Handelskrieg: Showdown London

Hochrangige Verhandlungen zwischen USA und China in London könnten den globalen Handelskrieg entschärfen oder verschärfen. Die Märkte reagieren nervös auf die unsichere Lage.

Kurz zusammengefasst:
  • Verhandlungen über Zölle und seltene Erden im Fokus
  • Chinas Wirtschaftsdaten zeigen deutliche Schwächezeichen
  • Proteste in Los Angeles belasten zusätzlich
  • Finanzmärkte zwischen Hoffnung und Skepsis

Die globalen Finanzmärkte blicken heute, am 09. Juni 2025, mit angehaltenem Atem nach London, wo hochrangige Vertreter der USA und Chinas zu entscheidenden Handelsgesprächen zusammenkommen. Der schwelende Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt hat tiefe Spuren hinterlassen, und die Hoffnung auf eine Deeskalation mischt sich mit der Furcht vor einer neuen Eskalationsrunde. Zusätzliche Brisanz erhält die Lage durch Chinas jüngste, alarmierende Wirtschaftsdaten und innenpolitische Spannungen in den USA, wo Proteste in Los Angeles eskalieren und die Märkte zusätzlich verunsichern.

Handelsgespräche im Fokus: Zerreißprobe für Weltwirtschaft

Im Zentrum der heutigen Aufmerksamkeit stehen die Verhandlungen in London. Nach einem Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping in der vergangenen Woche keimte kurzzeitig Optimismus auf. Beide Seiten haben starke Anreize, die Rhetorik herunterzufahren und zu einer Einigung zu gelangen, bleiben ihre Volkswirtschaften doch eng miteinander verflochten. Dennoch hat Präsident Trump wiederholt sein Interesse an einer Entkopplung bekundet.

Ziel der Gespräche, für die US-Finanzminister Scott Bessent, Handelsminister Howard Lutnick und der Handelsbeauftragte Jamieson Greer nach London gereist sind, um mit Chinas Vize-Premier He Lifeng zu verhandeln, ist die Wiederbelebung eines vorläufigen Handelsabkommens. Die Fronten sind verhärtet: Die Trump-Administration droht weiterhin mit der Verhängung drastischer Zölle im dreistelligen Prozentbereich auf chinesische Waren. Peking wiederum hält mit seiner Quasi-Monopolstellung bei seltenen Erden, die für viele Hightech-Sektoren kritisch sind, ein wichtiges Druckmittel in der Hand. Neben Zöllen und seltenen Erden dürften auch US-Kontrollen gegen Chinas wachsende Chipindustrie und die Taiwan-Frage die Gespräche belasten. Analysten sind sich einig: Fortschritte in London könnten den Märkten zu Wochenbeginn einen dringend benötigten Impuls geben, doch die Handelspolitik bleibt die größte makroökonomische Unsicherheit.

Chinas Wirtschaft unter Druck: Mehr als nur Zoll-Folgen

Die Dringlichkeit einer Lösung wird durch die jüngsten Konjunkturdaten aus China unterstrichen. Im Mai verlangsamte sich das Exportwachstum auf 4,8 Prozent im Jahresvergleich, nach einem Plus von 8,1 Prozent im April und unter den Erwartungen der Analysten. Noch deutlicher fielen die Importe, die um 3,4 Prozent sanken – ein Indikator für eine schwächelnde Inlandsnachfrage trotz der im Mai vereinbarten vorübergehenden Zollsenkungen. Der Handelsbilanzüberschuss Chinas weitete sich zwar auf 103,2 Milliarden US-Dollar aus, doch dies geschah vor dem Hintergrund einer tiefergreifenden wirtschaftlichen Abkühlung.

Besorgniserregend ist die Verschärfung der Deflation. Der Erzeugerpreisindex fiel im Mai um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, der stärkste Rückgang seit 22 Monaten. Auch die Verbraucherpreise gaben um 0,1 Prozent nach. Dieser deflationäre Druck belastet die Binnennachfrage und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen zusätzlich zum ohnehin schon durch den Handelskrieg und eine langwierige Immobilienmarktkrise angeschlagenen Wirtschaftsmotor. Peking hat zwar mit einer Reihe von geldpolitischen Stimulusmaßnahmen reagiert, darunter Zinssenkungen und Kreditprogramme, doch ob diese ausreichen, die Folgen des Handelsstreits abzufedern, bleibt abzuwarten.
Die Rohstoffimporte zeigten ein gemischtes Bild: Während die Sojabohnenimporte im Mai stark anzogen, was auf eine Normalisierung der Zollabfertigung und möglicherweise auf eine Geste des guten Willens hindeuten könnte, gingen die Einfuhren von Rohöl, Kohle und Eisenerz zurück – ein weiteres Zeichen für eine gedämpfte Industrienachfrage. Gleichzeitig stiegen Chinas Exporte von seltenen Erden im Monatsvergleich um 22,6 Prozent, was die strategische Bedeutung dieser Rohstoffe unterstreicht.

Nervöse Märkte: Hoffnung auf Entspannung, Angst vor Eskalation

Die Finanzmärkte reagieren entsprechend nervös auf die Gemengelage. Asiatische Aktienmärkte starteten überwiegend freundlich in die Woche, gestützt von der Hoffnung auf Fortschritte bei den Handelsgesprächen und überraschend robusten US-Arbeitsmarktdaten vom vergangenen Freitag. Der MSCI-Index für Asien-Pazifik außerhalb Japans legte zu, ebenso der Hang Seng in Hongkong und der Nikkei in Japan. Die Wall Street hatte bereits am Freitag deutlich höher geschlossen, nachdem bekannt wurde, dass die US-Wirtschaft im Mai 139.000 neue Stellen geschaffen hatte, mehr als erwartet.

Dennoch bleiben die Anleger vorsichtig. Die US-Aktienfutures deuteten zu Handelsbeginn in Europa auf eine leicht schwächere Eröffnung hin. Am Devisenmarkt gab der US-Dollar gegenüber dem japanischen Yen nach, während der Euro zulegte. Der Goldpreis, oft als sicherer Hafen gesucht, gab weiter nach. Marktbeobachter sprechen von einer "gemischten Gemengelage", in der die Hoffnung auf eine handelspolitische Entspannung mit der Sorge vor den Unruhen in Kalifornien und den unsicheren Wirtschaftsaussichten ringt. In dieser Woche richten sich die Blicke zudem auf die am Mittwoch anstehenden US-Inflationsdaten, die weitere Hinweise auf den geldpolitischen Kurs der Federal Reserve geben könnten, die sich aktuell in ihrer Schweigeperiode vor der Zinsentscheidung am 18. Juni befindet.

Geopolitische Brandherde: LA und Hongkong als Störfeuer

Abseits der Handelspolitik sorgen weitere geopolitische Spannungen für Verunsicherung. In Los Angeles eskalieren seit Tagen Proteste gegen Razzien der Einwanderungsbehörde ICE. Präsident Trump hat bereits die Nationalgarde zur Sicherung von Bundesgebäuden eingesetzt und am Sonntagabend via Social Media nun lautstark den Einsatz regulärer Truppen gefordert ("BRING IN THE TROOPS!!!"). Sein Verteidigungsminister warnte, dass Marineinfanteristen in "hoher Alarmbereitschaft" stünden. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom verurteilte Trumps Rhetorik scharf als "Akte eines Diktators", während das Weiße Haus von "Chaos, Gewalt und Gesetzlosigkeit" sprach. Berichte über Zusammenstöße, Sachbeschädigungen und den Einsatz von Tränengas und Gummigutgeschossen seitens der Sicherheitskräfte prägen das Bild. Obwohl der "Insurrection Act", der den Präsidenten zum inländischen Militäreinsatz ermächtigt, bislang nicht formell bemüht wurde, schwebt diese Möglichkeit als Damoklesschwert über der angespannten Lage.

In Fernost bemüht sich Hongkong derweil, inmitten der globalen Spannungen Stabilität zu signalisieren. Stadtchef John Lee bekräftigte am Montag, dass die Metropole an ihrer Währungskoppelung an den US-Dollar festhalten werde, trotz zunehmender geopolitischer Verwerfungen und vereinzelter Forderungen nach einem Wechsel zum chinesischen Yuan. Die Hongkonger Währungsbehörde hatte im Vormonat massiv interveniert und US-Dollar im Wert von 16,7 Milliarden Hongkong-Dollar gekauft, um den Peg zu verteidigen. Gleichzeitig, so Lee, wolle man die Rolle Hongkongs als globaler Offshore-Yuan-Hub weiter stärken. Diese Entwicklungen zeigen, wie stark lokale und regionale Dynamiken mit den globalen Machtverschiebungen und Handelskonflikten verwoben sind.

Die kommenden Stunden und Tage werden zeigen, ob der Showdown in London eine dringend benötigte Atempause im Handelskrieg bringt oder ob die globalen Märkte und Volkswirtschaften sich auf eine weitere Verschärfung der Spannungen einstellen müssen. Selbst eine Einigung dürfte jedoch die fundamentalen Differenzen und die systemische Rivalität zwischen den USA und China kaum auflösen. Die Anleger bleiben angesichts der multiplen Krisenherde und der fragilen Weltkonjunktur in höchster Alarmbereitschaft.

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