88.000 US-Dollar. Vom Allzeithoch bei über 124.000 Dollar kommend, entspricht dies einer schmerzhaften Korrektur von rund 33 Prozent.
Hinter den Kulissen spielt sich ein faszinierendes Psychodrama ab:
* Die Bären: On-Chain-Daten belegen, dass sogenannte „Wale“ (Großinvestoren) ihre Bestände in den letzten Tagen massiv reduziert haben. Hinzu kamen Liquidationen von Long-Positionen im Volumen von 600 Millionen Dollar.
* Die Bullen: Auf der Gegenseite steht Michael Saylor. Sein Unternehmen MicroStrategy kaufte allein Mitte Dezember für fast eine Milliarde Dollar nach. Seine Wette: Die Volatilität ist irrelevant, das Asset ist reif.
Technisch gesehen wandeln Anleger auf einem schmalen Grat. Ein nachhaltiger Rutsch unter die 88.000er-Unterstützung könnte laut Analysten den Weg bis auf 56.000 Dollar ebnen – das wäre der „Realized Price“ des Netzwerks, ein klassischer Boden in früheren Zyklen. Für Krypto-Investoren dürfte das Adventsgebäck heute einen bitteren Beigeschmack haben.
Der TikTok-Deal: Oracle gewinnt das Schachspiel
Während die Zinsfront verhärtet ist, löste sich in den USA eine der größten tech-politischen Hängepartien. ByteDance hat kurz vor Toresschluss – die Deadline für ein US-Verbot wäre der 23. Januar 2026 gewesen – den Verkauf der Mehrheit an TikTok USA besiegelt.
Die Käufer sind alte Bekannte der Wall Street: Ein Konsortium um Oracle, Silver Lake und die MGX aus den Emiraten übernimmt das Ruder. Oracle sichert sich damit weit mehr als nur eine Trophäe; der Konzern gewinnt die Hoheit über die Daten von 170 Millionen US-Nutzern. Der Plan: Der Algorithmus soll künftig auf US-Servern und mit US-Daten neu trainiert werden.
Für den Markt weicht Unsicherheit der Klarheit. Oracle festigt seine Position als Cloud-Infrastruktur-Gigant, und die Gefahr einer abrupten Abschaltung einer der wichtigsten globalen Werbeplattformen ist gebannt. Ein Sieg des Pragmatismus über die Konfrontation.
Sollten Anleger sofort verkaufen? Oder lohnt sich doch der Einstieg bei Oracle?
Europas Chemie: Die dunkelste Stunde vor der Dämmerung?
Ein Blick zurück nach Europa liefert ernüchternde, aber potenziell lukrative Kost. Eine aktuelle Analyse der UBS attestiert der europäischen Chemieindustrie die schwächste Konjunkturphase seit 40 Jahren.
Vier Jahrzehnte. Das ist kein normaler Zyklus mehr, das ist eine strukturelle Krise. Doch genau hier wittern Strategen Morgenluft für 2026. Der Schlüssel liegt – wie so oft – in China. Erwartete Kapazitätsreduzierungen im Reich der Mitte könnten den Preisdruck auf europäische Hersteller im kommenden Jahr lindern. Die UBS hebt bereits den Daumen für Titel wie Air Liquide und – aus deutscher Sicht besonders spannend – Wacker Chemie (Kursziel auf 79 Euro angehoben). Es ist die klassische antizyklische Wette: Man kauft nicht, wenn die Partymusik spielt, sondern wenn die Fabrikhallen noch stillstehen.
KI-Boom 2.0: Micron und die Hardware-Schlacht
Wer glaubt, der KI-Trend habe seinen Zenit überschritten, sollte die Zahlen von Micron Technology studieren. Der US-Speicherchip-Hersteller meldete einen Umsatzsprung von satten 57 Prozent. Die Botschaft aus den Bilanzen ist eindeutig: Der Hunger der Rechenzentren nach Speicher ist unersättlich.
Der Infrastruktur-Ausbau diversifiziert sich zudem rasant. Intel hat grünes Licht für eine 5-Milliarden-Dollar-Investition von Nvidia erhalten und installiert seine erste High-NA-EUV-Maschine. Auch Amazon schläft nicht: Mit dem „Trainium3″ Chip greift der E-Commerce-Riese Nvidia direkt an und verspricht KI-Kunden 50 Prozent geringere Trainingskosten.
Das Fazit für Ihr Depot: Der Blick muss sich 2026 weiten – weg von der reinen Nvidia-Fixierung hin zur breiteren Wertschöpfungskette der Hardware.
Die jüngsten Entwicklungen in der Halbleiterbranche zeigen das enorme Potenzial dieser Zukunftstechnologie. Börsenexperte Bernd Wünsche analysiert in seinem kostenlosen Webinar „Der Eine-Billion-Dollar-Chip“, welche vier Chip-Aktien vom KI-Boom besonders profitieren könnten und warum die Branche vor einem historischen Wachstumsschub steht. Sie erfahren, welche Unternehmen entlang der gesamten Halbleiter-Wertschöpfungskette jetzt vielversprechend positioniert sind. Kostenlose Chip-Aktien-Analyse ansehen
Das Fazit
Wir gehen in eine verkürzte Handelswoche, die es in sich haben könnte. Der DAX mag ruhen, und selbst die Deutsche Telekom sendet technische Kaufsignale, doch die wahren Impulse kommen von außen. Die Zinswende in Japan entzieht dem Markt Liquidität, während die Tech-Giganten weiter Milliarden in die KI-Infrastruktur pumpen.
Es ist dieses Spannungsfeld zwischen monetärer Straffung in Asien und technologischer Expansion in den USA, das uns ins Jahr 2026 begleiten wird. Genießen Sie die Feiertage, aber behalten Sie Ihre Liquidität im Auge.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Rest des vierten Advents und besinnliche Tage.
Herzlichst,
Ihr
Eduard Altmann
Oracle-Aktie: Kaufen oder verkaufen?! Neue Oracle-Analyse vom 21. Dezember liefert die Antwort:
Die neusten Oracle-Zahlen sprechen eine klare Sprache: Dringender Handlungsbedarf für Oracle-Aktionäre. Lohnt sich ein Einstieg oder sollten Sie lieber verkaufen? In der aktuellen Gratis-Analyse vom 21. Dezember erfahren Sie was jetzt zu tun ist.
Oracle: Kaufen oder verkaufen? Hier weiterlesen...