Liebe Leserinnen und Leser,
während die Welt wie gebannt auf Trumps Steuerreform-Marathon im US-Senat blickt, vollzieht sich an den Devisenmärkten ein historisches Drama: Der Dollar erlebt seine schlechteste Halbjahresperformance seit über 50 Jahren! Gleichzeitig verschmelzen Silicon Valley und Pentagon zu einer beunruhigenden Allianz, und in Europa bröckelt die Inflationsfront. Was für ein Wochenstart! Lassen Sie uns gemeinsam durch diese tektonischen Verschiebungen navigieren, die unser aller Zukunft prägen werden.
Der Dollar im freien Fall: Historische Schwäche mit System
Es ist offiziell: Der US-Dollar durchlebt gerade seine verheerendste erste Jahreshälfte seit 1973. Ein Minus von über 10 Prozent – das gab es zuletzt, als Nixon das Bretton-Woods-System beerdigt hatte! Der Euro notiert bei stolzen 1,1723 Dollar, das britische Pfund kratzt an der 1,38-Dollar-Marke. Selbst der Schweizer Franken erreicht Niveaus, die wir seit einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen haben.
Was treibt diesen Ausverkauf? Die Antwort führt uns direkt ins Weiße Haus, wo Donald Trump seinen Feldzug gegen Fed-Chef Jerome Powell fortsetzt. "Ich würde es lieben, wenn er zurücktreten würde", polterte der Präsident am Freitag. Powell sei "schrecklich", der Leitzins müsse auf 1 Prozent fallen. Die Märkte preisen bereits 91,5 Prozent Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung bis September ein – vor einer Woche waren es noch 83 Prozent.
Besonders brisant: Trumps 3,3-Billionen-Dollar-Steuerpaket, das gerade durch den Senat gepeitscht wird. Die Republikaner wollen es noch vor dem 4. Juli durchboxen, doch selbst in den eigenen Reihen rumort es. Senator Thom Tillis aus North Carolina wirft nach Trumps Drohungen sogar das Handtuch. Eine Billion hier, eine Billion da – irgendwann wird selbst der geduldigste Anleiheninvestor nervös.
Für uns Europäer ist diese Dollar-Schwäche ein zweischneidiges Schwert. Ja, unsere Exporte werden weniger wettbewerbsfähig. Aber unsere Kaufkraft steigt, Rohstoffe werden billiger, und die EZB gewinnt plötzlich ungeahnten Spielraum. Kein Wunder, dass sich die Notenbanker dieser Woche in Sintra treffen – es gibt viel zu besprechen über die neue Währungsordnung.
Tech goes Military: Die beunruhigende Fusion
Während alle auf Steuern und Zinsen starren, vollzieht sich eine viel tiefgreifendere Transformation: Die Verschmelzung von Big Tech und Big Defense. Die neuesten Zahlen sind erschreckend: Allein im ersten Halbjahr 2025 flossen über 200 Millionen Dollar aus dem Silicon Valley in militärische KI-Projekte. Microsoft entwickelt Algorithmen für Drohnenschwärme, Google optimiert Zielerfassungssysteme.
Was mich besonders beunruhigt: Diese Entwicklung findet unter dem Radar der Öffentlichkeit statt. Während wir über ChatGPT und DeepSeek diskutieren, entsteht eine militärisch-industrielle KI-Allianz, die Eisenhower im Grab rotieren lassen würde. Die ethischen Bedenken? Über Bord geworfen für saftige Pentagon-Aufträge.
Besonders pikant: Die gleichen Unternehmen, die uns vor Jahren noch mit "Don’t be evil"-Mantras kamen, bauen jetzt die Kriegsmaschinen von morgen. Und das Schlimmste? Die Aktienkurse honorieren es. Defense-Tech ist der neue Wachstumsmarkt. Müssen wir als Anleger da mitmachen? Eine Gewissensfrage, die jeder für sich beantworten muss.
Europas Inflationsrätsel: Die Bundesländer melden Entspannung
Inmitten des globalen Chaos bringt uns ein Blick auf die heimischen Inflationsdaten zurück auf den Boden der Tatsachen. Bayern meldet 1,8 Prozent, NRW ebenfalls 1,8 Prozent – die Teuerung scheint im Griff. Nur Baden-Württemberg tanzt mit 2,3 Prozent leicht aus der Reihe.
Doch Vorsicht vor voreiligen Schlüssen! Die Kerninflation bleibt hartnäckig, und die schwächelnde Wirtschaft – der Einzelhandel brach im Mai um 1,6 Prozent ein – könnte die EZB in eine Zwickmühle bringen. Zinsen senken bei schwacher Konjunktur? Oder doch lieber abwarten, bis die Inflationsgespenster endgültig vertrieben sind?
Ich persönlich rechne damit, dass Lagarde & Co. beim Sintra-Treffen die Weichen für eine vorsichtige Lockerung stellen werden. Der schwache Dollar gibt ihnen den nötigen Spielraum. Doch das Timing wird entscheidend sein. Ein Fehltritt, und wir sehen die Inflation schneller zurück, als uns lieb ist.
Biotech-Hoffnungsschimmer: Die unterschätzte Story
Während alle auf die großen Themen starren, spielt sich im Biotech-Sektor Bemerkenswertes ab. Tyra Biosciences startet seine SURF302-Phase-2-Studie für Blasenkrebs – ein Milliardenmarkt mit verzweifeltem Bedarf an Innovation. IN8bio kämpft sich zurück über die Nasdaq-Mindestmarke, nachdem die Aktie 90 Prozent verloren hatte.
Was diese Geschichten verbindet? Es sind David-gegen-Goliath-Stories in einem Sektor, der von Big Pharma dominiert wird. Kleine, innovative Unternehmen, die mit begrenzten Mitteln versuchen, medizinische Durchbrüche zu erzielen. Die Kurse mögen volatil sein, die Risiken hoch – aber hier entstehen die Therapien von morgen.
Besonders spannend: NuCana’s 100-Millionen-Dollar-Kapitalerhöhung zeigt, dass trotz aller Marktunsicherheit weiter in die Zukunft investiert wird. Für risikobereite Anleger könnten sich hier Chancen auftun, die der Mainstream-Markt übersieht.
Mein Fazit: Zeitenwende mit Ansage
Liebe Leserinnen und Leser, wir erleben gerade nichts Geringeres als eine Neuordnung der globalen Finanzarchitektur. Der Dollar wankt, Europa gewinnt an Bedeutung, und die Technologie-Militär-Fusion schreitet unaufhaltsam voran. Gleichzeitig kämpfen unsere Volkswirtschaften mit den Nachwehen der Inflationskrise.
Was bedeutet das für Ihr Portfolio? Diversifikation war nie wichtiger. Der schwache Dollar macht europäische Qualitätsaktien attraktiver – nutzen Sie das! Bei US-Tech-Werten würde ich genau hinschauen: Wer verdient sein Geld womit? Die Militarisierung des Sektors ist ein Megatrend, aber muss man jeden Trend mitmachen?
Besonders gespannt bin ich auf die Signale aus Sintra. Wenn Lagarde, Powell und ihre Kollegen am Dienstag zusammensitzen, geht es um nicht weniger als die Zukunft des globalen Währungssystems. Achten Sie auf die Zwischentöne – sie verraten oft mehr als die offiziellen Statements.
Eine persönliche Bitte zum Schluss: Die Zeiten werden rauer, die Entscheidungen schwieriger. Umso wichtiger ist es, dass wir als Anleger unsere Werte nicht über Bord werfen. Rendite ist wichtig, aber zu welchem Preis? Diese Frage wird uns in den kommenden Jahren immer öfter begegnen.
Bleiben Sie kritisch und werteorientiert,
Ihr Eduard Altmann