Globale Weichenstellungen: Trumps Handelspoker, Europas ZEW-Hoffnung und der Bitcoin-Ritterschlag

US-China-Handelskonflikt entspannt sich leicht, während der deutsche ZEW-Index überraschend steigt und Coinbase in den S&P 500 aufgenommen wird.

Kurz zusammengefasst:
  • Leichte Entspannung im US-China-Handelsstreit
  • Deutscher ZEW-Index springt überraschend an
  • Coinbase erhält Aufnahme in den S&P 500
  • Warnungen vor anhaltender globaler Unsicherheit

Liebe Leserinnen und Leser,

ein ereignisreicher Dienstag liegt hinter uns, und die globalen Finanzmärkte gleichen weiterhin einem komplexen Schachbrett, auf dem jede Figur zählt – und manche Züge unerwartete Wellen schlagen. Im Zentrum des Geschehens steht einmal mehr die US-Handelspolitik unter Präsident Trump, deren jüngste Volten von Riad bis Peking und zurück nach Washington für Aufregung, aber auch für vorsichtige Hoffnung sorgen. Doch während die Welt auf die Handelssignale aus den USA blickt, sendet Deutschland mit einem überraschend starken ZEW-Index ein starkes Lebenszeichen. Und als wäre das nicht genug, erhält die Kryptowelt mit der Aufnahme von Coinbase in den S&P 500 einen Ritterschlag, der die wachsende Akzeptanz digitaler Währungen unterstreicht. Ein Tag voller Kontraste und wichtiger Signale – lassen Sie uns gemeinsam versuchen, die Fäden zu entwirren.

Trumps Handelspoker: Neue Deals, alte Zölle und das Echo in der Weltwirtschaft

Die Handelspolitik der Trump-Administration bleibt das bestimmende Thema. Gerade erst von seiner Nahost-Reise zurückgekehrt, auf der er in Saudi-Arabien milliardenschwere Wirtschafts- und Verteidigungsabkommen unterzeichnete (die Rede ist von bis zu 600 Milliarden US-Dollar an saudischen Investitionen in den USA, inklusive eines riesigen Rüstungsdeals), richtet sich der Fokus wieder auf die globalen Handelsbeziehungen. Der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer machte klar: Der generelle 10%-Zoll auf praktisch alle Importe bleibt bestehen. Gleichzeitig betonte er aber, man sei in Gesprächen mit vielen Ländern, um zusätzliche, von Trump verhängte Strafzölle zu senken. Hierzu zählt offenbar auch Indien, dessen Handelsminister Piyush Goyal diese Woche zu Gesprächen in die USA reist.

Die größte Aufmerksamkeit erregte jedoch die Annäherung zwischen den USA und China. Eine 90-tägige "Waffenruhe" wurde vereinbart, in der die massiven US-Zölle auf chinesische Waren von zuvor bis zu 145% auf nun 30% gesenkt werden sollen. Im Gegenzug reduziert China seine Abgaben auf US-Importe wohl auf 10%. Auch die umstrittenen "De-minimis"-Zölle auf Kleinstsendungen aus China sollen reduziert werden, wenn auch eine Grundgebühr bleibt. Dies ist eine willkommene Nachricht für viele Unternehmen und dürfte kurzfristig die schlimmsten Rezessionsängste dämpfen. Prompt hat Goldman Sachs seine Prognose für eine US-Rezession von 45% auf 35% gesenkt und die Wachstumserwartung für die USA leicht angehoben. Auch eine aktuelle Umfrage der Bank of America unter europäischen Fondsmanagern zeigt einen deutlichen Anstieg des Optimismus für die Weltwirtschaft.

Doch die Skepsis bleibt, nicht nur bei mir. Klaas Knot von der EZB warnte eindringlich, dass die US-Handelspolitik fundamentale Unsicherheit schaffe, die Wachstum und Inflation kurzfristig dämpfen könnte. Sein Kollege Gabriel Makhlouf pflichtete ihm bei, dass diese Unsicherheit wohl auch dann anhalten werde, wenn sich der Handelskrieg als kurzlebig erweisen sollte. Die heute veröffentlichten US-Verbraucherpreisdaten für April zeigten zwar nur einen moderaten Anstieg von 0,2% (2,3% im Jahresvergleich), doch die vollen Auswirkungen der Zölle dürften sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Die US-Notenbank Fed dürfte daher vorerst weiter abwarten. Die Inflation ist das eine, aber die US-Kleinunternehmen leiden bereits: Ihre Stimmung ist im April erneut gesunken, und die Zahl der offenen Stellen ist auf ein Vierjahrestief gefallen. Ein Alarmsignal, das zeigt, wie schnell protektionistische Maßnahmen auch die heimische Wirtschaft treffen können. Chinesische Exporteure sind ebenfalls verunsichert und suchen nach Wegen, die Risiken zu minimieren. Die 90-Tage-Frist zwischen den USA und China ist somit vor allem eines: eine Atempause, aber noch keine Entwarnung.

Lichtblick Deutschland: ZEW-Index springt an – VW atmet auf

Inmitten dieser globalen handelspolitischen Verwerfungen kommt aus Deutschland ein bemerkenswert positives Signal: Der ZEW-Index für die Konjunkturerwartungen ist im Mai auf 25,2 Punkte gesprungen, nach -14,0 im April und deutlich über den Erwartungen der Analysten. ZEW-Präsident Achim Wambach begründete dies mit der neuen Regierung, Fortschritten in den Zollstreitigkeiten (hier dürfte die US-China-Annäherung eine Rolle spielen) und einer stabilen Inflationsrate. Besonders positiv sei die Stimmung im Bankensektor sowie in exportintensiven Branchen wie der Automobil- und Chemieindustrie. Auch der Bausektor profitiere von den Zinssenkungen der EZB und der Erwartung weiterer Schritte.

Passend dazu eine konkrete Nachricht, die die direkte Relevanz der Handelspolitik für deutsche Schlüsselindustrien unterstreicht: China hat offenbar erste Exportlizenzen für Seltene-Erden-Magnete an mehrere Produzenten erteilt, darunter auch Zulieferer von Volkswagen. Diese Magnete sind essenziell für Elektromotoren. Die Beschränkungen Pekings im Vormonat hatten für erhebliche Sorgen gesorgt. Dass es hier nun Bewegung gibt – Volkswagen soll sich direkt an Peking gewandt haben – zeigt einerseits die Abhängigkeit, andererseits aber auch die pragmatische Suche nach Lösungen. Es ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt, der zeigt, dass globale Lieferketten trotz aller politischer Spannungen funktionieren müssen.

Weniger erfreulich sind die Nachrichten vom europäischen Gasmarkt. Aus verschiedenen Gründen, darunter eine geringere Nachfrage und wirtschaftlicher Gegenwind, sind die Preise gefallen. Zwar sind die Speicherstände in der EU noch unter Vorjahresniveau, aber die Einspeisung hat sich beschleunigt. Die Unsicherheit bezüglich der zukünftigen russischen Gaslieferungen bleibt jedoch ein Damoklesschwert über der europäischen Energieversorgung.

Jenseits der Handelsfront: Coinbase, Geopolitik und andere Schlagzeilen

Der Finanzwelt abseits der großen Handelspolitik lieferte heute ebenfalls bemerkenswerte Nachrichten:

  • Coinbase im S&P 500: Ein echter Meilenstein für die Krypto-Industrie. Die Aufnahme der größten börsennotierten Kryptobörse in den wichtigsten US-Aktienindex ist ein starkes Signal für die zunehmende Akzeptanz und das institutionelle Interesse an digitalen Vermögenswerten. Analysten sehen dies als wegweisend für andere Krypto-Unternehmen. Präsident Trump hatte ja bereits eine "leichtere regulatorische Hand" für den Sektor versprochen. Das dürfte die positive Stimmung weiter beflügeln, auch wenn Coinbase zuletzt einen Gewinnrückgang meldete.
  • Geopolitische Brennpunkte: Die Lage zwischen Indien und Pakistan bleibt nach den schweren Gefechten angespannt; viele Dorfbewohner an der Grenze fordern nun Entschädigung für ihre zerstörten Häuser. In der Türkei gestaltet sich der Prozess der Auflösung der PKK als schwierig, insbesondere mit Blick auf die Situation in Nordsyrien. Und im Ukraine-Konflikt bekräftigte Präsident Selenskyj, dass er für Gespräche in Istanbul nur dann zur Verfügung stehe, wenn auch Wladimir Putin persönlich teilnehme. Die humanitäre Lage in Gaza ist nach Angaben der WHO katastrophal und könnte eine ganze Generation nachhaltig schädigen.
  • Notenbanken im Fokus: Neben der EZB blickt man auch gespannt auf die Bank of England. Deren Chefökonom Huw Pill äußerte Sorgen, dass die Inflation in Großbritannien hartnäckiger sein könnte als erwartet und die Zinsen möglicherweise länger hoch bleiben müssten. Auch die jüngsten Daten vom britischen Arbeitsmarkt deuten auf eine Abkühlung hin.

Mein Fazit: Vorsichtiger Optimismus in einer Welt der Gegensätze

Was nehmen wir mit von diesem Handelstag? Die globale Wirtschaft tanzt weiter auf dem Drahtseil der US-Handelspolitik. Die temporäre Entspannung im Konflikt mit China und die positiven Signale aus der deutschen Wirtschaft, wie der ZEW-Index, geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Sie zeigen, dass auch in schwierigen Zeiten Lösungen gefunden werden können und die Resilienz der Märkte nicht unterschätzt werden darf.

Gleichzeitig dürfen wir die Augen nicht vor den bleibenden Risiken verschließen. Die Unsicherheit ist hoch, die Inflation bleibt ein Thema, und geopolitische Konflikte können jederzeit neue Verwerfungen auslösen. Die nächsten 90 Tage werden zeigen, ob aus der Atempause im US-China-Streit eine nachhaltige Beruhigung erwachsen kann. Für uns in Europa gilt es, die eigene Position in diesem globalen Gefüge weiter zu stärken und die Chancen, die sich aus Veränderungen ergeben, aktiv zu nutzen. Der Ritterschlag für Coinbase zeigt eindrücklich, wie schnell sich auch vermeintliche Nischen zu relevanten Marktsegmenten entwickeln können.

Bleiben Sie wachsam und investieren Sie mit Bedacht. Wie bewerten Sie die aktuellen Entwicklungen? Gibt Ihnen der ZEW-Index Hoffnung, oder überwiegt die Sorge angesichts der globalen Handelsunsicherheiten?

Herzlichst,
Ihr Eduard Altmann

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