Die US-Notenbank gerät zunehmend unter politischen Druck, während sich die erwartete Zinswende weiter verzögert. Präsident Trump verstärkt seine Kritik an Fed-Chef Jerome Powell und wirft ihm "grobe Misswirtschaft" vor, während sich die Zentralbank mit hartnäckiger Inflation und unklaren Wirtschaftssignalen konfrontiert sieht.
Politischer Gegenwind für Powell
Das Weiße Haus hat seine Angriffe auf Fed-Chef Powell intensiviert. Russell Vought, Direktor des Office of Management and Budget, beschuldigte Powell in einem öffentlichen Brief der "groben Misswirtschaft" der Zentralbank. Besonders kritisiert werden die hohen Kosten für Renovierungsarbeiten am Fed-Hauptquartier in Washington, die als "protzig" bezeichnet werden.
Diese Attacken erfolgen vor dem Hintergrund anhaltender Forderungen der Trump-Administration nach Zinssenkungen. Die Fed hält ihren Leitzins bereits seit Dezember im Bereich von 4,25% bis 4,50%, während die Märkte auf weitere Lockerungen hoffen.
Widersprüchliche Signale vom Arbeitsmarkt
Die jüngsten Arbeitsmarktdaten senden gemischte Signale aus. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel unerwartet auf ein Sieben-Wochen-Tief von 227.000 – ein Zeichen dafür, dass Arbeitgeber trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten an ihren Beschäftigten festhalten.
Gleichzeitig zeigt sich aber eine besorgniserregende Entwicklung: Die Arbeitslosigkeit dauert länger an. Die durchschnittliche Dauer stieg im Juni auf 10,1 Wochen, während die Zahl der Personen, die nach der ersten Woche weiterhin Arbeitslosengeld beziehen, auf 1,965 Millionen anstieg – der höchste Stand seit November 2021.
"Unternehmen haben ihre Margen geschützt, indem sie Arbeitskosten durch natürliche Fluktuation, verkürzte Arbeitszeiten und Teilzeitbeschäftigung reduzierten, anstatt Massenentlassungen durchzuführen", erklärt Thomas Simons, Chefvolkswirt bei Jefferies. "Aber diese Strategie könnte bald an ihre Grenzen stoßen."
Fed-Bilanz im Fokus
Während die Zinsdebatte tobt, arbeitet die Fed weiterhin an der Verkleinerung ihrer Bilanz. Fed-Gouverneur Christopher Waller skizzierte eine mögliche Zielgröße von 5,8 Billionen Dollar – deutlich unter den aktuellen 6,7 Billionen. Diese Normalisierung der Geldpolitik nach der Corona-Pandemie könnte noch Jahre dauern.
Parallel dazu lockert die Fed ihre Aufsichtsstandards für Großbanken. Ein neuer Vorschlag würde es Banken erleichtern, als "gut geführt" eingestuft zu werden, was ihnen mehr Spielraum für Übernahmen verschaffen würde. Fed-Vize Michelle Bowman argumentiert, dass zwei Drittel der großen Banken trotz stabiler Kapital- und Liquiditätslage als nicht gut geführt gelten.
Internationale Verflechtungen
Die Fed-Politik steht nicht im Vakuum. Trumps aggressive Handelspolitik, einschließlich der angekündigten 50%-Zölle auf Brasilien, sorgt für globale Unsicherheit. Brasilien reagiert bereits mit der Suche nach neuen Märkten im Nahen Osten und Südasien.
Der Internationale Währungsfonds mahnt zu einem "stabilen Handelsumfeld" und kündigt eine detaillierte Analyse der Auswirkungen für Ende Juli an. Diese Unsicherheit macht es für die Fed schwieriger, die wirtschaftlichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen zu prognostizieren.
Zinssenkungen weiterhin möglich
Trotz der Herausforderungen bleiben Fed-Vertreter optimistisch. Mary Daly, Präsidentin der Fed-Bank von San Francisco, sieht weiterhin Raum für zwei Zinssenkungen in diesem Jahr. "Es ist Zeit, über Zinssenkungen nachzudenken, um sicherzustellen, dass die Wirtschaft in ihrer guten Verfassung bleibt", sagte sie.
Die Märkte setzen auf Zinssenkungen ab September, wobei die Wahrscheinlichkeit für zwei Senkungen um jeweils 0,25 Prozentpunkte bis Jahresende steigt. Die endgültige Entscheidung wird davon abhängen, ob die Inflation durch die Zollpolitik weiter angeheizt wird oder ob die schwächelnde Wirtschaft Vorrang erhält.