Die globalen Finanzmärkte blicken gebannt auf die USA, wo die innenpolitische Debatte um ein neues Steuerpaket und die außenpolitische Handelsagenda für erhebliche Verwerfungen sorgen. Während die Regierung von Präsident Trump ihre weitreichenden Pläne vorantreibt, wächst international die Sorge vor einer Eskalation der Handelskonflikte und einer steigenden Staatsverschuldung. Die US-Wirtschaftspolitik steht im Zentrum hitziger Diskussionen, von Washington über die G7-Treffen bis hin zu den Zentralbanken weltweit.
Streit um Trumps Steuerpaket: Washington ringt, Märkte lauschen
In Washington ist ein erbitterter politischer Kampf um Präsident Trumps umfassendes Steuer- und Ausgabengesetz entbrannt. Nachdem das Paket diese Woche das Repräsentantenhaus nur knapp passiert hat, kündigten führende Republikaner im Senat bereits "erhebliche Änderungen" an. Dies signalisiert, dass dem Vorhaben, das viele von Trumps innenpolitischen Prioritäten umfasst, noch signifikante Hürden bevorstehen, bevor es Gesetzeskraft erlangen kann.
Das Gesetzespaket, das eine Verlängerung der Steuersenkungen von 2017, Verschärfungen bei Gesundheits- und Lebensmittelhilfen, eine Überprüfung vieler Subventionen für grüne Energien sowie die Finanzierung von Trumps verstärkten Maßnahmen an der Grenze vorsieht, stößt selbst innerhalb der republikanischen Partei auf Widerstand. Einige Senatoren äußerten Bedenken hinsichtlich der geplanten Kürzungen im Gesundheitsprogramm Medicaid, das gerade für Wählergruppen wichtig ist, die Trumps Wahlsieg im November ermöglichten und deren Unterstützung für die Mehrheit im Kongress bei den Zwischenwahlen 2026 entscheidend sein wird. Andere, wie Senator Thom Tillis aus North Carolina, fordern tiefere Einschnitte zur Reduzierung des Defizits. "Wir werden definitiv nach mehr Einsparungen suchen müssen", erklärte er.
Die parteiunabhängige Haushaltsbehörde des Kongresses (CBO) schätzt, dass das Paket die bereits massive Staatsverschuldung der USA von 36,2 Billionen US-Dollar in den nächsten zehn Jahren um weitere 3,8 Billionen US-Dollar erhöhen würde. Diese Entwicklung wird auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) genau beobachtet. Julie Kozack, Kommunikationsdirektorin des IWF, erklärte am gestrigen Donnerstag, dass der IWF die Steuerpläne im Kongress aufmerksam verfolge und das endgültige Gesetz nach seiner Verabschiedung bewerten werde. Trotz einiger Volatilität sei die Funktionsfähigkeit der Märkte, einschließlich des US-Staatsanleihenmarktes, aber geordnet geblieben. US-Staatsanleihen gelten laut IWF weiterhin als liquide und sichere Häfen für Anleger.
Handelskonflikte: Zölle und G7-Diplomatie
Parallel zur innenpolitischen Haushaltsdebatte sorgt die US-Handelspolitik für internationale Spannungen. Tiff Macklem, Gouverneur der Bank of Canada, warnte am Donnerstag eindringlich vor einem deutlich schwächeren Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal und möglichen weiteren Verschlechterungen, sollte die Unsicherheit bezüglich der US-Zölle anhalten. "Ich erwarte, dass das zweite Quartal deutlich schwächer ausfallen wird", so Macklem auf einer Pressekonferenz in Banff, Alberta, im Rahmen des G7-Finanzministertreffens. Obwohl die Unsicherheit etwas abgenommen habe, müsse mehr getan werden. Die kanadische Zentralbank hatte ihre BIP-Prognose für das erste Quartal bereits unter Verweis auf die unklare US-Zollpolitik auf 1,8% gesenkt. Macklem betonte, dass die herrschende Unsicherheit Investitionen und Konsum bremse, selbst wenn die Exporte kurzfristig durch vorgezogene Lieferungen in die USA gestützt würden.
Diese Sorgen spiegelten sich auch in den Diskussionen der G7-Finanzminister und Notenbankchefs wider. Einem Entwurf des Abschlusskommuniqués zufolge, über den Bloomberg News am Donnerstag berichtete, verpflichteten sich die G7-Nationen, "exzessive Ungleichgewichte" in der Weltwirtschaft anzugehen. Es bestehe die Notwendigkeit eines gemeinsamen Verständnisses darüber, wie "nicht-marktkonforme Politiken und Praktiken" die internationale wirtschaftliche Sicherheit untergraben. Obwohl China im Entwurf nicht namentlich genannt wurde, zielen Verweise auf solche Praktiken oft auf staatliche Subventionen und das exportgetriebene Wirtschaftsmodell Pekings ab. US-Finanzminister Scott Bessent hatte bereits im Vorfeld angekündigt, die G7-Verbündeten zu drängen, sich auf eine Neuausrichtung der Weltwirtschaft zu konzentrieren, um Arbeiter und Unternehmen vor Chinas "unfairen Praktiken" zu schützen.
Der G7-Entwurf erkenne laut Bloomberg zudem eine Zunahme internationaler Paketsendungen von geringem Wert ("de minimis") an, die Zoll- und Steuersysteme überlasten und für den Schmuggel von Drogen und anderen illegalen Gütern genutzt werden könnten. Die zollfreie De-Minimis-Ausnahme für Pakete unter 800 US-Dollar wird insbesondere von chinesischen E-Commerce-Unternehmen wie Shein und Temu intensiv genutzt.
Der kanadische Finanzminister François-Philippe Champagne und Notenbankchef Macklem begrüßten das G7-Kommuniqué als Fortschritt, auch wenn Zölle nicht explizit erwähnt wurden. Die Themen Handel und Zölle hätten jedoch im Mittelpunkt der Gespräche gestanden. Der deutsche Finanzminister Lars Klingbeil äußerte sich am Donnerstag optimistisch, dass es eine Einigung geben werde, und betonte, Russland müsse sich zu ernsthaften Friedensgesprächen verpflichten, um stärkere internationale Sanktionen zu vermeiden.
Globale Finanzstabilität auf dem Prüfstand
Die Verunsicherung durch die Handelspolitik und die steigende Verschuldung der größten Volkswirtschaft der Welt stellt die globale Finanzstabilität zunehmend auf die Probe. Die Bank of Canada verdeutlichte, wie sehr die Unsicherheit Investitionsentscheidungen und das Konsumklima beeinträchtigt. Dies ist ein Muster, das sich auch in anderen an die USA angrenzenden oder stark handelnden Volkswirtschaften zeigen könnte.
Der IWF bestätigte zwar die anhaltende Liquidität der US-Staatsanleihenmärkte, beobachtet aber die steigenden Renditen und die Auswirkungen der Fiskalpläne genau. Julie Kozack vom IWF merkte an, dass eine kürzliche Handelsannäherung zwischen den USA und China die globalen Wachstumsaussichten verbessern könnte, betonte jedoch, dass die globalen Aussichten insgesamt höchst unsicher blieben. Die Reduzierung von Zöllen und die Entspannung der Spannungen könnten ein gewisses Aufwärtsrisiko für die globale Wachstumsprognose des IWF darstellen.
Die G7-Staaten ihrerseits bekräftigten in ihrem Kommuniqué-Entwurf ihr Engagement, die Unsicherheit weiter zu reduzieren, auch im Hinblick auf Handel und Zölle. Die Notwendigkeit eines "level playing field" und eines koordinierten Vorgehens gegen schädliche Praktiken wurde unterstrichen.
Während die großen Wirtschaftsblöcke um Lösungen ringen, ergreifen andere Nationen bereits eigene Maßnahmen. So kündigte die brasilianische Regierung am Donnerstag Ausgabenkürzungen in Höhe von 5,5 Milliarden US-Dollar und eine Erhöhung der IOF-Steuer auf Finanztransaktionen an. In Ägypten senkte die Zentralbank unterdessen zum zweiten Mal in diesem Jahr die Leitzinsen um 100 Basispunkte, begründet mit einer nachlassenden Inflation und einer Stabilisierung der Wechselkursdynamik nach einem IWF-Kreditabkommen.
Ausblick: Nervosität bleibt
Die kommenden Wochen und Monate dürften an den Finanzmärkten von anhaltender Nervosität geprägt sein. Die endgültige Ausgestaltung des US-Steuerpakets und dessen Auswirkungen auf die Staatsverschuldung werden ebenso entscheidend sein wie die weitere Entwicklung der US-Handelspolitik, insbesondere im Verhältnis zu China und anderen wichtigen Handelspartnern. Die US-Wirtschaftspolitik bleibt der dominante Taktgeber, der die globalen Märkte in Atem hält. Internationale Gremien wie die G7 und der IWF werden weiterhin versuchen, mäßigend einzuwirken und für Stabilität zu werben, doch die Letztentscheidungen fallen in Washington – mit potenziell weitreichenden Folgen für die Weltwirtschaft.