Naher Osten, Drohnen und Moldau: Die Welt im Krisenmodus
Liebe Leserinnen und Leser,
während sich die Märkte am Wochenende eine Verschnaufpause gönnen, arbeitet die Geopolitik im Dauerbetrieb. Von Gaza über Kopenhagen bis nach Chisinau – überall stehen die Zeichen auf Sturm. Und mittendrin: Donald Trump mit einem neuen Friedensplan, der alte Wunden aufreißen könnte.
Trumps Gaza-Gambit: Tony Blair als Friedensarchitekt?
Die Nachricht schlug in Tel Aviv ein wie eine Bombe: Donald Trumps 21-Punkte-Plan für Gaza liegt auf dem Tisch. Am Montag soll Benjamin Netanjahu ihn im Weißen Haus präsentiert bekommen – doch schon jetzt brodelt es in der israelischen Regierung. Die ultrarechten Koalitionspartner wittern Verrat.
Was steckt wirklich drin? Der Plan liest sich wie eine diplomatische Quadratur des Kreises: Waffenruhe, Geiselaustausch, israelischer Rückzug – aber auch das Ende der Hamas-Herrschaft und ein Verbot israelischer Annexionen. Stattdessen soll eine Übergangsregierung aus palästinensischen Technokraten das Ruder übernehmen, beaufsichtigt von einer internationalen Behörde.
Der Clou: Tony Blair, Britanniens Ex-Premier und alter Nahost-Kenner, könnte diese „Gaza International Transitional Authority“ leiten. Fünf Jahre sind angesetzt, um aus den Trümmern etwas Neues zu schaffen. Die Hamas bekäme eine Amnestie – wenn sie sich zur friedlichen Koexistenz mit Israel verpflichtet.
Israels Finanzminister Bezalel Smotrich hat bereits drei rote Linien gezogen: keine Rolle für die Palästinensische Autonomiebehörde, vollständige Entwaffnung der Hamas und Annexion von Teilen des Westjordanlands. Man ahnt: Diese Rechnung wird nicht aufgehen.
Die ökonomische Dimension wird gern übersehen: Der Wiederaufbau Gazas würde Milliarden verschlingen. Arabische Golfstaaten signalisieren Bereitschaft – aber nur bei politischem Fortschritt. Für Israel könnte der Plan den Weg aus der diplomatischen Isolation ebnen. Die Kosten der internationalen Ächtung summieren sich: Tourismus-Einbrüche, Investment-Rückgänge, Boykott-Bewegungen.
Deutschland hält sich bedeckt. Außenminister Johann Wadephul äußerte in New York „Zweifel“, ob deutsche Sicherheitskräfte vor Ort richtig wären. Die Botschaft: humanitäre Hilfe ja, Soldaten nein.
Drohnenalarm über Dänemark: Die Bundeswehr rückt aus
Kopenhagen im Ausnahmezustand. Seit Tagen terrorisieren mysteriöse Drohnen das kleine NATO-Land. Der Hauptstadtflughafen musste stundenlang schließen, Militärstützpunkte meldeten Überflüge, die Regierung spricht von „hybriden Angriffen“. Die Vermutung liegt nahe: Moskau testet die Grenzen.
Die Bundeswehr reagierte am Sonntagmorgen: Anti-Drohnen-Einheiten machten sich auf den Weg nach Norden. Die Fregatte „Hamburg“ lief demonstrativ in Kopenhagen ein – Teil der NATO-Mission „Baltic Sentry“. Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Am Dienstag beginnt das informelle EU-Gipfeltreffen, tags darauf tagt die Europäische Politische Gemeinschaft.
Die Zahlen alarmieren: 144 Drohnen-Störungen an deutschen Flughäfen bis Ende August – Vorjahr: 113. GPS-Störungen explodierten von 25 (2023) auf 447 Fälle. Die unsichtbare Front des hybriden Krieges verläuft durch unseren Luftraum.
Was viele übersehen: Die wirtschaftlichen Kollateralschäden sind immens. Jede Flughafen-Sperrung kostet Millionen, verunsicherte Passagiere buchen um, Frachtketten reißen. Die Luftfahrtbranche, gerade erst von Corona genesen, stöhnt unter der neuen Bedrohung.
Innenminister Alexander Dobrindt will jetzt das Luftsicherheitsgesetz verschärfen. Die Bundeswehr soll Drohnen künftig abschießen dürfen – ein Tabubruch. Die Gewerkschaft der Polizei warnt vor „unkalkulierbaren Risiken“. Brennende Drohnentrümmer über Wohngebieten? Der Preis der Sicherheit könnte hoch sein.
Moldau am Scheideweg: Moskaus langer Arm
2,4 Millionen Einwohner, eingeklemmt zwischen Rumänien und der Ukraine – und heute im Fokus der Weltöffentlichkeit. Moldaus Parlamentswahl ist mehr als eine innenpolitische Abstimmung. Es geht um die Zukunftsrichtung: Brüssel oder Moskau?
Präsidentin Maia Sandu schlug Alarm: „Moldau ist in Gefahr und braucht die Hilfe von jedem von euch.“ Die proeuropäische Regierungspartei PAS droht ihre absolute Mehrheit zu verlieren. Prorussische Kräfte wittern Morgenluft.
Der Kontext: Pavel Durov, Telegram-Gründer, enthüllte am Sonntag brisante Details. Französische Geheimdienste hätten ihn gedrängt, moldauische Telegram-Kanäle zu zensieren – im Austausch für juristische Erleichterungen in seinem Pariser Verfahren. Durov weigerte sich, spricht von „Erpressung“ und zieht Parallelen zu Rumänien.
Die ökonomischen Fakten sprechen für Europa: Die EU ist Moldaus wichtigster Handelspartner, Milliardenhilfen fließen. Doch Russland kontrolliert weiter die Energieversorgung. Und in Transnistrien, dem abtrünnigen Landesteil, stehen russische Truppen.
Die Diaspora entscheidet: Hunderttausende Moldauer arbeiten in der EU, ihre Überweisungen halten die Wirtschaft am Leben. Sie stimmen traditionell proeuropäisch. Doch Moskau kontert: Nur zwei Wahllokale für 250.000 Moldauer in Russland – ein bewusster Nadelstich.
Was die Woche bringt
Die kommenden Tage versprechen Hochspannung:
Montag: Trump empfängt Netanjahu – wird der Gaza-Plan zum Game-Changer? Die Märkte dürften nervös reagieren, besonders Rüstungsaktien und Energietitel.
Dienstag: EU-Gipfel in Kopenhagen unter Drohnen-Bedrohung. Thema: Verteidigungsfähigkeit und kritische Infrastruktur. Deutschland muss Farbe bekennen.
Mittwoch: Start des neuen US-Haushaltsjahres – droht ein Government Shutdown? Die Republikaner pokern hoch, die Demokraten mauern. Wall Street hält den Atem an.
Die Welt scheint aus den Fugen. Doch in jeder Krise liegt eine Chance. Die deutsche Rüstungsindustrie profitiert vom Drohnen-Boom, IT-Sicherheitsfirmen erleben goldene Zeiten, und selbst Tony Blair feiert ein unerwartetes Comeback.
Manchmal schreibt die Geschichte die besten Drehbücher.
Einen nachdenklichen Sonntag wünscht
Eduard Altmann
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Apropos Märkte: Während im Nahostkonflikt Diplomatie gefragt ist und die Rüstungsbranche kurzfristig profitiert, entsteht an anderer Stelle ein langfristiger Megatrend. Der globale Chip-Krieg zwischen den USA und China wird zum milliardenschweren Investmentthema für die nächsten Jahre. Wer verstehen will, welche europäischen Technologie-Unternehmen davon profitieren können und warum Analysten bereits vom „neuen Öl“ sprechen, findet hier spannende Details: Zur Analyse der möglichen „neuen Nvidia“