Die US-Notenbank gerät zunehmend zwischen die Fronten. Während Fed-Chef Jerome Powell vor dem Kongress eine vorsichtige Haltung zu Zinssenkungen einnimmt, verschärft Präsident Trump seine Kritik am obersten Währungshüter und droht bereits mit dessen Ablösung.
Zinspolitik im Spannungsfeld politischer Interessen
Powell warnte in seiner zweitägigen Anhörung vor dem Kongress eindringlich vor den inflationären Risiken von Trumps Zollpolitik. "Zölle können einen einmaligen Preissprung verursachen, aber das Risiko einer dauerhafteren Inflation ist groß genug, dass die Notenbank bei weiteren Zinssenkungen vorsichtig sein muss", erklärte der Fed-Vorsitzende. Diese Aussagen stehen in direktem Kontrast zu Trumps Forderungen nach niedrigeren Zinsen.
Gleichzeitig schlug Powell Alarm wegen möglicher struktureller Reformen der Notenbank. Senator Ted Cruz drängt darauf, der Fed das Recht zu entziehen, Zinsen auf Bankreserven zu zahlen – ein seit 2008 essentielles Instrument der Geldpolitik. "Ein Rückgang zu knappen Reserven wäre ein langer, holpriger und volatiler Weg", warnte Powell und betonte, dass solche Änderungen Jahre dauern und die Zinskontrolle erschweren würden.
Präsident Trump verschärft den Ton
Trump ließ unterdessen keinen Zweifel an seiner Unzufriedenheit mit Powell. Den Fed-Chef bezeichnete er als "schrecklich" und enthüllte, dass er bereits drei bis vier Kandidaten für die Nachfolge im Blick habe. Als Favoriten gelten Ex-Fed-Gouverneur Kevin Warsh, Wirtschaftsberater Kevin Hassett, der aktuelle Fed-Gouverneur Christopher Waller und Finanzminister Scott Bessent.
Diese öffentlichen Drohungen werden von Analysten als Versuch gewertet, bereits vor Powells offiziellem Amtsende im Mai 2026 Einfluss auf die Geldpolitik zu nehmen – durch einen "Schatten-Fed-Chef", der faktisch die Richtung vorgibt.
Märkte reagieren verhalten optimistisch
An den Finanzmärkten sorgte Powells jüngste Rhetorik für gemischte Signale. Trader preisen mittlerweile eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine erste Zinssenkung im September ein – deutlich mehr als die 46 Basispunkte vor einer Woche. Der Dollar zeigte sich gemischt, nachdem er zu Wochenbeginn nach dem Waffenstillstand zwischen Israel und Iran deutlich gefallen war.
Besonders interessant: Während Powell öffentlich Zurückhaltung predigt, signalisierten andere Fed-Vertreter wie Michelle Bowman und Christopher Waller jüngst eine etwas taubenhaftere Haltung. Diese widersprüchlichen Signale verstärken die Unsicherheit über den geldpolitischen Kurs.
Banken und Immobiliensektor unter Druck
Die politischen Spannungen bekommen auch andere Sektoren zu spüren. In New York brachen Bankaktien und Immobilien-REITs ein, nachdem der demokratisch-sozialistische Bürgermeisterkandidat Zohran Mamdani mit seinem Programm eines Mietstopps die Führung in den Vorwahlen übernahm. Flagstar Financial und Dime Community Bancshares verloren jeweils 5 und 4 Prozent, während SL Green Realty und Vornado Realty Trust um jeweils 5 Prozent einbrachen.
Ausblick: Ungewisse Zeiten für die Fed
Die kommenden Monate werden entscheidend für die Unabhängigkeit der US-Notenbank. Während Powell versucht, einen Balanceakt zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und politischem Druck zu vollführen, droht Trump mit strukturellen Veränderungen, die das seit der Finanzkrise bewährte System der Geldpolitik fundamental erschüttern könnten. Die Märkte dürften diese Unsicherheit noch lange begleiten.