Die Handelsspannungen zwischen den USA und Asien erreichen eine neue Dimension und spalten die Finanzmärkte der Region. Während Japan trotz Zollrisiken überraschend optimistisch bleibt, kämpft Südkorea mit anhaltenden Exportrückgängen. Gleichzeitig erlebt Hongkong einen spektakulären Boom durch chinesisches Kapital – ein klares Zeichen der sich verschiebenden Machtverhältnisse im globalen Handel.
Japans widersprüchliche Signale
Japan sendet gemischte Signale aus: Die Industrieproduktion wächst erstmals seit 13 Monaten, während die Aufträge bereits den 25. Monat in Folge schrumpfen. Der finale Jibun Bank PMI stieg auf 50,1 Punkte und durchbrach damit knapp die Wachstumsschwelle. Besonders bemerkenswert: Die Unternehmensstimmung der großen Hersteller verbesserte sich überraschend auf +13 Punkte, obwohl die Unsicherheit über US-Zölle weiter zunimmt.
"Die Unternehmen sind hoffnungsvoller geworden", erklärt sich dieser Optimismus trotz der drohenden 25-prozentigen Autozölle. Japanische Firmen planen Investitionen in Höhe von 11,5 Prozent für das laufende Geschäftsjahr – ein deutlicher Anstieg gegenüber den ursprünglich geplanten 3,1 Prozent. Diese Zuversicht scheint paradox, da Präsident Trump Japan wegen seiner restriktiven Reispolitik als "verwöhnt" bezeichnete und mit dem Ende der Handelsgespräche drohte.
Südkorea zwischen Hoffnung und Realität
Südkoreas Exportwirtschaft zeigt ein differenziertes Bild: Die Ausfuhren stiegen im Juni um 4,3 Prozent auf 59,8 Milliarden Dollar, getrieben von der anhaltend starken Technologienachfrage. Halbleiterexporte wuchsen zum vierten Mal in Folge um 11,6 Prozent, allerdings verlangsamte sich das Tempo.
Die Kehrseite offenbart die geopolitischen Verwerfungen: Exporte in die USA fielen bereits den dritten Monat in Folge, während China-Geschäfte den zweiten Monat schrumpften. Der Manufacturing PMI verharrt bei 48,7 Punkten unter der Expansionsschwelle – bereits der fünfte Monat in Folge. Seoul sucht verzweifelt eine Verlängerung der 90-tägigen Zollpause, die in der kommenden Woche ausläuft.
Hongkongs spektakulärer Aufstieg
In diesem angespannten Umfeld erlebt Hongkong einen beispiellosen Boom. Chinesische Investoren pumpten bereits 90 Milliarden Dollar in den Markt und trieben die Kurse um 21 Prozent nach oben. Festland-Investoren stellen mittlerweile 50 Prozent des täglichen Handelsvolumens – ein Anstieg von 30 Prozent zu Jahresbeginn.
"Der Hongkonger Aktienmarkt wird durch Festland-Geld neu bewertet", erklärt Chen Dong von Hangzhou Ultraviolet Private Fund das Phänomen. Die Bewertungsunterschiede zwischen A-Aktien und H-Shares haben sich auf ein Fünf-Jahres-Tief von unter 30 Prozent verengt. Anleger wie der 40-jährige Zhu Haifeng haben bereits 80 Prozent ihres Portfolios nach Hongkong verlagert: "Man will sicherlich weniger für dieselben Vermögenswerte bezahlen."
Inflationsdruck steigt
Parallel verschärft sich der Inflationsdruck in der Region. Großbritanniens Lebensmittelpreise stiegen um 3,7 Prozent – der stärkste Anstieg seit März 2024. Auch Japan meldet steigende Input- und Outputpreise durch höhere Rohstoff-, Arbeits- und Energiekosten.
Diese Entwicklungen erschweren den Zentralbanken die Geldpolitik. Während Neuseeland weitere Zinssenkungen signalisiert, da die Inflationserwartungen nachlassen, steht die Bank of Japan vor einem Dilemma: Steigende Preise sprechen für Zinserhöhungen, die Handelsunsicherheit dagegen.
Ausblick: Fragmentierung nimmt zu
Die regionalen Märkte entwickeln sich zunehmend auseinander. Japans Rekordsteuereinnahmen von 75,2 Billionen Yen könnten vor der Oberhauswahl am 20. Juli zu Steuersenkungen oder höheren Ausgaben führen. Südkorea hofft auf Entspannung durch die neue Regierung unter Präsident Lee Jae Myung, während Hongkong von der sino-amerikanischen Rivalität profitiert.
Die Fragmentierung der Märkte spiegelt die neue geopolitische Realität wider: Während traditionelle Handelsbeziehungen unter Druck geraten, entstehen neue Kapitalströme entlang politischer Grenzen. Hongkongs Transformation zum Tor für chinesisches Kapital markiert dabei den vielleicht bedeutendsten Wandel in der asiatischen Finanzlandschaft seit Jahren.