Zinspoker, Green-Tech-Milliarden und die stille Revolution der Drohnentechnologie

Die Schweizer Nationalbank steht vor einem Zinsdilemma, während der KI-Boom grüne Rechenzentren antreibt und deutsche Fusions-Startups drei Milliarden Euro fordern. Technologische Revolutionen prägen die Märkte.

Kurz zusammengefasst:
  • SNB entscheidet über Zinspolitik bei Nullprozentmarke
  • Grüne Rechenzentren boomen durch KI-Energiebedarf
  • Deutsche Fusionsfirmen fordern staatliche Milliarden
  • Rüstungstechnologie revolutioniert Produktionsverfahren

Zinspoker, Green-Tech-Milliarden und die stille Revolution der Drohnentechnologie

Guten Tag aus München,

während die Märkte gebannt auf die morgige SNB-Sitzung schauen – wird sie bei null Prozent verharren oder überraschen? – brodelt es an ganz anderen Fronten der Weltwirtschaft. Gold kratzt erneut an Rekordmarken, europäische Fusionsstartups fordern drei Milliarden Euro vom Staat, und in den Chefetagen der Rechenzentren-Betreiber herrscht Goldgräberstimmung.

Was auf den ersten Blick wie ein bunter Strauß unverbundener Nachrichten wirkt, offenbart bei genauerem Hinsehen die tektonischen Verschiebungen unserer Wirtschaftsordnung: Die Energiewende trifft auf geopolitische Spannungen, künstliche Intelligenz verschlingt gigantische Kapitalströme, und traditionelle Branchen suchen verzweifelt nach ihrem Platz in der neuen Welt.

Schweizer Zinsrätsel: Wenn Notenbanker in die Falle tappen

Die Schweizerische Nationalbank hat sich selbst in eine verzwickte Lage manövriert. Nachdem sie im Juni überraschend auf null Prozent gesenkt hat, steht sie morgen vor einem Dilemma: Weitere Lockerungen riskieren eine Überhitzung des ohnehin angespannten Immobilienmarkts, ein Verharren signalisiert möglicherweise Ratlosigkeit.

„Wir haben keinen risikofreien Pfad“, würde Jerome Powell sagen – und diese Erkenntnis gilt nicht nur für die Fed. Die SNB navigiert zwischen Inflationsdruck, der sich hartnäckiger hält als erwartet, und der Sorge vor einer zu starken Aufwertung des Frankens. Pikant dabei: Während die EZB und Fed noch über weitere Zinssenkungen nachdenken, hat die Schweiz bereits ihre Pulver verschossen.

Die Parallelen zur Nullzins-Ära der 2010er Jahre sind unübersehbar. Damals führte die SNB-Politik zu massiven Verwerfungen an den Kapitalmärkten und trieb Schweizer Anleger in immer riskantere Investments. Heute, mit der Erfahrung einer Dekade Negativzinsen im Rücken, wissen wir: Die vermeintliche Sicherheit des Nullzinses ist trügerisch.

Green Data Center: Wenn der KI-Boom auf Klimaziele trifft

155,75 Milliarden Dollar bis 2030 – so groß schätzt MarketsandMarkets den Markt für grüne Rechenzentren. Eine Verdreifachung binnen fünf Jahren. Was treibt dieses explosive Wachstum?

Die Antwort liegt in einem fundamentalen Konflikt: Künstliche Intelligenz und Cloud-Computing treiben den Energiehunger der Digitalwirtschaft in astronomische Höhen, während gleichzeitig ESG-Vorgaben und Klimaziele die Unternehmen zu radikalem Umdenken zwingen. Schneider Electric, Vertiv und Siemens haben diesen Spagat zur Geschäftsgrundlage gemacht.

Besonders brisant wird es in Europa, wo die Energiekosten ohnehin explodiert sind. Ein mittelgroßes Rechenzentrum verbraucht so viel Strom wie eine Kleinstadt. Bei deutschen Industriestrompreisen von über 20 Cent pro Kilowattstunde wird Energieeffizienz zur Überlebensfrage. Kein Wunder, dass Carrier gerade in ZutaCore investiert hat – das israelische Startup verspricht mit seiner Flüssigkühlung bis zu 40 Prozent Energieeinsparung.

Die wahre Revolution findet aber woanders statt: in der Software. Compliance-Lösungen und KI-gestützte Optimierungssysteme wachsen mit 26,4 Prozent jährlich – deutlich schneller als die Hardware. Wer die Datenflut beherrschen will, braucht nicht nur grüne Kühlung, sondern intelligente Steuerung.

Deutschlands Fusionswette: Drei Milliarden für den Energietraum

Proxima Fusion, Marvel Fusion und Focused Energy – drei deutsche Startups, eine kühne Forderung: Drei Milliarden Euro soll die Bundesregierung bis 2029 in die Fusionsenergie pumpen. Zum Vergleich: Der gesamte deutsche Venture-Capital-Markt investierte 2024 gerade einmal 7,5 Milliarden Euro.

Francesco Sciortino von Proxima bringt es auf den Punkt: „Deutschland hat Milliardeninvestitionen in die Fusionswissenschaft gesteckt – jetzt gilt es, diese Stärke in wirtschaftliche Technologieführerschaft zu übersetzen.“ Die Argumentation ist bestechend: Während die USA mit privaten Milliarden voranpreschen und China staatlich orchestriert aufholt, droht Europa trotz wissenschaftlicher Exzellenz den Anschluss zu verlieren.

Doch ist das mehr als technologische Träumerei? Die Fortschritte sind real: MIT-Ausgründung Commonwealth Fusion Systems hat gerade 1,8 Milliarden Dollar eingesammelt, Helion Energy liefert angeblich 2028 ersten Fusionsstrom an Microsoft. Die deutschen Startups sind keine Hinterbänkler – Marvel Fusion sitzt auf 400 Millionen Euro Funding, Proxima hat ein Weltklasse-Team aus SpaceX und Tesla zusammengestellt.

Interessant wird das Timing: Am 1. Oktober befasst sich das Bundeskabinett mit dem Thema. Mit Robert Habeck als Technologie-Enthusiast und Christian Lindner als Innovations-Prediger könnte die Ampel hier tatsächlich einen Coup landen. Die Frage ist nur: Reichen drei Milliarden Euro, um in einem Rennen mitzuhalten, in dem einzelne US-Firmen mehr Kapital verbrennen?

Militärtechnik trifft Venture Capital: Die neue Verteidigungsallianz

Firehawk Aerospace produziert Raketentreibstoff im 3D-Drucker. Was wie Science Fiction klingt, hat gerade 60 Millionen Dollar eingesammelt – unter anderem von Donald Trump Jr.’s Investmentfirma 1789 Capital. Noch bemerkenswerter: Der tschechische Rüstungskonzern CSG steigt über seinen VC-Arm Presto Tech Horizons ein.

Hier kristallisiert sich ein neuer Trend: Europäische Rüstungskonzerne suchen gezielt nach US-Technologie, um ihre Lieferketten zu stärken. Der Ukraine-Krieg hat schonungslos offengelegt, wie abhängig Europa von amerikanischer Militärtechnik ist. CSG-Chef Michal Strnad macht keinen Hehl daraus: „Diese innovative Technologie kann die Zusammenarbeit zwischen amerikanischer und europäischer Verteidigungsindustrie stärken.“

Die Technologie selbst ist revolutionär: Statt Raketentreibstoff zwei Monate lang in gefährlichen Gießverfahren herzustellen, druckt Firehawk ihn in Stunden. Die Produktionszeit sinkt um 99 Prozent. In Zeiten, in denen die NATO-Staaten ihre Munitionsvorräte verzweifelt aufstocken, könnte das kriegsentscheidend werden.

Schlusslicht

Gold bei 3.791 Dollar, Rechenzentren auf Ökostrom-Diät, Fusionsträume mit Milliardenpreisschild und Raketentreibstoff aus dem Drucker – die Märkte schreiben derzeit Geschichten, die noch vor wenigen Jahren als Zukunftsspinnerei abgetan worden wären.

Was all diese Entwicklungen verbindet? Es ist der verzweifelte Versuch, die Quadratur des Kreises zu schaffen: Wachstum ohne Ressourcenverschwendung, Sicherheit ohne Abhängigkeiten, Innovation ohne Kontrollverlust. Die Notenbanken versuchen es mit Zinsjonglage, die Technologiekonzerne mit grünen Versprechen, die Staaten mit Milliardenwetten auf unerprobte Technologien.

Ob das gutgeht? Die Börse votiert mit den Füßen: Tech-Aktien steigen, Gold erreicht Rekorde, und selbst Rüstungswerte sind wieder salonfähig. Die Botschaft ist klar: In unsicheren Zeiten setzen Anleger auf alles, was Sicherheit verspricht – sei es digitales Gold, echtes Gold oder die militärische Überlegenheit des Westens.

Morgen werden wir klüger sein, zumindest was die SNB angeht. Und übermorgen? Da wartet schon die nächste Überraschung.

Bleiben Sie kritisch optimistisch!

Ihr Eduard Altmann

P.S.: Während wir über Fusionsenergie philosophieren, hat Cholrem Pty aus Australien still und leise verkündet, mit einem „Mikro-Einlauf“ namens Cavadex Herzerkrankungen heilen zu können. 88 Prozent Erfolgsquote, sagen sie. Die FDA ist skeptisch. Manchmal ist die Grenze zwischen Innovation und Scharlatanerie dünner als Raketentreibstoff aus dem 3D-Drucker.


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Apropos tektonische Verschiebungen: Parallel zu Energie- und Rüstungstechnologien formt sich gerade ein weiterer Milliardenmarkt, der bislang fast unbemerkt bleibt – die sogenannte Longevity-Industrie. Während Staaten Milliarden in Fusionsprojekte pumpen, investieren Tech-Milliardäre wie Jeff Bezos und Peter Thiel massiv in Forschung, die das menschliche Leben radikal verlängern könnte. Für Anleger eröffnet sich damit ein Trend, dessen Marktvolumen auf über 610 Milliarden Dollar geschätzt wird. Ich habe mir dazu einen kompakten Überblick gesichert – die Analyse zu den 3 spannendsten Longevity-Aktien finden Sie hier.

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