Guten Morgen aus Frankfurt,
die Finanzmärkte gleichen derzeit einem Pokertisch, an dem die Federal Reserve mit immer neuen Trümpfen überrascht. Donald Trumps Nomination von Stephen Miran als temporärer Fed-Gouverneur hat die Karten neu gemischt – und plötzlich setzen die Märkte auf September statt Dezember für die nächste Zinssenkung. Doch während in Washington die Machtspiele laufen, kämpfen Unternehmen diesseits und jenseits des Atlantiks mit harten Realitäten: enttäuschende Quartalszahlen, volatile Märkte und die Frage, wie es mit der Weltwirtschaft weitergeht.
Heute im Fokus: Warum die Fed-Politik zur Wundertüte wird, wie sich deutsche Unternehmen in schwierigen Zeiten schlagen und welche Überraschungen die Märkte noch bereithalten.
Die Fed wird zum politischen Spielball
An den Finanzmärkten herrscht Verwirrung. Kaum hatte sich die Wall Street auf eine Zinspause im September eingestellt, wirft Trumps überraschende Personalie alle Prognosen über den Haufen. Stephen Miran, bisher Wirtschaftsberater des Präsidenten, soll den vakanten Gouverneursposten bei der Federal Reserve übernehmen – und die Analysten von JPMorgan ziehen sofort ihre Konsequenzen: Sie rechnen jetzt schon im September mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte.
Was macht Miran so besonders? Der ehemalige Hedgefonds-Stratege vertritt eine These, die Musik in Trumps Ohren ist: US-Zölle würden nicht zu massiver Inflation führen, die Kosten trügen hauptsächlich ausländische Lieferanten. Eine gewagte Behauptung, die viele Ökonomen anzweifeln – aber sie passt perfekt zur America-First-Agenda.
"Wir sehen jetzt eine viel politischere Fed und eine viel weniger unabhängige Fed", bringt es Michael Brown von Pepperstone auf den Punkt. Die Märkte preisen ein, dass Miran im geldpolitischen Ausschuss für aggressive Zinssenkungen stimmen wird – auf Geheiß des Präsidenten. Schon jetzt rechnen Händler mit 93-prozentiger Wahrscheinlichkeit mit einer Zinssenkung im September, mindestens zwei weitere sollen bis Jahresende folgen.
Die europäische Perspektive: Was bedeutet eine dovish Fed für die EZB? Frankfurt beobachtet die Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Einerseits würde eine lockerere US-Geldpolitik den Druck auf die EZB mindern, andererseits könnte ein schwächerer Dollar europäische Exporte verteuern. Die Währungsmärkte reagieren bereits: Der Dollar-Index hat diese Woche 0,6% verloren.
Quartalssaison: Zwischen Glanz und Elend
Die Berichtssaison zeigt ein gespaltenes Bild der Weltwirtschaft. Während einige Unternehmen brillieren, kämpfen andere mit strukturellen Problemen:
Die Gewinner:
- Natural Grocers überraschte mit einem Gewinnsprung von 25% pro Aktie – der Biomarkt-Betreiber profitiert vom ungebrochenen Gesundheitstrend
- Lundin Gold verdoppelte seinen Gewinn nahezu, getrieben von Rekord-Goldpreisen über 3.000 Dollar pro Unze
- Indie Semiconductor glänzte mit 23% Umsatzwachstum – die Chip-Nachfrage im Automobilsektor bleibt robust
Die Verlierer:
- Ready Capital schockierte mit einem Verlust von 14 Cent je Aktie statt der erwarteten 4,5 Cent – der Immobilienfinanzierer leidet unter Medicaid-Kürzungen in Milliardenhöhe
- Health Catalyst verfehlte die Prognosen dramatisch und senkte den Ausblick – auch hier schlagen staatliche Ausgabenkürzungen durch
Ein Muster kristallisiert sich heraus: Unternehmen mit Exposure zum US-Gesundheitssektor leiden unter Washingtons Sparpolitik, während rohstoffnahe Firmen von der Inflation profitieren. Deutsche Anleger sollten ihre US-Engagements entsprechend überprüfen.
Zinswende ante portas? Die Indikator-Schlacht
Die Debatte um den Zeitpunkt der nächsten Zinssenkung wird zur Schlacht der Wirtschaftsindikatoren. Die kommende Woche bringt mit den US-Verbraucherpreisen für Juli die nächste Wegmarke. Ökonomen erwarten einen Anstieg der Kernrate auf 0,3% – genug, um die Zinssenkungsfantasien wieder zu dämpfen?
Atlanta-Fed-Präsident Raphael Bostic mahnt zur Vorsicht: Die Risiken am Arbeitsmarkt hätten zugenommen, aber es sei noch zu früh für eine Festlegung. Christopher Waller, der als möglicher nächster Fed-Chef gehandelt wird, hatte hingegen schon beim letzten Treffen für eine Zinssenkung gestimmt.
Das Dilemma der Notenbanken: Während die Fed mit sich ringt, hat die Bank of England Fakten geschaffen – allerdings nur mit knapper 5:4-Mehrheit für eine Zinssenkung. Das Pfund reagierte mit Kursgewinnen, was die Paradoxie der aktuellen Geldpolitik zeigt: Selbst Zinssenkungen können eine Währung stärken, wenn die Märkte noch lockerere Politik erwartet hatten.
Die EZB beobachtet das Geschehen mit Argusaugen. Sollten Fed und BoE den Zinssenkungszyklus forcieren, gerät Frankfurt unter Zugzwang. Die deutschen Exportunternehmen würden einen zu starken Euro schmerzlich spüren.
Übernahmereigen und Börsendebüts: Es tut sich was
Trotz aller Unsicherheit zeigen sich erste Lebenszeichen am M&A-Markt:
Verastem sicherte sich die FDA-Zulassung für eine neuartige Krebstherapie – ein Hoffnungsschimmer für den kriselnden Biotech-Sektor. Die Aktie honorierte es mit moderaten Gewinnen.
Verb Technology überrascht mit einer 558-Millionen-Dollar-Finanzierung für eine Krypto-Strategie rund um Toncoin. Das Unternehmen will sich komplett neu erfinden – ein gewagter Schritt, der die Fantasie der Anleger beflügelt.
Grove Collaborative trotzt dem schwierigen Konsumumfeld mit sequenziellem Umsatzwachstum – der Nachhaltigkeitstrend trägt auch in schwierigen Zeiten.
Bemerkenswert: Viele Deals drehen sich um Zukunftsthemen wie Gesundheit, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Klassische Industrie-Übernahmen? Fehlanzeige. Das zeigt, wohin die Reise geht.
Der Ausblick: Navigieren in stürmischen Zeiten
Die kommenden Wochen versprechen keine Entspannung. Am Dienstag stehen die US-Inflationsdaten an – sie könnten die Zinsspekulationen in die eine oder andere Richtung kippen. Parallel dazu beginnt in Jackson Hole das alljährliche Notenbanker-Treffen (22.-24. August), wo traditionell die geldpolitischen Weichen gestellt werden.
Für europäische Anleger bedeutet das: Vorsicht vor zu eindimensionalen Wetten. Die Abhängigkeit der Märkte von Notenbank-Entscheidungen ist ungesund hoch. Unternehmensgewinne, Fundamentaldaten und regionale Unterschiede geraten in den Hintergrund.
Umso wichtiger wird Stock-Picking. Die Quartalssaison zeigt: Es gibt sie noch, die Gewinner-Aktien. Man muss sie nur finden – und dabei hilft oft ein Blick abseits der ausgetretenen Pfade. Biomarkt-Ketten statt Big Tech, Goldminen statt Growth-Aktien, Spezialhändler statt Amazon-Klone.
Die Zinswende kommt – früher oder später. Die Frage ist nur, ob die Märkte bis dahin die Nerven behalten. Und ob die Notenbanken ihre Unabhängigkeit bewahren können, wenn die Politik immer stärker mitmischt. Die Geschichte lehrt: Beides ist keine Selbstverständlichkeit.
Ein spannendes Wochenende und erfolgreiche Investments wünscht
Ihr Eduard Altmann
PS: Wer glaubt, dass Stephen Miran tatsächlich vor der September-Sitzung vom Senat bestätigt wird, unterschätzt die Trägheit Washingtons. Aber allein die Möglichkeit reicht, um die Märkte tanzen zu lassen. Manchmal ist Perzeption wichtiger als Realität – eine alte Börsenweisheit, die gerade neue Aktualität gewinnt.
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