Bank of Japan setzt Zinsschritt – Märkte blicken nervös voraus

Die japanische Notenbank hebt die Zinsen auf ein Drei-Jahrzehnt-Hoch an. Der Schritt erfolgt trotz schwacher Konjunkturdaten und eines unter Druck stehenden Yen, während andere Zentralbanken lockern.

Kurz zusammengefasst:
  • Leitzins steigt von 0,5 auf 0,75 Prozent
  • Anstieg trotz schrumpfender Industrieproduktion
  • Schwacher Yen heizt Inflationsdruck weiter an
  • Globale Zinsdivergenz belastet japanische Währung

Die Bank of Japan steht kurz davor, die Zinsen auf ein Drei-Jahrzehnt-Hoch anzuheben – ein Schritt, der weit über Japans Grenzen hinaus Wellen schlägt. Während die meisten Notenbanken weltweit ihre Geldpolitik lockern, geht Tokio den entgegengesetzten Weg. Am Freitag dürfte die BOJ den Leitzins von 0,5% auf 0,75% erhöhen und damit ein weiteres Zeichen setzen, dass die Ära der Nullzinspolitik endgültig vorbei ist. Doch die Entscheidung kommt zu einem heiklen Zeitpunkt: Drohende US-Zölle und ein schwächelnder Yen erschweren Gouverneur Kazuo Ueda die Balance zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumsförderung.

Inflation treibt, Yen schwächelt – ein gefährlicher Cocktail

Fast vier Jahre lang liegt die japanische Inflation über dem Zielwert von 2%. Die steigenden Lebensmittelpreise belasten die Haushalte massiv: Über 20.000 Nahrungsmittel verteuerten sich 2025, ein Anstieg von 64,6% gegenüber dem Vorjahr. Zwar erwarten Analysten für 2026 eine Entspannung, doch hängt dies maßgeblich vom Yen-Kurs ab. Der schwache Yen macht Importe teurer und heizt die Inflation weiter an – ein Teufelskreis, den die BOJ durchbrechen muss.

Finanzministerin Satsuki Katayama signalisierte grünes Licht für die Zinserhöhung: „Es gibt keine Diskrepanz zwischen Regierung und Notenbank bei der Einschätzung der Wirtschaft.“ Eine klare Botschaft, dass Tokio höhere Zinsen toleriert, um die Währung zu stabilisieren. Denn ein weiterer Yen-Verfall würde nicht nur die Inflation anheizen, sondern auch das Vertrauen der Verbraucher erschüttern. Die Regierung steht bereit, notfalls am Devisenmarkt zu intervenieren – ein Signal, dass man exzessive Währungsschwäche nicht dulden wird.

Arbeitsmarkt robust, Produktion schwach – widersprüchliche Signale

Die BOJ kann sich bei ihrer Entscheidung auf einen robusten Arbeitsmarkt stützen. Eine außerplanmäßige Umfrage vom Montag ergab, dass die meisten Unternehmen 2026 kräftige Lohnerhöhungen planen – getrieben von akutem Arbeitskräftemangel. Diese Lohn-Preis-Spirale ist genau das, worauf Ueda gewartet hat, um Zinserhöhungen zu rechtfertigen. Gleichzeitig warnen die jüngsten Einkaufsmanagerindizes vor Gegenwind: Die Produktion im verarbeitenden Gewerbe schrumpft seit sechs Monaten in Folge. Der Manufacturing PMI kletterte zwar im Dezember auf 49,7 Punkte, bleibt aber weiter unter der Wachstumsschwelle von 50.

Besonders besorgniserregend: Während der Dienstleistungssektor noch wächst, verliert er an Schwung. Der Services PMI fiel von 53,2 auf 52,5 Punkte. Verkaufspreise steigen so schnell wie seit acht Monaten nicht mehr – ein Zeichen, dass Unternehmen höhere Kosten an Verbraucher weitergeben. Die Kombination aus schwacher Produktion, steigenden Preisen und sinkenden Reallöhnen könnte die Konsumstimmung weiter belasten.

Globale Unsicherheit – der Trump-Faktor

Die BOJ agiert nicht im Vakuum. US-Präsident Donald Trumps protektionistische Handelspolitik wirft lange Schatten voraus. Japanische Großunternehmen befürchten höhere US-Zölle – eine Umfrage der BOJ zeigte zwar kurzfristig robuste Geschäftserwartungen, doch die Prognosen für das kommende Quartal verdüsterten sich merklich. „Das globale Wirtschaftsumfeld ist nicht länger ungünstig“, hieß es kürzlich aus Peking nach einer wichtigen Wirtschaftskonferenz – doch ob diese Einschätzung realistisch ist, bleibt fraglich angesichts der Handelsspannungen.

Während Japan die Zinsen erhöht, senken andere Notenbanken ihre Sätze. Die Bank of England dürfte am Donnerstag mit knappster Mehrheit (5:4 Stimmen) die Zinsen senken, die Europäische Zentralbank könnte 2026 sogar über Erhöhungen nachdenken. Diese Divergenz macht den Dollar attraktiver und setzt den Yen weiter unter Druck – ein Dilemma für die BOJ.

Der vorsichtige Pfad nach oben

Ueda hat eine Zinserhöhung im Dezember faktisch vorab angekündigt. Nun richtet sich der Blick auf seine Pressekonferenz nach der Sitzung: Wie schnell will die BOJ weiter erhöhen? Experten erwarten vorsichtige Signale. Die Notenbank schätzt den neutralen Zinssatz auf 1% bis 2,5% – noch ist also Luft nach oben. Doch mit jedem Zinsschritt steigt das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen: Höhere Kreditkosten könnten Unternehmen belasten, steigende Refinanzierungskosten den Staatshaushalt unter Druck setzen.

„Sowohl ein schwacher Yen als auch höhere Zinsen können Verbraucherpreise, Produktionskosten und Finanzierungskosten erhöhen und damit die Unternehmensstimmung belasten“, warnt Kei Fujimoto, Ökonom bei SuMi TRUST. Er erwartet nicht, dass der Yen nach der bereits eingepreisten Zinserhöhung stark aufwertet – zu groß sind die Sorgen über Japans Haushaltsprobleme.

Ausblick: Datenflut und Notenbankmarathon

Die kommenden Tage werden turbulent. Neben der BOJ-Entscheidung am Freitag treffen auch die Bank of England und die EZB ihre letzten Zinsentscheide des Jahres. Dazu kommt eine Flut US-Daten, die durch den Regierungsstillstand verzögert wurden: Der November-Arbeitsmarktbericht erscheint am Dienstag, Inflationszahlen folgen am Donnerstag. Diese Daten dürften entscheidend sein für die Frage, ob die Federal Reserve Anfang 2026 weitere Zinssenkungen vornimmt – was wiederum Druck vom Dollar nehmen würde.

Für die Bank of Japan bleibt die Gratwanderung anspruchsvoll: Zu aggressive Zinserhöhungen könnten die ohnehin schwache Konjunktur abwürgen, zu zögerliches Handeln den Yen weiter schwächen und die Inflation außer Kontrolle geraten lassen. Der Zinsschritt am Freitag ist nur ein weiterer Schritt auf einem langen, unsicheren Weg zurück zur geldpolitischen Normalität.

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