Trumps Handelskrieg erschüttert globale Märkte und Notenbanken

Die radikalen Zollerhöhungen unter der neuen US-Administration sorgen für Turbulenzen an den Anleihemärkten und zwingen globale Währungshüter zu schwierigen Entscheidungen.

Kurz zusammengefasst:
  • Renditen amerikanischer Staatsanleihen stark gestiegen
  • Notenbanken im Spannungsfeld zwischen Inflation und Wachstum
  • Mögliche wirtschaftliche Vergeltungsmaßnahmen Chinas
  • Europäische Bündnisse gegen Protektionismus

Der von US-Präsident Donald Trump ab Mittwoch in Kraft gesetzte massive Zollschlag hat die internationalen Finanzmärkte in heftiges Aufruhr versetzt. Die drastischen Maßnahmen, darunter schockierende 104% Zölle auf chinesische Importe und weitreichende „reziproke“ Tarife gegen zahlreiche Volkswirtschaften, wirbeln insbesondere die Anleihemärkte durcheinander und zwingen Zentralbanken weltweit zum Handeln.

Dramatischer Ausverkauf bei US-Staatsanleihen

Die Renditen amerikanischer Staatsanleihen schossen am Mittwoch dramatisch in die Höhe, während die Kurse im Gegenzug einbrachen. Besonders markant war der Anstieg bei längerfristigen Papieren: Die 10-jährige Treasury-Rendite kletterte um 4,7% auf 4,456%, während die 30-jährige Rendite sogar um 5,4% auf knapp unter 5% sprang – ein Niveau, das zuletzt vor 17 Monaten erreicht wurde. Selbst kurzfristige Papiere blieben nicht verschont: Die 2-jährige Rendite stieg um 0,9% auf 3,773%.

Mark Elworthy, Leiter des Anleihen-, Währungs- und Rohstoffhandels bei der Bank of America in Australien, ordnete die Marktbewegungen in historische Dimensionen ein: „Diese Volatilität ist vergleichbar mit der Finanzkrise und der COVID-Pandemie. Eine Reaktion der Zentralbanken wäre zu erwarten, wenn sich die Märkte in den nächsten 12-24 Stunden weiter so verhalten.“

Hinter dem Ausverkauf stehen nicht nur Inflationssorgen, sondern auch technische Marktfaktoren. Hedgefonds, die auf sogenannte „Basis-Trades“ – Wetten auf kleine Preisunterschiede zwischen Kassa-Anleihen und Futures – gesetzt hatten, mussten ihre Positionen unter Druck auflösen. „Diese Art von Positionen wird problematisch, wenn Prime Broker aufgrund der Volatilität höhere Margen verlangen“, erklärte Mukesh Dave, Chief Investment Officer bei Aravali Asset Management in Singapur. „Wenn die Fonds nicht das nötige Bargeld oder die Sicherheiten aufbringen können, müssen sie ihre Positionen auflösen.“

Zentralbanken im Dilemma: Zwischen Inflation und Wachstumssorgen

Die Trumpschen Zölle stellen Notenbanken weltweit vor ein klassisches geldpolitisches Dilemma: Die Tarife könnten einerseits Preisdruck erzeugen und Inflationssorgen schüren, andererseits aber auch das Wirtschaftswachstum belasten.

Die Bank of Japan unter Gouverneur Kazuo Ueda signalisierte am Mittwoch, trotz der jüngsten Marktturbulenzen an ihrem Zinserhöhungskurs festzuhalten – vorausgesetzt, die Wirtschaft entwickelt sich weiterhin nach Plan. Gleichzeitig betonte Ueda jedoch die Notwendigkeit, Risiken ohne Voreingenommenheit zu bewerten, insbesondere angesichts der „zunehmenden Unsicherheit über die Entwicklung der Handelspolitik einzelner Länder“.

In Indien reagierte die Reserve Bank of India (RBI) bereits mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 6,00% und änderte ihre geldpolitische Ausrichtung von „neutral“ auf „akkommodierend“. RBI-Gouverneur Sanjay Malhotra warnte explizit vor den Auswirkungen der US-Zölle: „Unsicherheiten könnten zu Druck auf die Rupie und damit zu importierter Inflation führen.“ Die indische Zentralbank senkte ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 6,7% auf 6,5% – ein direkter Verweis auf die globale Handelsunsicherheit.

Auch die Bank Indonesia meldete sich zu Wort. Nachdem die indonesische Rupie am Mittwochmorgen auf ein Rekordtief von 16.970 pro Dollar gefallen war, kündigte die stellvertretende Gouverneurin Destry Damayanti entschlossenes Handeln an: „Wir werden am Kassa-, Terminmarkt für nicht-lieferbare Kontrakte und Anleihemarkt intervenieren, um die Rupiahstabilität zu gewährleisten.“ Sie führte den Währungsverfall direkt auf Trumps Entscheidung zurück, „plötzlich die Zölle auf chinesische Produkte um 104% zu erhöhen.“

Marktteilnehmer befürchten chinesische Vergeltungsmaßnahmen

Unter Analysten wächst die Sorge, dass China auf die massiven US-Zölle mit wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen reagieren könnte, die weit über die bereits angekündigten 34% Zölle auf US-Exporte hinausgehen. Daniel Tan, Portfoliomanager bei Grasshopper Asset Management in Singapur, skizzierte vier potenzielle chinesische Reaktionen: „Um Trump zum Verhandeln zu zwingen, könnte China 1) seine neuen 34%-Zölle auf US-Exporte weiter erhöhen, 2) die Ausfuhr seltener Erden einschränken, 3) den Yuan abwerten wie während Trumps Handelskrieg 2018, oder 4) seinen Bestand an US-Staatsanleihen im Wert von etwa 760 Milliarden Dollar verkaufen.“

Tatsächlich kursierten am Mittwoch bereits Spekulationen, China könne einen erheblichen Teil seiner Treasury-Bestände abgestoßen haben, um die Renditen nach oben zu treiben und die eigene Liquidität zu erhöhen. Auch die jüngste US-Staatsanleiheauktion stieß auf schwache Nachfrage, was die Sorgen über die fiskalische Lage und ausländische Verkäufe als Reaktion auf die Zölle verstärkte.

Grace Tam, Chief Investment Advisor bei BNP Paribas Wealth Management in Hongkong, fasste die Lage zusammen: „Die Märkte befürchten nun, dass China und andere Länder als Vergeltungsmaßnahme US-Staatsanleihen ‚abwerfen‘ könnten. Daher steigen die Renditen. In der kurzen Frist erwarten wir, dass der Anleihemarkt angesichts der Unsicherheit über Zölle, potenzielle Verhandlungen und mögliche Vergeltungsmaßnahmen volatil bleibt.“

Europa sucht Antworten auf die Handelskrise

Während die Märkte in Aufruhr sind, bemühen sich europäische Staaten um politische Stabilität und Allianzen gegen den drohenden Handelskrieg. In Deutschland stehen die Verhandlungen zur Regierungsbildung kurz vor dem Abschluss: Der konservative Wahlsieger Friedrich Merz und sein Team treffen am Mittwochvormittag erneut mit den Sozialdemokraten unter Lars Klingbeil zusammen, um letzte Differenzen auszuräumen. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen streben beide Seiten eine Einigung bis zum Mittag an, gefolgt von einer Pressekonferenz am Nachmittag.

Die Koalitionspartner stehen unter erheblichem Druck, die Gespräche voranzutreiben – nicht zuletzt wegen der globalen Turbulenzen durch den eskalierenden Handelskrieg, der durch Trumps umfassende Importzölle ausgelöst wurde und Inflationsängste sowie Rezessionssorgen schürt.

Auch in Südeuropa formieren sich Allianzen gegen den Protektionismus. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez und sein vietnamesischer Amtskollege Pham Minh Chinh betonten bei einem Treffen in Hanoi die Bedeutung des Freihandels. Vietnam, das mit Zöllen von 46% auf seine US-Exporte belegt wurde, und Spanien, das als EU-Mitglied mit 25%-Zöllen konfrontiert ist, suchen nach gemeinsamen Antworten auf die Herausforderung.

„Bezüglich der aktuellen globalen Situation gilt: Je schwieriger und herausfordernder sie ist, desto mehr müssen wir zusammenarbeiten und den Multilateralismus unterstreichen“, erklärte Chinh. Sanchez ergänzte: „Spanien unterstützt eine regelbasierte internationale Ordnung, Freihandel und wirtschaftliche Offenheit und ist überzeugt, dass Handelskriege niemandem nutzen, aber allen schaden.“

Ausblick: Unsichere Zeiten für globale Finanzmärkte

Die rasanten Entwicklungen an den Märkten werfen die Frage auf, wie die US-Notenbank Federal Reserve reagieren wird. Die Markterwartungen schwanken wild. Kerry Craig, Global Market Strategist bei J.P. Morgan Asset Management in Melbourne, warnt: „Bisher hat die US-Regierung sich nicht um den Ausverkauf an den Märkten gekümmert und in der Vergangenheit die 10-jährige Rendite als bevorzugten Barometer bezeichnet. Wenn jedoch ein Risiko für die Finanzstabilität in den USA durch die Währungspolitik besteht, müsste die Regierung aufmerksamer werden oder riskiert, ihren eigenen ‚Liz-Truss-Moment‘ zu erleben“ – eine Anspielung auf die britische Ex-Premierministerin, deren Wirtschaftspolitik 2022à zu massiven Marktturbulenzen führte.

Die Geldmarktfutures deuten inzwischen auf mindestens zwei Fed-Zinssenkungen in den Monaten Juni und Juli hin, mit insgesamt vier Senkungen für den Rest des Jahres. Die große Frage bleibt jedoch, wie viel Spielraum die Fed angesichts des potenziellen Inflationsdrucks durch die Zölle tatsächlich haben wird.

Vasu Menon, Geschäftsführer für Anlagestrategie bei OCBC in Singapur, fasst zusammen: „Zölle wirken inflationär, und die wahrscheinlichen Auswirkungen auf die Inflation bieten eine gewisse Rechtfertigung für die Kurvenversteilerung, die die Treasuries trifft und dazu führt, dass die Renditen am langen Ende stark ansteigen.“

Für die globalen Finanzmärkte haben die kommenden Wochen entscheidende Bedeutung: Die Reaktionen der Zentralbanken, mögliche Vergeltungsmaßnahmen Chinas und anderer betroffener Länder sowie die weitere Entwicklung der Handelsgespräche werden darüber entscheiden, ob aus der aktuellen Turbulenz eine längerfristige Krise erwächst.

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  • Mein Name ist Felix Baarz, und ich blicke auf über fünfzehn Jahre Erfahrung als Wirtschaftsjournalist zurück. Seit jeher faszinieren mich die Mechanismen und Dynamiken der globalen Finanzmärkte sowie die komplexen wirtschaftspolitischen Zusammenhänge, die unsere Welt formen. Mit dieser Leidenschaft habe ich mir einen Namen als Experte für internationale Finanzmärkte gemacht und widme mich mit großem Engagement der Aufgabe, auch die komplexesten Themen verständlich und greifbar für meine Leser aufzubereiten.

    Meine Wurzeln liegen in Köln, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Schon früh weckte meine Neugier für wirtschaftliche Themen und internationale Entwicklungen mein Interesse an Journalismus. Nach meinem Studium begann ich meine Karriere als Wirtschaftsredakteur bei einer angesehenen deutschen Fachpublikation. Hier legte ich den Grundstein für meine berufliche Laufbahn, doch meine Neugier zog mich schon bald in die weite Welt hinaus.

    Ein Wendepunkt in meinem Leben war der Umzug nach New York, wo ich sechs Jahre lang lebte und einen Einblick in führende Medienhäuser bekam.

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