In der anspruchsvollen Arena der deutschen Spezialchemie stehen zwei Namen oft im direkten Wettbewerb um die Gunst der Anleger: Evonik und Lanxess. Beide Konzerne, tief in der deutschen Industriegeschichte verwurzelt, navigieren durch ein komplexes Marktumfeld, das von Konjunktursorgen, Energiekosten und dem globalen Wettbewerb geprägt ist.
Während Evonik einen breit aufgestellten Transformationsprozess durchläuft, fokussiert sich Lanxess zunehmend auf margenstärkere Spezialanwendungen. Die Aktien beider Unternehmen haben eine volatile Entwicklung gezeigt, was Investoren vor die Frage stellt: Welcher der beiden Chemieriesen ist für die Zukunft besser positioniert?
Aktuelle Nachrichten zeichnen ein herausforderndes Bild. Evonik musste jüngst seine Prognose korrigieren, da die erhoffte wirtschaftliche Belebung ausbleibt. Fast zeitgleich sorgte Lanxess mit der Ankündigung, seine Anteile am Joint Venture Envalior veräußern zu wollen, für Aufsehen.
Radikaler Umbau trifft auf strategische Fokussierung
Das Geschäftsmodell von Evonik Industries befindet sich in einem fundamentalen Wandel. Der Konzern verabschiedet sich von seiner bisherigen Vierteilung und stellt sich ab April 2025 neu auf. Die operativen Geschäfte werden künftig in zwei Segmente gegliedert: Custom Solutions und Advanced Technologies.
Custom Solutions bündelt innovationsgetriebene Geschäfte mit hoher Kundennähe – etwa Additive für Lacke oder Inhaltsstoffe für Kosmetika. Advanced Technologies hingegen umfasst effizienzgetriebene Bereiche mit hoher Technologiekompetenz, wie Hochleistungspolymere. Das „Evonik Tailor Made“ genannte Programm soll Komplexität reduzieren und Hierarchieebenen abbauen.
Lanxess hat seine strategische Ausrichtung bereits geschärft. Der 2005 aus dem Bayer-Konzern ausgegliederte Spezialist positioniert sich als führender Anbieter von Spezialchemikalien. Das Portfolio umfasst Additive, Schmierstoffe, Flammschutzmittel und Produkte zur Wasseraufbereitung.
Ein entscheidender Schritt: der geplante Verkauf der 40,94%-Beteiligung am Joint Venture Envalior an den Partner Advent. Diese Maßnahme soll die Bilanz stärken und finanzielle Spielräume für weniger zyklische, profitablere Nischenmärkte schaffen.
Wer ist robuster aufgestellt?
Ein Blick auf die fundamentalen Daten zeigt deutliche Unterschiede. Die Kennzahlen sind von einem herausfordernden Marktumfeld geprägt, was sich in den Bewertungen niederschlägt.
Kennzahl | Evonik Industries AG | Lanxess AG |
---|---|---|
Marktkapitalisierung | ca. 6,83 Mrd. EUR | ca. 1,84 Mrd. EUR |
Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) | ca. 0,45 | ca. 0,27 |
Dividendenrendite (erwartet) | ca. 7,9 % | ca. 0,5 % |
Evonik weist aktuell ein positives Kurs-Gewinn-Verhältnis auf, während Lanxess aufgrund eines negativen Ergebnisses je Aktie im letzten Quartal keine entsprechende Kennzahl vorweisen kann. Das deutet auf eine profitablere Lage bei Evonik hin.
Auch bei der Dividendenrendite hat Evonik mit fast 8 Prozent klar die Nase vorn – ein wichtiges Kriterium für einkommensorientierte Anleger. Lanxess musste seine Dividende zuletzt deutlich reduzieren. Beim Kurs-Umsatz-Verhältnis erscheint Lanxess zwar günstiger bewertet, dies spiegelt jedoch auch die geringere Profitabilität wider.
Prognosekürzungen und skeptische Analysten
In den letzten Wochen standen beide Unternehmen vor großen Herausforderungen. Evonik schockte Ende September die Märkte mit einer drastischen Korrektur der Jahresprognose. Der Konzern erwartet ein bereinigtes EBITDA von nur noch rund 1,9 Milliarden Euro – zuvor waren 2,0 bis 2,3 Milliarden Euro in Aussicht gestellt worden.
Die Nachfrageschwäche zieht sich durch nahezu alle Segmente. Das ambitionierte Restrukturierungsprogramm mit dem Abbau von bis zu 2.000 Stellen bis Ende 2026 läuft planmäßig, kann die Marktschwäche aber nicht kompensieren. Positiv wurde eine Kooperation mit Schneider Electric zur Automatisierung in der Thermoplastverarbeitung aufgenommen.
Lanxess kämpft ebenfalls mit einem schwachen Marktumfeld und musste zuletzt einen signifikanten Umsatzrückgang sowie einen Verlust je Aktie vermelden. JPMorgan hat die Einstufung für Lanxess auf „Underweight“ mit einem Kursziel von 21 Euro belassen. Auch Jefferies und die DZ Bank senkten ihre Kursziele und verwiesen auf anhaltende Herausforderungen.
Die Aktie zeigte sich nach der Ankündigung des Envalior-Ausstiegs kurzzeitig erholt, notiert aber weiterhin deutlich unter ihrem 52-Wochen-Hoch.
Wo liegen die Wachstumstreiber?
Evonik setzt strategische Hoffnungen auf Innovation und Nachhaltigkeit. Mit „Next Generation Solutions“ will der Konzern in Wachstumsfeldern wie biobasierten Lösungen, Kreislaufwirtschaft und der Energiewende punkten. Bis 2032 soll ein zusätzlicher Umsatz von 1,5 Milliarden Euro generiert werden.
Bis zum Abschluss des Umbaus 2027 sind größere Übernahmen pausiert. Der Fokus liegt auf organischem Wachstum und Effizienzsteigerung. Die neue, schlankere Struktur soll schnellere Entscheidungen ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern.
Lanxess fokussiert sich ebenfalls auf Effizienzsteigerung und die Positionierung in zukunftsträchtigen Märkten. Der Verkauf der Envalior-Anteile ist ein zentraler Baustein, um die Bilanz zu stärken und Schulden abzubauen. Das Unternehmen strebt an, seine Position in weniger zyklischen Spezialchemie-Märkten wie der Wasseraufbereitung oder bei Konservierungsmitteln weiter auszubauen.
Die größte Herausforderung wird sein, die Profitabilität in einem von Nachfrageschwäche und hohem Wettbewerbsdruck geprägten Umfeld wieder nachhaltig zu steigern. Das Management rechnet ab 2026 mit einer Belebung.
Was spricht für und gegen ein Investment?
Evonik Industries AG | Lanxess AG | |
---|---|---|
Chancen | – Neue, schlankere Konzernstruktur verspricht mehr Effizienz – Hohe und stabile Dividendenrendite – Klare Innovations- und Nachhaltigkeitsstrategie – Breitere Aufstellung kann Zyklen teilweise abfedern | – Günstige Bewertung (KUV) – Potenzial durch Verkauf von Envalior (Schuldenabbau) – Starke Position in margenstärkeren Nischenmärkten – Antizyklische Investmentchance bei Markterholung |
Risiken | – Anhaltende Nachfrageschwäche in Kernmärkten – Prognosekürzung signalisiert starken Gegenwind – Langwieriger Umbauprozess birgt Umsetzungsrisiken – Hohe Abhängigkeit von der globalen Konjunktur | – Hohe Zyklizität und schwache Profitabilität – Derzeit unprofitabel – Geringe Dividende – Skeptische Analystenstimmen und negatives Marktsentiment |
Dividenden-Stabilität versus Turnaround-Wette
Das Duell zwischen Evonik und Lanxess ist eine klassische Auseinandersetzung zwischen einem breiter aufgestellten Riesen im Umbau und einem fokussierten, aber angeschlagenen Spezialisten.
Evonik präsentiert sich trotz der Prognosesenkung als der fundamental stabilere Wert. Die hohe Dividendenrendite bietet Anlegern ein gewisses Maß an Sicherheit in unsicheren Zeiten. Der laufende Konzernumbau ist zwar eine große Herausforderung, zielt aber auf eine langfristige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ab.
Lanxess hingegen ist eine Wette auf eine konjunkturelle Erholung und den Erfolg der strategischen Neuausrichtung. Die Aktie ist optisch günstig bewertet, was jedoch die aktuellen operativen Schwierigkeiten und die fehlende Profitabilität widerspiegelt.
Sollte sich das Marktumfeld für Spezialchemikalien aufhellen und der Verkauf der Envalior-Anteile die Bilanz wie erhofft stärken, birgt die Lanxess-Aktie erhebliches Kurspotenzial. Das Risiko ist angesichts der negativen Analystenstimmen und der hohen Konjunkturabhängigkeit aber ebenfalls höher.
Für konservative, einkommensorientierte Anleger könnte Evonik die solidere Wahl sein. Wer hingegen risikobereiter ist und auf einen Turnaround im Chemiesektor spekulieren möchte, könnte bei Lanxess eine interessante, wenn auch spekulative, Einstiegsgelegenheit finden.
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