- Das sind die grünsten Fonds Österreichs Fondsnews
13.02.23 15:00
Wien (www.fondscheck.de) - Ein Ranking aller 180 österreichischen Artikel-8- und Artikel-9-Fonds zeigt, wie "grün" die einzelnen Produkte wirklich sind, so die Experten von "FONDS professionell".
Wie "grün" oder "sozial" ein nachhaltiges Finanzprodukt tatsächlich sei, könne von außen oft schwer beurteilt werden. Das Gesetz schreibe keine Mindestgrenzen vor. Im Extremfall könnte ein Fonds sogar völlig zulässig gemäß Artikel 8 oder Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung als nachhaltig eingestuft sein, der nur ein Prozent "grün" investiere und die restlichen 99 Prozent des Geldes in die Kohleproduktion stecke.
Das Beispiel sei überspitzt formuliert. Doch die mangelnde Transparenz sei real ein Problem für Anleger und deren Finanzberater. Letztere müssten seit 2. August 2022 im Beratungsgespräch verpflichtend die Nachhaltigkeitspräferenzen abfragen. Ohne klare Definition sei es schwer, den Kunden eine Richtschnur zu bieten.
Das österreichische Nachhaltigkeitsberatungsunternehmen ESG-Plus habe nun auf Basis seiner Fonds- und Bewertungsdatenbank Cleanvest ein Ranking der hierzulande verfügbaren Publikumsfonds erstellt. Entlang von 23 Haupt- und 122 Nebenkriterien seien sowohl Umwelt- als auch soziale Komponenten (Gesundheit, Bildung, Rechte) der Fondsinvestments untersucht worden. Auftraggeberin sei die Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) gewesen.
Das Ergebnis zeige eine hohe Bandbreite beim Nachhaltigkeitsanteil der in Österreich vertriebenen nachhaltigen Portfolios. Während ein Produkt 100 Prozent der möglichen Bewertungspunkte erzielt habe, komme der am letzten Platz gelistete Fonds auf einen Wert von nur 38 Prozent.
Dominiert werde das Top-Ten-Ranking von den Rentenfonds, die allein acht Plätze einnehmen würden. Ihr Score sei mit mindestens 96 Prozent der maximal erreichbaren Bewertungspunkte sehr hoch. Der allgemeine Mittelwert im gesamten Sample liege bei 72 Prozent.
Zu erwähnen sei allerdings, dass Renditeaspekte in der Studie nicht bewertet worden seien - so würden sich etliche Mündelfonds unter den Bestplatzierten befinden; mit denen hätten Anleger in den vergangenen Jahren bekanntlich nichts gewinnen können. Die zwei Aktienfonds, die den Einzug ins Top-Klassement geschafft hätten, würden von der Erste Asset Management und von der Raiffeisen KAG stammen. Aktienfonds seien mit 43 Prozent der untersuchten Produkte die größte Gruppe gewesen, 38 Prozent seien Anleihenfonds gewesen und 16 Prozent Mischfonds, der Rest sei auf sonstige Fonds entfallen.
In die Analyse seien alle verfügbaren 180 nachhaltigen Aktien-, Anleihen- und Mischfonds (Artikel-8- und Artikel-9-Fonds) am österreichischen Markt einbezogen worden. Einige Fonds, die nötige Ergänzungsdaten nicht geliefert hätten, seien nicht in die Bewertung gekommen. Dachfonds seien ebenfalls nicht Teil der Erhebung gewesen. Außerdem seien einzelne Vehikel nicht vertreten, weil die Bewertungsmethodik dafür nicht ausreiche (insbesondere Immobilien-, Edelmetall- oder Derivate-Investments). Auch für die Beurteilung von Green-Bond- oder Social-Bond-Fonds sei die Methodik nicht geeignet.
Negativ hätten die Studienautoren unter anderem den in Österreich weitgehend als nicht nachhaltig erachteten Atomstrom angesetzt. In der EU-Taxonomie sei Nuklearkraft unlängst in einer viel kritisierten Entscheidung unter bestimmten Voraussetzungen als nachhaltig eingestuft worden.
Nach EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) müssten sich alle Fonds, die eine nachhaltige Komponente bewerben würden, entweder als Artikel-8- oder Artikel-9-Produkt einstufen. Artikel-8-Fonds seien quasi die Grundstufe; darunter würden alle Vehikel fallen, sobald sie behaupten würden, ökologische oder soziale Kriterien zu berücksichtigen. Umgangssprachlich habe sich der Terminus "hellgrün" etabliert. Artikel-9-Fonds würden hingegen als jene gelten, die aktiver an nachhaltigen Themen arbeiten würden. Sie würden ein konkretes Nachhaltigkeitsziel anstreben und müssten die Wirksamkeit zur Erreichung dieses Zieles nachweisen ("dunkelgrün").
Unter den Fonds in der Studie hätten sich nur zehn Artikel-9-Produkte befunden. Obwohl sich öffentlich die Wahrnehmung eingebürgert habe, sie seien höherwertig, stimme das mit Blick auf die Analyse nicht. Unter den nachhaltigsten zehn sei nur ein Fonds aus dieser Klassifizierungsgruppe. ESG-Plus/Cleanvest habe bereits in einer früheren Studie gezeigt, dass sogar sogenannte "braune" Produkte (ohne Artikel-8/9-Einstufung) einen Top-Score erzielen könnten, oder umgekehrt. (13.02.2023/fc/n/s)