Rüstungsaktien im Höhenflug, während die Tech-Märkte auf Nvidia-Zahlen warten
Liebe Leserinnen und Leser,
während sich die Wall Street heute Abend kollektiv den Atem anhält – Nvidia legt nach Börsenschluss seine mit Spannung erwarteten Quartalszahlen vor – brodelt es an einer ganz anderen Front der Weltwirtschaft: Der Rüstungssektor erlebt gerade seinen vielleicht bedeutsamsten Strukturwandel seit dem Ende des Kalten Krieges. Rheinmetall will Naval Vessels Lürssen übernehmen, die USA pumpen Milliarden in ihre Verteidigungstechnologie, und Deutschland diskutiert über die Wiedereinführung einer „Wehrdienstarmee“. Was nach Zeitenwende klingt, ist längst knallharte Geschäftsrealität geworden.
Die neue Normalität der Aufrüstung
Die Nachricht schlug heute Morgen in Düsseldorf ein wie eine Bombe: Rheinmetall, bislang vor allem für Panzer und Munition bekannt, will sich die militärischen Werften der Lürssen-Familie einverleiben. Es geht um Naval Vessels Lürssen (NVL) mit Standorten in Hamburg, Wilhelmshaven und Wolgast – und damit um nicht weniger als den Einstieg des Rüstungsriesen in den Marineschiffbau.
Was hier passiert, ist mehr als nur eine weitere Übernahme. Es ist ein Lehrstück darüber, wie sich Europas Verteidigungsindustrie neu sortiert. Die Lürssen-Familie, bekannt für ihre Megajachten für Milliardäre, will sich künftig auf dieses lukrative Luxussegment konzentrieren. Rheinmetall hingegen wittert das große Geschäft mit der „Zeitenwende“. Die Bundeswehr soll bis 2033 ihre Personalstärke auf 460.000 aktive Soldaten und Reservisten aufstocken. Dafür braucht es nicht nur Panzer und Munition, sondern auch Schiffe.
Besonders pikant: Während in Berlin noch über den neuen Wehrdienst diskutiert wird – heute hat das Kabinett ein entsprechendes Gesetzespaket verabschiedet – schaffen Konzerne wie Rheinmetall bereits Fakten. CEO Armin Papperger hat den Börsenwert seines Unternehmens seit Kriegsbeginn in der Ukraine mehr als verdreifacht. Die Aktie notiert nahe ihrem Allzeithoch, und die Auftragsbücher sind prall gefüllt.
Die unsichtbare Revolution in der Medizintechnik
Während die Rüstungsindustrie lautstark expandiert, vollzieht sich in der Medizintechnik eine stillere, aber nicht minder bedeutsame Revolution. Der irische Stent-Markt – diese winzigen Gefäßstützen, die Millionen von Herzpatienten das Leben retten – soll laut Mordor Intelligence von heute 6,35 Milliarden Dollar bis 2030 auf fast 9,5 Milliarden Dollar wachsen. Ein jährliches Plus von 8,3 Prozent.
Was treibt dieses Wachstum? Es ist die perfekte Schnittmenge aus demografischem Wandel und technologischem Fortschritt. Die Bevölkerung altert, Herz-Kreislauf-Erkrankungen nehmen zu, und gleichzeitig werden die Stents immer besser. Die neueste Generation, mit Medikamenten beschichtet und ultradünn, reduziert das Risiko von Komplikationen drastisch.
Besonders spannend: Der Markt verschiebt sich geografisch. Während Nordamerika noch dominiert, ist es der asiatisch-pazifische Raum, der die höchsten Wachstumsraten verzeichnet. Japan mit seiner überalterten Gesellschaft investiert massiv in Innovationen, während Indien und Indonesien ihre Gesundheitssysteme ausbauen. Europäische Hersteller wie die Schweizer Biotronik oder das französische Unternehmen Hexacath kämpfen in diesem Milliardenmarkt um Marktanteile – und müssen sich gegen US-Giganten wie Abbott und Boston Scientific behaupten.
Gabuns Kaliumkarbonat-Coup und Amerikas kritische Rohstoffe
Eine Nachricht, die gestern in den meisten Wirtschaftsredaktionen unterging, könnte sich als strategischer Glücksgriff erweisen: Das US-Innenministerium will Kaliumkarbonat – besser bekannt als Kali – auf seine Liste kritischer Mineralien setzen. Für Millennial Potash, ein kanadisches Unternehmen mit einem vielversprechenden Projekt in Gabun, könnte das zum Gamechanger werden.
Warum ist das bedeutsam? Die USA importieren praktisch ihr gesamtes Kali – unverzichtbar für die Landwirtschaft – aus nur drei Ländern: Kanada, Russland und Weißrussland. Die geopolitischen Risiken liegen auf der Hand. Millennial Potash sitzt mit seinem Banio-Projekt direkt an Gabuns Atlantikküste auf geschätzten Reserven im Wert von über einer Milliarde Dollar. Die US-Entwicklungsbank DFC hat bereits drei Millionen Dollar für eine Machbarkeitsstudie bereitgestellt.
Was hier entsteht, ist mehr als nur eine weitere Mine. Es ist ein Baustein in der strategischen Neuausrichtung globaler Lieferketten. Die USA wollen ihre Abhängigkeit von autoritären Staaten reduzieren, Afrika sucht nach Wegen, seine Rohstoffe selbst zu veredeln statt nur zu exportieren, und dazwischen positionieren sich clevere Unternehmen wie Millennial Potash. Der Clou: Die Schiffsroute von Gabun zu US-Häfen ist kurz und sicher – keine Suez-Kanal-Blockade, kein Hormuz-Risiko.
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Tech-Fieber und die Nvidia-Frage
Zurück zur unmittelbaren Gegenwart: In wenigen Stunden wird Nvidia seine Quartalszahlen vorlegen, und die Erwartungen könnten kaum höher sein. Analysten rechnen mit einem Umsatz von etwa 46 bis 47 Milliarden Dollar im zweiten Quartal – das wäre ein Plus von gut 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nicht die von manchen erhofften 100 Prozent, aber immer noch beeindruckend.
Die eigentliche Frage ist aber eine andere: Kann Nvidia die KI-Euphorie weiter befeuern, oder sehen wir erste Ermüdungserscheinungen? Die Börse scheint nervös. Der Dax dümpelte heute bei 24.100 Punkten vor sich hin, gefangen zwischen Hoffnung und Vorsicht. Besonders hart traf es die Banken: Commerzbank und Deutsche Bank verloren nach einer Abstufung durch Goldman Sachs jeweils über zwei Prozent. Die Analysten argumentieren, die Rally sei übertrieben gewesen – ein Muster, das wir möglicherweise bald auch bei Tech-Aktien sehen werden?
Interessant ist auch die Entwicklung bei Porsche: Die Aktie legte heute zu, nachdem Berichte die Runde machten, CEO Oliver Blume könnte sich künftig ganz auf VW konzentrieren. Die Doppelrolle war Investoren schon länger ein Dorn im Auge. Es zeigt: In Zeiten der Transformation können Konzerne es sich nicht leisten, mit halber Kraft zu fahren.
Übrigens: Wer sich gerade mit Blick auf Nvidia und Co. fragt, ob Europa im Chip-Wettrüsten endgültig auf der Zuschauertribüne sitzt, dem empfehle ich einen genaueren Blick auf den „European Chips Act“. Hier könnten sich Chancen verbergen, die kaum beachtet werden. Ein spannender Ansatzpunkt ist dieser Report zur möglichen „neuen Nvidia“ aus Europa, den ich selbst für die Einordnung der langfristigen Perspektiven interessant fand.
Deutschland sucht seinen Weg
Was all diese Entwicklungen verbindet, ist die Suche nach Orientierung in einer Welt im Umbruch. Deutschland rüstet auf und führt gleichzeitig eine Debatte über Wehrpflicht und Bundeswehr-Modernisierung. Die Maschinenbauer klagen über US-Zölle – laut VDMA-Brief an von der Leyen stehen bei vielen das US-Geschäft „vor dem Aus“. Gleichzeitig boomt die Rüstungsindustrie wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Die Autobahn A100 in Berlin wurde heute nach zwölf Jahren Bauzeit und 720 Millionen Euro Kosten um 3,2 Kilometer verlängert – ein Symbol für die deutsche Infrastruktur-Misere oder notwendige Investition in die Mobilität? Die Meinungen gehen auseinander, während Paris konsequent Straßen für Autos sperrt und auf den öffentlichen Nahverkehr setzt.
Morgen wird spannend: Nicht nur wegen der Nvidia-Nachwehen, sondern auch weil dann klar wird, ob die EZB-Ratsmitglieder bei ihrer Herbsttagung weitere Signale für die Zinspolitik senden. Die Inflation ist noch nicht besiegt, aber die Konjunktur schwächelt bereits. Ein klassisches Dilemma, das geschicktes Navigieren erfordert.
Was bleibt, ist die Erkenntnis: Die Welt sortiert sich neu, und dabei entstehen Gewinner und Verlierer. Rheinmetall gehört eindeutig zu ersteren, die deutsche Autoindustrie kämpft um ihre Position, und in Afrika entstehen neue Rohstoffplayer. Die Geschichte der kommenden Jahre wird davon handeln, wer es schafft, sich in dieser neuen Ordnung zu positionieren. Die Weichen dafür werden jetzt gestellt – in Düsseldorfer Konzernzentralen, Washingtoner Ministerien und gabunischen Kali-Minen.
Bleiben Sie kritisch und neugierig,
Eduard Altmann
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