Weltwirtschaft: Handelskonflikte überschatten Erholungstendenzen

Während die Eurozone leichte Erholungstendenzen zeigt, belasten US-Handelskonflikte die Märkte. Zinssenkungen und Inflation im Fokus.

Kurz zusammengefasst:
  • Neue Eskalation im US-China-Handelsstreit belastet Märkte
  • Europas Industrie zeigt erste Anzeichen der Stabilisierung
  • Nachlassende Inflation erhöht Erwartungen an Zinssenkungen
  • US-Dollar verliert weiter an Wert als Finanzierungswährung

Die internationalen Finanzmärkte stehen zu Beginn des Junis 2025 im Spannungsfeld widersprüchlicher Signale. Während Daten aus der Eurozone eine zaghafte konjunkturelle Erholung andeuten und die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen nähren, sorgt die aggressive Handelspolitik der USA unter Präsident Trump für erhebliche Verunsicherung und drückt auf die Stimmung an den Börsen. Die Frage, die sich Investoren stellen: Kippt die globale Wirtschaft erneut oder können die positiven Impulse die Oberhand gewinnen?

Handelsstreit USA-China: Neue Eskalationsstufe erreicht?

Die Spannungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den USA und China, haben sich zu Wochenbeginn erneut verschärft und die Märkte spürbar belastet. Nachdem US-Präsident Trump China des Vertragsbruchs bezüglich einer Vereinbarung aus Genf bezichtigte und mit einer Erhöhung der Stahlzölle von 25% auf 50% ab dem 4. Juni drohte, reagierten die US-Aktienfutures prompt mit Verlusten. Der Dow Jones Futures, S&P 500 Futures und Nasdaq 100 Futures gaben zu Handelsbeginn deutlich nach, nachdem die Wall Street den Mai noch mit starken Gewinnen abgeschlossen hatte.

Chinas Handelsministerium wies Trumps Vorwürfe als „haltlos“ zurück und kündigte energische Maßnahmen zur Wahrung eigener Interessen an. US-Finanzminister Scott Bessent hatte bereits Ende letzter Woche erklärt, die Handelsgespräche mit Peking seien ins Stocken geraten. Diese neuerliche Eskalation gefährdet nicht nur die fragile globale Lieferkette, sondern schürt auch Ängste vor einer umfassenden Rezession. Insbesondere Technologiewerte wie Nvidia, Marvell und TSMC gerieten unter Druck, nachdem Berichte über Pläne der Trump-Regierung bekannt wurden, die Exportbeschränkungen für Chinas Technologiesektor weiter zu verschärfen. Im Gegenzug konnten US-Stahl- und Aluminiumaktien wie Cleveland-Cliffs und Nucor von den angekündigten Zollerhöhungen profitieren.

Europas Industrie: Zarte Pflänzchen der Hoffnung inmitten der Unsicherheit

Trotz der globalen Handelsspannungen zeigen sich im verarbeitenden Gewerbe der Eurozone ermutigende Signale. Der HCOB Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Eurozone stieg im Mai auf 49,4 Punkte, den höchsten Wert seit 33 Monaten, und nähert sich damit der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Die Industrieproduktion legte den dritten Monat in Folge zu, und auch die Nachfrage stabilisierte sich. "Der Aufwärtstrend des Headline-PMI setzt sich fort und deutet auf eine fortschreitende Erholung hin", kommentierte Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank. Besonders erfreulich sei, dass die Produktion in allen vier großen Volkswirtschaften der Eurozone zugelegt habe, was die Breite der Erholung unterstreiche.

Innerhalb der Eurozone zeigt sich jedoch ein gemischtes Bild:

  • Spanien kehrte mit einem PMI von 50,5 Punkten in den Wachstumsbereich zurück, beflügelt von einer teilweisen Lockerung der US-Zölle und optimistischeren Geschäftserwartungen.
  • Frankreichs verarbeitendes Gewerbe näherte sich mit 49,8 Punkten ebenfalls der Wachstumsmarke, unterstützt von steigender Produktion und dem höchsten Geschäftsvertrauen seit 39 Monaten. Jonas Feldhusen von der Hamburg Commercial Bank sieht Potenzial durch geplante höhere EU-Verteidigungsausgaben, warnt aber gleichzeitig: "Anhaltende Unsicherheit durch den globalen Handelskonflikt wirkt weiterhin als nichttarifäres Handelshemmnis."
  • Italiens Industrie zeigte mit einem PMI von 49,2 erste Stabilisierungsanzeichen; die Produktion stieg erstmals seit über einem Jahr leicht an.
  • Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft, bleibt mit einem PMI von 48,3 zwar im kontraktiven Bereich, verzeichnete aber eine der geringsten Verschlechterungen seit drei Jahren. Die Produktion stieg den dritten Monat in Folge, gestützt durch wachsende Exportaufträge, die teilweise auf Vorzieheffekte angesichts möglicher US-Zollerhöhungen zurückzuführen sind. "Die meisten haben sich so an düstere Schlagzeilen aus dem Industriesektor gewöhnt, dass die guten Nachrichten oft untergehen", so de la Rubia.

Im Gegensatz zur Eurozone kämpft Großbritannien weiterhin mit erheblichen Herausforderungen. Der S&P Global UK Manufacturing PMI lag im Mai zwar mit 46,4 Punkten etwas höher als im Vormonat, verharrte aber deutlich unter der Wachstumsschwelle. Unternehmen nannten Steuererhöhungen, die Unsicherheit durch US-Zölle und ein schwaches Kundenvertrauen als Belastungsfaktoren. "Die britische Fertigungsindustrie steht vor großen Herausforderungen, einschließlich turbulenter Marktbedingungen und geringem Kundenvertrauen", sagte Rob Dobson von S&P Global Market Intelligence. Auch der britische Hypothekenmarkt kühlt sich ab: Die Zahl der Hypothekengenehmigungen fiel im April stärker als erwartet.

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Inflationsdruck lässt nach: Spielraum für Zentralbanken?

Ein Lichtblick inmitten der wirtschaftlichen Turbulenzen ist der nachlassende Inflationsdruck. In der Eurozone sanken die Einkaufspreise den zweiten Monat in Folge, die Verkaufspreise wurden erstmals seit Februar wieder gesenkt. "Die EZB bekommt Rückenwind für ihre erwarteten Zinssenkungen", analysierte de la Rubia. Auch in Deutschland und Großbritannien zeigten die PMIs einen nachlassenden Preisdruck.

Diese Entwicklung könnte den Zentralbanken wichtigen Spielraum für eine lockerere Geldpolitik eröffnen. Für die Europäische Zentralbank (EZB) wird fest mit einer Zinssenkung bei ihrer Sitzung am kommenden Donnerstag gerechnet; die Mehrheit der von Reuters befragten Ökonomen erwartet mindestens eine weitere Senkung nach dem Juni.
Auch in den USA gibt es Stimmen, die trotz der Zolldrohungen Zinssenkungen für möglich halten. Fed-Gouverneur Christopher Waller erklärte am Montag, dass ein Anstieg der Inflation durch Präsident Trumps Zölle wahrscheinlich nicht von Dauer sein werde, was der Fed mehr Zuversicht für Zinssenkungen im Laufe des Jahres gebe, sofern die Kerninflation weiter Fortschritte in Richtung des 2%-Ziels mache. Die heute anstehenden US-PMI-Daten sowie eine Rede von Fed-Chef Jerome Powell werden von den Märkten mit Spannung erwartet, ebenso wie die Arbeitsmarktdaten (Nonfarm Payrolls) am Freitag.

Marktbewegungen: Flucht aus dem Dollar und Nervosität bei Aktien

Die Unsicherheit durch die Handelspolitik und die Erwartung unterschiedlicher Zinsentwicklungen spiegeln sich deutlich an den Märkten wider.
Der US-Dollar hat seit Beginn der Präsidentschaft Trumps deutlich an Wert verloren, was ihn laut Analysten zur bevorzugten Finanzierungswährung für sogenannte "Carry Trades" gemacht hat. Investoren leihen sich günstige Dollar, um in höher verzinsliche Währungen von Schwellenländern wie der indonesischen Rupiah, dem indischen Rupee oder dem brasilianischen Real zu investieren. "Angesichts der Tatsache, dass die meisten Investoren die amerikanische Ausnahmestellung für beendet halten, ändern sich die Dinge", so Carl Vermassen von Vontobel Asset Management. Diese Entwicklung könnte den Abwärtsdruck auf den Dollar weiter verstärken.

Der Ölpreis zeigte sich zu Wochenbeginn stark, nachdem die OPEC+ am Samstag beschlossen hatte, die Fördermenge im Juli moderat um 411.000 Barrel pro Tag zu erhöhen – eine Erleichterung nach Spekulationen über eine deutlich stärkere Ausweitung.

Ausblick: Tauziehen zwischen Hoffnung und Verunsicherung

Der Juni beginnt für die globalen Finanzmärkte mit einem komplexen Bild. Einerseits nähren die nachlassende Inflation und die Anzeichen einer wirtschaftlichen Stabilisierung in Europa die Hoffnung auf eine konjunkturelle Wende und eine unterstützende Geldpolitik. Andererseits schwebt das Damoklesschwert der US-Handelspolitik über den Märkten, droht die zarten Erholungstendenzen im Keim zu ersticken und schürt die Angst vor einer neuen globalen Abschwächung.
Die kommenden Wochen dürften entscheidend dafür sein, welche Kräfte die Oberhand gewinnen. Die Entscheidungen der Zentralbanken, die Entwicklung der Handelskonflikte und wichtige Wirtschaftsdaten werden die Richtung vorgeben. Für Anleger bleibt es ein Ritt auf der Rasierklinge, bei dem Chancen und Risiken eng beieinanderliegen. Die Nervosität dürfte an den Märkten vorerst anhalten.

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