Die globalen Finanzmärkte erleben einen turbulenten Handelstag, ausgelöst durch eine überraschende Gerichtsentscheidung aus den USA, die weitreichende Implikationen für die Trump-Zölle und die internationale Handelspolitik haben könnte. Am gestrigen Mittwoch blockierte ein US-Bundesgericht die von Präsident Donald Trump geplanten neuen „Liberation Day“-Importzölle, was heute, am Donnerstag, den 29. Mai 2025, zu einer spürbaren Dollar-Rallye führte. Doch während an den Märkten kurzfristig Erleichterung herrscht, stellt sich die drängende Frage: Ist dies eine nachhaltige Wende im Handelsstreit oder lediglich eine kurze Atempause? Die Komplexität der Lage unterstreicht auch die heutige Entscheidung der südkoreanischen Zentralbank, die Leitzinsen angesichts der globalen Handelsrisiken senkte.
Paukenschlag aus New York: Trumps Zollpläne vorerst gestoppt
Ein Bundesgericht in Manhattan, das U.S. Court of International Trade, sorgte am Mittwoch für einen Paukenschlag, indem es Präsident Trumps Vorhaben, pauschale Zölle auf Importe aus Ländern mit Handelsüberschüssen gegenüber den USA zu erheben, einen Riegel vorschob. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die US-Verfassung dem Kongress die exklusive Autorität zur Regulierung des Handels mit anderen Ländern einräume. Diese Kompetenz werde auch nicht durch die Notstandsbefugnisse des Präsidenten zur Sicherung der US-Wirtschaft ausgehebelt. Geklagt hatten fünf kleine US-Unternehmen, die sich durch die Zölle in ihrer Existenz bedroht sahen – von einem New Yorker Wein- und Spirituosenimporteur bis zu einem in Virginia ansässigen Hersteller von Lehrmaterialien.
Die Reaktion an den Finanzmärkten ließ nicht lange auf sich warten. Am heutigen Donnerstag schoss der US-Dollar in die Höhe und legte gegenüber dem Euro, dem japanischen Yen und dem Schweizer Franken deutlich zu. Der Dollar-Index kletterte erstmals seit einer Woche wieder über die Marke von 100. Auch die US-Aktienfutures verzeichneten deutliche Gewinne. Ray Attrill, Devisenstratege bei der National Australia Bank, sprach von einer "Kniebeugenreaktion" des Marktes, die viele der jüngsten, durch die Zollängste ausgelösten Bewegungen umkehre. Matt Simpson, Senior Market Analyst bei City Index, kommentierte, dass Investoren "eine Atempause von der wirtschaftlichen Unsicherheit bekommen, die sie so gerne verabscheuen."
Allerdings ist die Erleichterung mit Vorsicht zu genießen. Die Trump-Administration hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Analysten wie Hirofumi Suzuki von SMBC in Tokio und Ray Attrill gehen davon aus, dass der Rechtsstreit weitergehen wird. Suzuki betonte: "Diese Blockade bedeutet nicht, dass die Politik bezüglich der Zölle vollständig gestoppt wird." Er erwarte daher keinen kontinuierlichen Anstieg des Dollars allein aufgrund dieser Entscheidung. Die meisten Experten sehen in dem Urteil eher einen "Stolperstein als einen endgültigen Abschluss", wie es Simpson formulierte, und rechnen damit, dass der Supreme Court letztlich entscheiden könnte.
Südkorea im Würgegriff der US-Handelspolitik
Ungeachtet der aktuellen juristischen Auseinandersetzung in den USA leidet Südkoreas exportabhängige Wirtschaft bereits spürbar unter den Folgen der bestehenden und angedrohten Trump-Zölle. Die heute veröffentlichte Reuters-Umfrage unter Ökonomen prognostiziert für Mai den ersten Exportrückgang seit vier Monaten. Erwartet wird ein Minus von 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies wäre ein herber Dämpfer, nachdem die Exporte im April noch unerwartet um 3,7 Prozent gestiegen waren – damals hatten robuste Chip-Verkäufe, insbesondere für Anwendungen im Bereich künstliche Intelligenz, die Rückgänge bei den von Trumps Zöllen betroffenen Autos noch kompensieren können.
Die Sorgen nehmen jedoch zu. "Die Halbleiterexporte waren im Mai stärker als erwartet, aber das könnte auf Vorbestellungen aufgrund von Sorgen über US-Zölle auf Chip-Importe zurückzuführen sein", erklärte Chun Kyu-yeon, Ökonom bei Hana Securities. Die Daten für die ersten 20 Tage des Monats zeigten bereits einen Exportrückgang von 2,4 Prozent, wobei die Lieferungen in die USA um dramatische 14,6 Prozent und die nach China um 7,2 Prozent sanken. "Besorgniserregend ist, dass wir Exportrückgänge nicht nur in die Vereinigten Staaten, sondern auch nach China sehen, was auf eine Verlangsamung des globalen Handels hindeutet", so Stephen Lee, Ökonom bei Meritz Securities. Er erwartet, dass Südkoreas Exporte im zweiten Quartal fallen werden, nachdem sie bereits im Vorquartal erstmals seit anderthalb Jahren gesunken waren. Die detaillierten Handelsdaten für Mai werden am kommenden Sonntag, dem 1. Juni, veröffentlicht.
Als direkte Reaktion auf die zunehmenden Abwärtsrisiken für Wirtschaftswachstum und Inflation durch Washingtons Handelspolitik senkte die südkoreanische Zentralbank (Bank of Korea) am heutigen Donnerstag den Leitzins zum vierten Mal im aktuellen Lockerungszyklus auf 2,50 Prozent. Dieser Schritt war von Analysten erwartet worden.
Anhaltende Unsicherheit: Ein Sturm im Wasserglas?
Die Berufung der Trump-Administration gegen das Gerichtsurteil zeigt deutlich, dass der Kampf um die Handelspolitik noch lange nicht ausgestanden ist. Die "Liberation Day"-Zölle sind nur ein Teil einer breiteren, aggressiven Handelsagenda, die bereits 25-prozentige Zölle auf Automobile und Stahlprodukte umfasst und weitere Abgaben auf Halbleiter und Pharmazeutika in Aussicht stellt. Die Anfang April angekündigten gegenseitigen Zölle, einschließlich 25-prozentiger Abgaben auf südkoreanische Waren, sind zwar mit Ausnahme eines Basiszolls von 10 Prozent für Verhandlungen ausgesetzt, doch die Unsicherheit bleibt. Die Fristen für die 90-tägige Zollpause im Handelskrieg mit China (9. Juli und 12. August) werfen ebenfalls ihre Schatten voraus. "Es ist noch zu früh, um eine klare Entspannung der Zollrisiken zu verkünden", mahnte Oh Suk-tae, Ökonom bei Societe Generale.
Die Volatilität in der US-Wirtschaftspolitik wird auch durch andere Ereignisse unterstrichen. So kündigte der Milliardär und Tesla-CEO Elon Musk am gestrigen Mittwoch seinen Abschied aus der Trump-Administration an. Sein 130-tägiges Mandat als Sonderbeauftragter im "Department of Government Efficiency" (DOGE) läuft um den 30. Mai aus. Musk kritisierte jüngst das "massive Ausgabengesetz", das das Haushaltsdefizit erhöhe und die Arbeit seines Teams untergrabe. Obwohl Musks Abgang nicht direkt mit der Zollpolitik zusammenhängt, illustriert er die internen Spannungen und die Unberechenbarkeit, die von der US-Regierung ausgehen und die Märkte verunsichern.
Globale Märkte zwischen Hoffnung und Realität
Der kurzfristige Optimismus, ausgelöst durch die Blockade der neuen Trump-Zölle, stützte den Dollar heute breit. Karl Schamotta, Chef-Marktstratege bei Corpay, erklärte die Dollar-Stärke mit der Erwartung, dass Handelsabkommen die US-Wirtschaftsaussichten verbessern könnten, nachdem Trump am Wochenende auch Pläne für 50-prozentige Zölle auf EU-Importe verschoben hatte. Die am Mittwoch veröffentlichten Protokolle der US-Notenbank Fed vom Mai-Treffen zeigten indes, dass die Währungshüter sich in den kommenden Monaten mit "schwierigen Kompromissen" in Form von steigender Inflation bei gleichzeitig steigender Arbeitslosigkeit konfrontiert sehen könnten. Die Fed hatte die Zinsen im Mai unverändert gelassen, Händler erwarten den nächsten Zinsschritt nach unten jedoch frühestens im September.
Der Blick über den Tellerrand zeigt, dass auch andere Wirtschaftsräume mit Herausforderungen kämpfen. In Großbritannien fiel die Stimmung im Dienstleistungssektor laut CBI-Umfrage auf ein Zweieinhalbjahrestief, unter anderem belastet durch höhere Sozialabgaben und den gestiegenen Mindestlohn. Dies schürt Sorgen über anhaltenden Inflationsdruck. In Brasilien stiegen die durchschnittlichen Kosten für die Emission von Staatsschulden auf den höchsten Stand seit mehr als acht Jahren, was die angespannte Lage der öffentlichen Finanzen in Lateinamerikas größter Volkswirtschaft widerspiegelt.
Für Anleger bedeutet die aktuelle Gemengelage vor allem eines: anhaltende Unsicherheit. Die Gerichtsentscheidung gegen die neuen Trump-Zölle hat zwar für eine kurzfristige positive Reaktion gesorgt, doch die fundamentalen Handelskonflikte und die aggressive "America First"-Politik bleiben bestehen. Die nächsten Wochen, geprägt von der erwarteten Berufung der US-Regierung und den Verhandlungen über bestehende Zollmaßnahmen, werden zeigen, ob die Märkte nur eine kurze Verschnaufpause erlebt haben oder ob sich eine grundlegendere Neubewertung der Handelsrisiken abzeichnet. Die Volatilität dürfte in jedem Fall ein treuer Begleiter bleiben.