Die BaFin-Prüfung hat Spuren hinterlassen – aber keine, vor denen sich Investoren fürchten müssen. Eine externe Untersuchung deckte Bilanzierungsfehler bei sogenannten „Bill-and-Hold“-Vereinbarungen auf, doch der finanzielle Effekt bleibt überschaubar. Entscheidend ist: Die Praxis wird sofort beendet, die Unsicherheit ist weitgehend vom Tisch.
Bilanzkorrektur: Klarheit statt Schock
Im Mittelpunkt steht die sofortige Abschaffung der „Bill-and-Hold“-Praxis. Dabei wurden Umsätze aus Liefervereinbarungen bislang zu früh und nicht IFRS-konform verbucht. Die externe Untersuchung, angestoßen durch eine BaFin-Prüfung, bestätigte systematische Fehlverbuchungen in der Vergangenheit.
Das Management zieht nun die Reißleine und stellt die Praxis vollständig ein. Die Folge sind reine Periodenverschiebungen zwischen den Geschäftsjahren – keine fundamentale Schwächung des Geschäftsmodells.
Die bereinigten Zahlen für 2024 zeigen das Ausmaß der Anpassungen:
- Umsatz 2024 (bereinigt): 2,036 Mrd. Euro
- Adjusted EBITDA: 419,4 Mio. Euro
- Bereinigtes EPS: 4,67 Euro
Damit ergeben sich im Kerngeschäft nur moderate Korrekturen:
- Umsatz: rund -1 % (Netto-Effekt ca. 18 Mio. Euro)
- Adjusted EBITDA: rund -1 % (ca. 5 Mio. Euro)
- EPS: rund -2 % (Rückgang um etwa 0,10 Euro)
Umsätze von 28 Mio. Euro werden von 2024 nach 2025 verschoben, während 10 Mio. Euro aus 2023 jetzt dem Jahr 2024 zugerechnet werden. Für Anleger wichtiger als diese Feinanpassung: Die Zahlenbasis gilt nun als bereinigt und verlässlich.
Kursverlauf: Entspannung nach „Clearing Event“
Bilanzkorrekturen gelten oft als Brandbeschleuniger für Kursabstürze. Hier ist das Gegenteil passiert. Marktteilnehmer werten die Aufarbeitung als „Clearing Event“ – die Angst vor größeren Belastungen hat sich nicht bestätigt.
Der finanzielle Effekt von rund 1 % auf Umsatz und EBITDA blieb klar hinter den schlimmsten Befürchtungen zurück. Ein erneuter Abverkauf blieb daher aus; die Aktie tendierte nach der Meldung stabil bis leicht fester. Auf Sicht der vergangenen 30 Tage legte der Kurs um rund 11 % zu und schloss gestern bei 27,02 Euro.
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Im größeren Bild bleibt das Bild allerdings angeschlagen:
- YTD-Performance: ca. -61 %
- 12-Monats-Veränderung: ca. -62 %
- Abstand zum 52-Wochen-Hoch (82,00 Euro): rund -67 %
- Abstand zum 52-Wochen-Tief (23,50 Euro): knapp +15 %
Der Titel handelt damit deutlich unter dem 200-Tage-Durchschnitt von 42,78 Euro, während der aktuelle Kurs leicht über dem 50-Tage-Durchschnitt von 25,98 Euro liegt. Ein RSI von 17,7 signalisiert zudem einen stark überverkauften Zustand. Charttechnisch ist der langfristige Trend klar beschädigt, kurzfristig deutet sich aber zumindest eine Stabilisierung an.
Marktumfeld: Novo Nordisk als Unsicherheitsfaktor
Parallel zur internen Aufarbeitung bleibt das Umfeld für Pharma-Zulieferer in Bewegung. Berichte über Zulassungserweiterungen für Abnehmpräparate in Tablettenform, unter anderem von Novo Nordisk, sorgen für Diskussionen in der Branche.
Hintergrund: Gerresheimer erzielt einen wesentlichen Teil seines Geschäfts mit Injektionslösungen wie Spritzen und Pens. Sollte sich der Trend zu oralen Varianten verstärken, könnten sich mittelfristig Auftragsvolumina verschieben. Noch dominieren jedoch die Erleichterung über die geklärte BaFin-Thematik und die nun bereinigten Zahlen das Geschehen – konkrete negative Effekte aus dem Marktumfeld sind bislang nicht erkennbar.
Analysten bleiben konstruktiv
Auf Analystenseite fällt die Reaktion nüchtern, aber überwiegend positiv aus. Jefferies bestätigte nach der Ad-hoc-Meldung die Einstufung „Buy“ und hält am Kursziel von 34,10 Euro fest. Die Begründung: Die operative Stärke werde durch die buchhalterische Korrektur nicht infrage gestellt, da es im Kern um zeitliche Zuordnungen von Umsätzen geht.
Aus dieser Perspektive wirkt die Bewertung im Bereich von rund 27 Euro je Aktie attraktiv, sofern das Management verlorenes Vertrauen in die Governance zügig zurückgewinnt.
Fazit: Fundament stabil, Vertrauen im Aufbau
Die Kombination aus bereinigter Bilanzierung, überschaubarem finanziellen Effekt und fortbestehender operativer Stärke sendet ein klares Signal: Die aktuelle Schwächephase ist weniger eine Ergebnis- als eine Vertrauensfrage. Mit 2,036 Mrd. Euro Umsatz und 419,4 Mio. Euro Adjusted EBITDA liegt für 2024 eine belastbare Basis vor, auf der die Planung für 2025 aufsetzt.
Entscheidend für die nächsten Monate wird sein, ob der stark überverkaufte Titel den Boden im Bereich des jüngsten Zwischentiefs von 23,50 Euro verteidigt und schrittweise in Richtung des von Jefferies genannten Kursziels aufschließen kann.
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