Zentralbanken vor schwierigen Entscheidungen

Globale Zentralbanken stehen vor schwierigen geldpolitischen Entscheidungen zwischen Handelsunsicherheiten und Inflationsrisiken. Die EZB pausiert, während die Fed unter politischem Druck steht.

Kurz zusammengefasst:
  • Handelsunsicherheiten dämpfen Investitionen und Einstellungen
  • EZB setzt Zinssenkungen vorerst aus
  • US-Notenbank unter Druck für Zinslockerungen
  • Politische Instabilität in Japan belastet Märkte

Die globalen Finanzmärkte stehen vor einem entscheidenden Moment. Während sich Handelsspannungen zwischen den USA und ihren Partnern verschärfen, müssen Zentralbanken weltweit schwierige geldpolitische Entscheidungen treffen. Gleichzeitig zeigen sich erste Anzeichen dafür, dass die anfänglichen Befürchtungen über drastische Zollauswirkungen möglicherweise übertrieben waren.

Handelsunsicherheit belastet weiterhin

Die jüngste Umfrage der Bank of Canada offenbart ein vorsichtiges Geschäftsklima. Obwohl sich die Befürchtungen vor den schlimmsten Zollszenarien abgeschwächt haben, erwarten nur noch ein Drittel der befragten Unternehmen höhere zollbedingte Kosten – ein deutlicher Rückgang gegenüber etwa zwei Dritteln im Vorquartal. Dennoch bleiben Investitionen und Einstellungspläne gedämpft.

Ähnlich verhält es sich auf den Währungsmärkten. Der Yen legte nach Japans Wahlniederlage der Regierungskoalition zu und gewann zum Dollar 0,9 Prozent auf 147,52. Die politische Unsicherheit in Tokio verschärft sich, nachdem die LDP/Komeito-Koalition ihre Mehrheit im Oberhaus verloren hat – zum ersten Mal seit den 1990er Jahren fehlt ihr die Kontrolle in beiden Kammern.

Geldpolitik zwischen Inflation und Wachstum

Die anstehende Sitzungswoche der Zentralbanken verspricht wegweisende Entscheidungen. Die Europäische Zentralbank dürfte am Donnerstag nach sieben aufeinanderfolgenden Zinssenkungen eine Pause einlegen. Analysten erwarten, dass die EZB die wirtschaftlichen Auswirkungen ihrer bisherigen Lockerungen abwarten möchte.

Die US-Notenbank steht vor einem besonderen Dilemma. Während Präsident Trump Zinssenkungen fordert, warnen Ökonomen vor verfrühten Lockerungen. Bank of America prognostiziert keine Fed-Zinssenkungen in diesem Jahr und verweist auf robuste Verbraucherausgaben sowie anhaltende Güterinflation. "Eine Zinssenkung zur Finanzierung des Staatsdefizits wäre einer der schlechtesten Gründe für eine Lockerung", warnen die BofA-Analysten.

Inflationserwartungen im Fokus

Besonders interessant entwickeln sich die inflationsbezogenen Marktindikatoren. Einjährige Inflationsswaps sind seit Ende März um 50 Basispunkte gestiegen, während zweijährige Swaps nur um 24 Basispunkte zulegten. Dies deutet darauf hin, dass Anleger zollbedingte Preissteigerungen als vorübergehend betrachten.

Standard Chartered-Analyst Steve Englander sieht jedoch erste Anzeichen für eine Verschiebung: "Die aggressiven Kommentare zu Zollniveaus könnten längerfristige Auswirkungen haben." Seit Ende Juni steigen zweijährige Swap-Renditen stärker als erwartet – möglicherweise ein Zeichen für anhaltendere Inflationssorgen.

Politische Risiken belasten Märkte

In Japan verstärkt die politische Instabilität die Herausforderungen für die Geldpolitik. Die Bank of Japan, die als einzige große Zentralbank noch Zinsen erhöht, könnte durch die schwächere Regierung in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden. Gleichzeitig nähert sich die Frist für US-Zollverhandlungen mit Japan, was zusätzlichen Druck erzeugt.

Die japanischen Staatsanleiherenditen erreichten zuletzt wieder ihre Höchststände vom Mai, was Analysten sowohl auf Sorgen über eine lockerere Fiskalpolitik als auch auf reduzierte Anleihekäufe der Zentralbank zurückführen.

Ausblick bleibt herausfordernd

Trotz einiger Entspannung bei den unmittelbaren Zollbefürchtungen bleiben die Unsicherheiten hoch. Kanadische Unternehmen berichten von Schwierigkeiten bei der kurzfristigen Geschäftsplanung, während sich etwa die Hälfte der Befragten außerstande sieht, verlässliche Prognosen zu erstellen.

Die kommenden Zentralbanksitzungen werden zeigen, ob die Notenbanken bereit sind, trotz politischen Drucks an ihrer datenbasierten Geldpolitik festzuhalten. Für die Märkte steht viel auf dem Spiel: Falsche Entscheidungen könnten die Zinskurve versteilen, Inflationserwartungen destabilisieren und weitere Unsicherheit schaffen – genau das, was die fragile Weltwirtschaft derzeit nicht gebrauchen kann.

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