Liebe Leserinnen und Leser,
während die Welt gebannt auf das morgige US-Inflationsdatum blickt, ziehen dunkle Wolken über die Handelspolitik auf – und niemand weiß so recht, ob der angekündigte Sturm noch abgewendet werden kann. Die Deadline für ein neues Handelsabkommen zwischen den USA und China läuft morgen ab, und die Nervosität an den Märkten ist förmlich greifbar.
Heute nehme ich Sie mit auf eine Reise durch die verworrenen Pfade der globalen Wirtschaftsdiplomatie, werfen einen Blick auf überraschende Quartalszahlen und analysieren, warum ausgerechnet jetzt der Zeitpunkt für mutige Wetten gekommen sein könnte.
Der große Tarif-Poker: Wenn Nvidia zum Staatsdiener wird
Stellen Sie sich vor, Sie sind CEO eines der wertvollsten Technologieunternehmen der Welt – und plötzlich verlangt Ihre Regierung 15 Prozent Ihrer China-Umsätze. Nicht als Steuer, wohlgemerkt, sondern als eine Art Tribut für das Privileg, überhaupt noch Geschäfte mit dem Reich der Mitte machen zu dürfen.
Was nach einem schlechten Wirtschaftsthriller klingt, ist seit gestern Realität für Nvidia und AMD. In einem beispiellosen Schritt haben beide Chip-Giganten zugestimmt, 15 Prozent ihrer Erlöse aus dem Verkauf fortgeschrittener KI-Chips an China an die US-Regierung abzuführen. Im Gegenzug? Die vage Hoffnung auf Exportlizenzen.
Diese Entwicklung markiert einen Wendepunkt in der modernen Handelspolitik. Nie zuvor hat eine westliche Regierung derart direkt in die Geschäftsmodelle privater Unternehmen eingegriffen. Die Botschaft ist unmissverständlich: Im neuen Kalten Krieg der Technologien sind auch die profitabelsten Unternehmen nur Bauern auf dem geopolitischen Schachbrett.
Für europäische Technologieunternehmen sollten hier alle Alarmglocken schrillen. Wenn Washington bereit ist, seine eigenen Champions derart zur Kasse zu bitten, was bedeutet das für ASML, Infineon oder SAP? Die transatlantische Wirtschaftsordnung, wie wir sie kennen, steht vor ihrer größten Bewährungsprobe seit Jahrzehnten.
Indien im Kreuzfeuer: Wenn Verbündete zu Gegnern werden
Die Ironie könnte kaum größer sein: Ausgerechnet Indien, das als strategischer Partner gegen China hofiert wird, findet sich plötzlich im Fadenkreuz der Trump’schen Strafzölle wieder. 50 Prozent Gesamtzoll auf indische Exporte – das ist selbst für Trump-Verhältnisse bemerkenswert aggressiv.
Der Grund? Indiens hartnäckige Weigerung, auf russisches Öl zu verzichten. Etwa 55 Prozent der indischen Exporte in die USA sind von den neuen Zöllen betroffen, schätzt die Regierung in Neu-Delhi. In den Straßen Mumbais und Delhis formiert sich bereits Widerstand: Boykottaufrufe gegen McDonald’s, Coca-Cola und Amazon machen die Runde.
Für Europa ist diese Entwicklung aus mehreren Gründen brisant. Erstens zeigt sie, dass niemand vor Washingtons Zollkeule sicher ist – auch vermeintliche Verbündete nicht. Zweitens könnte der indisch-amerikanische Handelskonflikt neue Chancen für europäische Unternehmen in Indien eröffnen. Und drittens stellt sich die Frage: Wie lange kann Europa noch auf seinem pragmatischen Russland-Kurs bleiben, ohne selbst ins Visier zu geraten?
Die Fed vor dem Scheideweg: Zinsen, Tarife und die Angst vor der Rezession
Morgen steht die mit Spannung erwartete US-Inflationszahl für Juli an. Die Konsenserwartung liegt bei 2,8 Prozent – ein Zehntel höher als im Vormonat. Normalerweise würde das gegen eine Zinssenkung sprechen. Doch normal ist in diesen Zeiten wenig.
Der Arbeitsmarkt schwächelt, die Tarife drohen die Inflation anzuheizen, und Fed-Chef Jerome Powell steht unter massivem politischen Druck. Die Märkte preisen eine Zinssenkung im September bereits mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein. Doch was, wenn die Inflation morgen überrascht?
Morgan Stanley warnt bereits: Die Tarife werden "das Hauptthema" des morgigen CPI-Berichts sein. Die Bank erwartet, dass die Inflation in den kommenden Monaten steigen wird – mit einer Verzögerung von drei bis fünf Monaten, bis die vollen Effekte der Zölle durchschlagen.
Für die EZB bedeutet das: Der Spielraum für eigene Zinssenkungen könnte kleiner werden als erhofft. Wenn die Fed wegen steigender Inflation pausieren muss, während die europäische Wirtschaft schwächelt, stehen Christine Lagarde & Co. vor einem Dilemma.
Quartalszahlen: Wenn die Kleinen die Großen überraschen
Während alle Welt auf die Makrodaten starrt, haben einige Unternehmen in der vergangenen Woche bemerkenswerte Zahlen vorgelegt. L.B. Foster etwa, ein Nischenspezialist für Eisenbahn- und Infrastrukturtechnologie, überraschte mit einem bereinigten Gewinn von 0,27 Dollar je Aktie – die Analysten hatten mit 0,59 Dollar gerechnet.
Sollten Anleger sofort verkaufen? Oder lohnt sich doch der Einstieg bei AMD?
Oder nehmen Sie Freedom Holding Corp: Die kasachisch-amerikanische Finanzholding steigerte ihren Umsatz um 17 Prozent auf 533 Millionen Dollar. Besonders beeindruckend: Das Versicherungsgeschäft wuchs um 18 Prozent. In Zeiten, in denen alle über die Dominanz der Tech-Giganten klagen, zeigen solche Beispiele: Es gibt sie noch, die Hidden Champions, die allen Widrigkeiten zum Trotz wachsen.
Die Lehre daraus? Während sich alle auf Fed, Trump und China konzentrieren, entstehen abseits des Mainstreams interessante Investmentchancen. Gerade in volatilen Zeiten lohnt der Blick auf Unternehmen, die ihre Hausaufgaben machen – unabhängig vom makroökonomischen Wetter.
Der Alaska-Gipfel: Friedenstaube oder trojanisches Pferd?
Am Freitag treffen sich Trump und Putin in Alaska. Offiziell geht es um Frieden in der Ukraine. Doch die Märkte sind skeptisch – und das zu Recht. Russlands Forderung, die Ukraine solle besetzte Gebiete abtreten, ist für Kiew inakzeptabel. Ein schneller Deal? Unwahrscheinlich.
Die Ölmärkte reagieren bereits: Brent und WTI legten heute leicht zu, nachdem sie letzte Woche über 4 Prozent verloren hatten. Die Angst vor einem Ende der Russland-Sanktionen hält die Preise in Schach. ING-Analysten warnen: "Sollte es zu einer Deeskalation kommen, würde das die Sanktionsrisiken vom Ölmarkt entfernen. Dies würde angesichts der bärischen Fundamentaldaten wahrscheinlich zu niedrigeren Preisen führen."
Für Europa ist der Alaska-Gipfel ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wäre Frieden in der Ukraine ein Segen. Andererseits könnte ein Deal auf Kosten der Ukraine die europäische Sicherheitsarchitektur nachhaltig beschädigen.
Bitcoin auf Rekordjagd: Die stille Revolution
Während alle Welt auf Tarife und Zinsen starrt, hat Bitcoin fast unbemerkt ein neues Allzeithoch erreicht: 122.308 Dollar. Der Grund? Trumps Executive Order von letzter Woche, die Krypto-Holdings in US-Rentenfonds erlaubt.
Diese Entwicklung ist symptomatisch für einen größeren Trend: Während die traditionelle Wirtschaftsordnung unter Druck gerät, suchen Investoren nach Alternativen. Kryptowährungen, einst als Spielerei abgetan, etablieren sich zunehmend als ernstzunehmende Anlageklasse.
Für europäische Investoren stellt sich die Frage: Ist es Zeit, die Krypto-Allokation zu überdenken? Die Antwort hängt davon ab, wie viel Vertrauen Sie noch in die Stabilität des traditionellen Finanzsystems haben.
Was diese Woche wichtig wird
Der Kalender für die kommenden Tage ist prall gefüllt:
- Dienstag, 12. August: US-Verbraucherpreise für Juli (14:30 Uhr MEZ) – der wichtigste Datenpunkt der Woche
- Dienstag: Ablauf der US-China Handelsdeadline – Verlängerung oder Eskalation?
- Mittwoch, 13. August: Bank of Thailand Zinsentscheid – wird die neue Gouverneurin die Zinsen senken?
- Donnerstag, 14. August: Norges Bank Sitzung – nach der Überraschungssenkung im Juni dürfte eine Pause folgen
- Freitag, 15. August: Trump-Putin-Gipfel in Alaska – Durchbruch oder Schaulaufen?
Die Woche verspricht, turbulent zu werden. Die Kombination aus Inflationsdaten, Handelsdeadlines und geopolitischen Gipfeltreffen hat das Potenzial, die Märkte kräftig durchzuschütteln.
Mein Rat? Bleiben Sie flexibel. In Zeiten wie diesen können sich die Vorzeichen binnen Stunden ändern. Wer jetzt zu stark auf eine Richtung setzt, könnte böse überrascht werden.
Die große Frage bleibt: Erleben wir gerade nur eine weitere Episode im endlosen Drama der Weltwirtschaft – oder stehen wir an einem historischen Wendepunkt? Die Antwort werden wir wohl erst in einigen Jahren kennen. Bis dahin heißt es: Nerven bewahren, Chancen nutzen und das große Bild nicht aus den Augen verlieren.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine erkenntnisreiche Woche. Bleiben Sie wachsam – es gibt viel zu gewinnen, aber auch viel zu verlieren.
Herzlichst,
Ihr Eduard Altmann
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