BP steckt in einer heiklen Zwischenphase: Ein riesiges Schiedsverfahren in Indien trifft auf einen tiefgreifenden Konzernumbau. Auf der einen Seite stehen mögliche Milliardenbelastungen, auf der anderen ein großer Asset-Verkauf zur Entschuldung. Im Kern geht es darum, ob die Bilanzstärkung durch die Castrol-Transaktion die rechtlichen Risiken aus Indien ausreichend kompensieren kann.
Gigantische Forderung aus Indien
Die schwerste Hypothek ist derzeit der Rechtsstreit mit der indischen Regierung. Behörden in Indien verlangen mehr als 30 Milliarden US‑Dollar Entschädigung von BP und Partner Reliance Industries. Im Zentrum steht der Vorwurf, die Unternehmen hätten in den D1- und D3-Offshorefeldern im Krishna-Godavari-Becken zu wenig Gas gefördert und vereinbarte Produktionsziele verfehlt.
Der Konflikt schwelt bereits seit 2016 in einem Schiedsverfahren, hat sich mit der nun bezifferten Schadenersatzforderung aber deutlich zugespitzt. Ein finales Urteil wird nicht vor Mitte 2026 erwartet. Die Größenordnung ist brisant: Die geforderte Summe entspricht etwa einem Drittel der aktuellen Marktkapitalisierung von BP und hängt wie ein schwerer Deckel über der Aktie.
Castrol-Deal soll Schulden drücken
Parallel drückt BP bei der strategischen Neuausrichtung aufs Tempo. Ein zentraler Baustein ist der Verkauf einer 65%-Beteiligung an der Schmierstofftochter Castrol an den Infrastrukturinvestor Stonepeak. Die Transaktion bewertet Castrol mit rund 10,1 Milliarden US‑Dollar Unternehmenswert.
Für BP selbst sollen aus dem Deal etwa 6 Milliarden US‑Dollar netto zufließen. Dieses Geld ist vollständig für den Schuldenabbau vorgesehen. Gleichzeitig behält BP einen Anteil von 35% und damit einen Fuß in der Tür für künftiges Wachstum der Marke, ohne das Geschäft weiterhin voll in der eigenen Bilanz zu tragen.
Der Schritt fügt sich in ein größeres Desinvestitionsprogramm über insgesamt 20 Milliarden US‑Dollar ein. Ziel ist ein schlankeres Portfolio mit höherer Profitabilität und ein stärkerer Fokus auf margenstärkere Assets im Bereich der Energiewende.
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Die wichtigsten Punkte im Überblick
- Rechtsstreit in Indien mit Entschädigungsforderung von über 30 Mrd. US‑Dollar
- Schiedsverfahren läuft seit 2016, Entscheidung erst Mitte 2026 erwartet
- Verkauf von 65% an Castrol an Stonepeak, Bewertung rund 10,1 Mrd. US‑Dollar
- Erwarteter Nettozufluss für BP: ca. 6 Mrd. US‑Dollar, komplett für Schuldenabbau
- Desinvestitionsprogramm insgesamt auf 20 Mrd. US‑Dollar angelegt
- BP behält 35% Restbeteiligung an Castrol
Analysten gespalten
Die Reaktionen am Markt fallen entsprechend unterschiedlich aus. Auf der vorsichtigen Seite steht Bank of America (BofA) Securities: Die Analysten bestätigten Ende Dezember ihr „Underperform“-Votum. Ihre Sorge: Mit Castrol verkauft BP eine verlässliche Quelle für freien Cashflow. Aus dieser Sicht verschafft der Verkauf zwar kurzfristig finanzielle Luft, könnte aber die Qualität der künftigen Cashflows verwässern, wenn stabile Ertragsbringer aus dem Portfolio verschwinden.
Deutlich optimistischer zeigt sich Wolfe Research. Hier wurde das Kursziel auf 51 US‑Dollar angehoben. Treiber der positiven Einschätzung ist vor allem der anstehende Führungswechsel: Die Ernennung von Meg O’Neill zur neuen Konzernchefin ab 1. April 2026 wird als mögliche Chance für operative Verbesserungen und eine klarere strategische Ausrichtung gewertet.
Marktreaktion und Einordnung
Trotz der Schlagzeilen um die indische Forderung zeigt sich die Aktie zuletzt relativ robust. Im Handel in London legte der Kurs leicht zu und bewegte sich nur moderat. Gleichzeitig signalisieren einige Kennziffern, dass der Spielraum nach oben durch die Rechtsrisiken und die laufenden Umbaupläne begrenzt bleibt.
Aus Risiko-Sicht stehen zwei Punkte im Vordergrund: Zum einen das potenzielle Milliardenrisiko aus dem indischen Gasstreit, zum anderen die Verwässerung des künftigen Cashflows durch den Castrol-Verkauf. Auf der Chancen-Seite stehen die 6 Milliarden US‑Dollar für den schnellen Schuldenabbau und die Aussicht auf eine strategische Neuaufstellung unter der designierten CEO Meg O’Neill.
Entscheidend für die weitere Entwicklung werden in den nächsten Quartalen vor allem zwei Faktoren sein: Wie sich das Schiedsverfahren in Indien konkret entwickelt und ob BP es schafft, die Lücke aus dem Verkauf von Castrol durch wachstums- und margenstarke Projekte im Kerngeschäft und in der Energiewende zu füllen.
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